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Blücher an seine Frau

Lützen, den 20. Oktober 1813.

Liebes Malchen! Gestern konnte ich nicht schreiben. Ich war zu müde, aber mein Freund Gneisenau hat an Dich geschrieben und gesagt, daß ich gesund bin. Den 16.habe ich dem Feind vor Leipzig bei dem Dorfe Märkern wieder eine Schlacht geliefert, viertausend Gefangne gemacht, fünfundvierzig Kanonen. Den 19. und 20. ist die größte Schlacht geliefert, die nie auf der Erde stattgefunden hat: sechshunderttausend Mann kämpften miteinander. Um 2 Uhr nachmittags nahm ich Leipzig mit Sturm. Der König von Sachsen und viele Generals der Franzosen wurden gefangen. Der polnische Fürst Poniatowski ertrank. Hundertundsiebzig Kanonen wurden erobert, und gegen vierzigtausend Mann sind gefangen. Napoleon hat sich gerettet, aber er ist noch nicht durch. Diesen Augenblick bringt meine Kavallerie wieder zweitausend Gefangene. Die ganze feindliche Armee ist verloren. Der Kaiser von Rußland hat mich in Leipzig auf öffentlichem Markt geküßt und den Befreier Deutschlands genannt. Auch der Kaiser von Österreich überhäufte mich mit Lob, und mein König dankte mir mit Tränen in den Augen. Da mir der Kaiser keinen Orden mehr geben kann, so erhalte ich von ihm einen goldenen Degen mit Brillanten besetzt, dem man einen großen Wert gibt. In diesem Augenblick bin ich nur zehn Meilen von Fritze, und da nun alles wieder frei ist, so kannst Du mit Fritze korrespondieren, und Ihr könnt Euch aufhalten, wo Ihr wollt. Ich schlage Euch Leipzig vor. Es ist ein angenehmer Ort, und da ich Leipzig, welches man in Brand schießen wollte, dadurch gerettet, daß ich verbot, keine Granaten hineinzuwerfen, so wird man Euch auf Händen tragen. Schreib mir Deinen Entschluß. Gut Quartier will ich Dir dann besorgen. Ich gehe mit meiner Armee durch Thüringen nach Westfalen, und meine Truppen sollen balde in Münster sein. Gott mit Dir! Lebenslang Dein

Blücher.

Brienne, den 2. Februar 1814.

Liebe Frau! Der große Schlag ist geschlagen. Gestern traf ich mit dem Kaiser Napoleon zusammen. Der Kaiser von Rußland und unser König kamen an, wie die Bataille ihren Anfang nahm. Beide Monarchen übergaben mir alles und waren Zuschauer des Kampfes. Um ein Uhr griff ich zu Mittag den Feind an. Die Schlacht dauerte bis in die Nacht, und erst um zehn Uhr hatte ich den Kaiser Napoleon aus allen seinen Stellungen vertrieben. Sechzig Kanonen und über dreitausend Gefangene fielen in meine Hände. Die Zahl der Toten ist sehr groß, denn die Erbitterung hatte den höchsten Grad erreicht. Du kannst denken, wieviel Dank ich von den Monarchen einerntete. Alexander drückte mir die Hand und sagte: »Blücher, heute haben Sie die Krone auf alle Ihre Siege gesetzt, die Menschen werden Sie segnen!« Ich war bis zum Hinsinken ermattet und schlief fünf Stunden, ohne aufzuwachen. Heute früh mußte ich meinen Gegner noch einmal angreifen und völlig vertreiben. Jetzt ist er im Rückzug auf Paris. Wir folgen ihm auf dem Fuß. Ob er nun Kaiser von Frankreich bleibt, das steht dahin. Behält er die Krone, so muß er sie als ein Geschenk aus der Hand unserer Monarchen ansehen.

Meine Umgebung empfiehlt sich. Sie sind zur Verwunderung alle unversehrt geblieben. Du magst nun mit Sicherheit auf einen baldigen Frieden hoffen, und ich sehe mit Verlangen Deinem Wiedersehen entgegen. Laß alle meine Bekannten und die guten Breslauer diese große Begebenheit wissen. Ich zittere so, daß ich nicht mehr schreiben kann. Aber ich bin wohl und lebenslang Dein treuester. Dich herzlich liebender

Blücher.

*


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