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Vortragsabend Ferdinand Gregori

Im Klindworth-Scharwenka-Saal sprach Ferdinand Gregori Gedichte von Schiller und Hölderlin. Der Künstler, als Vortragsmeister ebenso berühmt wie als Darsteller, ist im Vollbesitz aller Mittel, die nötig sind, um Wirkung zu erzielen. Aber eben, da das der Fall ist, will der richtige tiefe Eindruck nicht entstehen. Man erwartet von einem Sprecher solchen Ranges Neuformung, Neubelebung. Aber man findet nur ein sehr wohltemperiertes Organ, sehr viel Kultur und keine Durchseelung. Nicht das soll Gregori zum Vorwurf gemacht werden, daß er mit seinem ganzen Wesen und seinen Mitteln in einer Tradition wurzelt, die uns heute ferngerückt ist, aber daß er es nicht verstand, dieser Tradition Achtung zu verschaffen, das erscheint mir der schwerwiegendste Einwand. Außerdem: dieser stattliche Fünfzigjährige ist für ein gutbefracktes Akademikertum eigentlich noch etwas zu jung.

Berliner Volks-Zeitung, 17. April 1921


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