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[Paris, 1. September 1757.] Donnerstag um Mitternacht.
Ich bin in der größten Unruhe, mein lieber Casanova, nichts mehr von Ihnen zu hören; was ist aus Ihnen geworden? Wo sind Sie? Haben Sie uns vergessen? Lieben Sie Ihre arme kleine B ... nicht mehr? Oh, Gott, wie beunruhigt ich bin! Ich hatte Sie in meinem letzten Brief gebeten, mir sobald als möglich zu schreiben, warum haben Sie es nicht getan? Haben Sie meinen Brief nicht erhalten? Oh, mein lieber Freund, hellen Sie diese Zweifel auf, oder ich sterbe. Ich hoffe, daß Sie diesen Brief empfangen werden. Ich schicke ihn Ihnen nach Dünkirchen, wo Sie, wie Sie mir sagten, sein sollen, und ich werde Ihnen mitteilen, daß ich das Mittel gefunden habe, Ihre Nachrichten direkt zu erhalten. Mein lieber Casanova, Sie müssen Ihre Briefe in einem Kuvert an die Obert richten; Sie können sich auf sie verlassen, da auch ich ihrer sicher bin. Wenn Sie mich lieben, so geben Sie mir so schnell als möglich Nachrichten von Ihnen; sie werden mir das Leben zurückgeben, und ich brauche sie wie einen Bissen Brot. Sie werden es mir sagen, ob Sie meine beiden Briefe erhalten haben, und wann Sie von dem Ort abreisen werden, wo Sie sind, weil ich, da mein armer jüngster Bruder abreisen wird, Ihnen nur schreiben werde, wenn Sie an einem Ort sein werden, wo Sie es gern sehen, daß man es weiß. Sie werden mir auch sagen, mein lieber Casanova, ob Sie mich immer lieben, ob Sie an mich auch so oft denken, wie ich an Sie denke. Ach, ich glaube, daß das gar nicht möglich ist; denn Sie verlassen nicht einen Augenblick mein Gedächtnis, ich sehne Sie immer herbei und sehe nur die Stunde, wo ich Sie wieder erblicken und Ihnen versichern kann, daß ich immer dieselbe bin und für Sie sein werde. Wie lang mir die Zeit erscheint! Wie mir die Abende langweilig und widerlich vorkommen! Welcher Unterschied zwischen jenen, die ich mit Ihnen verbrachte, oh, mein lieber Casanova, die schienen mir immer zu kurz, und die jetzigen dünken mich eine Ewigkeit. Wann werden Sie zurückkommen? Beschleunigen Sie diesen Augenblick, wenn Sie für mich noch immer diese Zärtlichkeit hegen, die Sie mir geschworen haben, und die mein Glück bilden wird, wenn Sie mir sie bewahren. Ich werde Ihrer Antwort entgegenschmachten, die ich sobald als möglich erbitte. Ich bitte Sie noch, Ihre Schrift ein wenig zu verstellen, wenn Sie die Adresse an die Obert richten, da es niemand im Hause gibt, der nicht Ihre Schrift kennt, und wenn man eine Adresse von Ihnen an unser Kammermädchen sehen würde, so würde das Verdachtsgründe schaffen, was man vermeiden muß ...
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