Jean Paul
Flegeljahre
Jean Paul

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Glanz, dessen Gesicht die günstigste Selbstrezension seiner geschriebenen Werke war, sah, mit einigem Triumphe über ein solches Werk, unter den Erben umher; nur der Polizei-Inspektor Harprecht versetzte mit einem ganzen Swift auf dem Gesicht: »Dieser Nebenbuhler kann uns mit seinem Verstande noch zu schaffen machen.« Der Hoffiskal Knoll und der Hofagent Neupeter und Flitte waren längst aus Ekel vor der Lektüre weg und ans Fenster gegangen, um etwas Vernünftiges zu sprechen.

Sie verließen die Gerichtsstuben. Unterwegs äußerte der Kaufmann Neupeter:

»Das versteh' ich noch nicht, wie ein so gesetzter Mann als unser sel. Vetter noch am Rande des Grabes solche Schnurren treiben kann.« – »Vielleicht aber« – sagte Flachs, der Hausbesitzer, um die andern zu trösten – »nimmt der junge Mensch die Erbschaft gar nicht an, wegen der schweren Bedingungen.« – Knoll fuhr den Hausbesitzer an: »Gerade so schwere wie heute eine. Sehr dumm wär's von ihm und für uns. Denn nach Clausul. IX. Schlägt aber Harnisch fielen ja den corporibus piis drei Viertel zu. Wenn er sie aber antritt und lauter Böcke schießet« –

»Das gebe doch Gott«, sagte Harprecht.

»- schießet,« fuhr jener fort, »so haben wir doch die Klauseln Spaßhaft sagt' ich in der vorigen – und Ritte der Teufel – und Den Herrn Kirchenrat Glanz und alle für uns und können viel tun.« Sie erwählten ihn sämtlich zum Schirmherrn ihrer Rechte und rühmten sein Gedächtnis. – »Ich erinnere mich noch,« sagte der Kirchenrat, »daß er nach der Klausel der Erb-Ämter vorher zu einem geistlichen Amte gelangen soll, wiewohl er jetzt nur Jurist ist« – – –

»Da wollt ihr nämlich,« versetzte Knoll geschwind, »ihr geistlichen Herren und Narren, dem Examinanden schon so einheizen, so zwicken – wahrhaftig das glaub' ich« – und der Polizei-Inspektor fügte bei, er hoffe das selber. Da aber der Kirchenrat, dem beide schon als alte Kanzel-Stürmer, als Baumschänder kanonischer Haine bekannt waren, noch vergnügt einen Rest von Eß-Lust verspürte, der ihm zu teuer war, um ihn wegzudisputieren: so suchte er sich nicht recht sonderlich zu ärgern, sondern sah nach.

Man trennte sich. Der Hoffiskal begleitete den Hofagenten, dessen Gerichtsagent er war, nach Hause und eröffnete ihm, daß der junge Harnisch schon längst habe – als riech' er etwas vom Testamente, das dergleichen auch fordere – Notarius werden und nachher in die Stadt ziehen wollen, und daß er am Donnerstag nach Elterlein gehe, um ihn dazu zu kreieren. (Knoll war Pfalzgraf.) »So mög' er doch machen,« bat der Agent, »daß der Mensch bei ihm logiere, da er eben ein schlechtes unbrauchbares Dachstübchen für ihn leer habe.« – »Sehr leicht«, versetzte Knoll.

Das erste, was dieser zu Hause und in der ganzen Sache machte, war ein Billet an den alten Schulz in Elterlein, worin er ihm bedeutete, »er werde übermorgen Donnerstags durch und retour passieren und unterwegs, gegen Abend, seinen Sohn zum Notarius kreieren; auch hab' er ein treffliches, aber wohlfeiles Quartier für solchen bei einem vornehmen Freunde bestanden«. – Vor dem regierenden Bürgermeister hatt' er demnach eine Verabredung, die er jetzt erst traf, schon für eine getroffne ausgegeben, um, wie es scheint, das Macherlohn für einen Notar, das ihm der Testator auszahlte, vorher auch von den Eltern zu erheben.

In allen Erzählungen und Äußerungen blieb er äußerst wahrhaft, solange sie nur nicht in die Praxis einschlugen; denn alsdann trug er (da Raubtiere nur in der Nacht ziehen) sein nötiges Stückchen Nacht bei sich, das er entweder aus blauem Dunst verfertigte als Advokat, oder aus arsenikalischen Dämpfen als Fiskal.


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