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Vierzehn Tage später befand sie sich mit ihren Söhnen in Dürrwangen, einem Nest an der fränkisch-schwäbischen Grenze. Dort wollte sie bis zum Ende des Sommers bleiben und dann weiter nach Süden ziehen. Die Schwester ihrer Freundin Tina Andenrieth, eine warmherzige junge Frau, die mit dem Automobilfabrikanten De Ruyters verheiratet war, hatte ihr vom Herbst ab ein Landhaus in der Nähe von Mersburg samt einem kleinen Betriebskapital zur Verfügung gestellt, damit sie es als Heim für verwahrloste und obdachlose Kinder einrichte. Sie hatte sich noch nicht endgiltig entschieden. Sie fühlte sich der Aufgabe noch nicht gewachsen. Sie brauchte Sammlung. Sie war auch Josephs wegen unruhig. Seit Ende Mai war sie ohne Nachricht. Zuweilen verspürte sie heftige körperliche Sehnsucht nach ihm. In ihren Träumen sah sie ihn in Gefahr. Mit ungerechter Bitterkeit sagte sie sich, ein Mann mute einer Frau zu viel zu, wenn er sie ohne zwingende Not zu so langer Witwenschaft verurteile. An gewissen Tagen erinnerte sie sich nicht mehr an sein Gesicht. An andern wieder hörte sie seine tiefe Stimme so deutlich als ob er neben ihr stünde und zärtlich zu ihr rede. Die Kinder fragten ungeduldig, ja unwillig nach dem Vater. Sie betrachteten seine Abwesenheit als etwas für sie Schimpfliches und glaubten der Mutter nicht ganz, wenn sie ihnen Bewundernswertes von seiner Person und seinem Leben erzählte. Marie liebte es, von ihm zu erzählen. Dadurch wurde ihr der Mensch, der Mann, der Freund, der Gatte wie nie zuvor Besitz. Es beglückte sie, zu erfahren, wie unendlich viel er ihr war und bedeutete. Noch vier Monate, dachte sie im August, noch drei im September, nicht auszuhalten, wie schneckenlahm die Zeit ist. Sie war noch so jung mit ihren achtunddreißig Jahren, daß sie die Zeit hassen konnte, weil sie nicht schneller verging. Dabei war es noch immer so, daß ihre Existenz »an allen Ecken und Enden brannte«, wie sie zu Eugen Hansen gesagt hatte. Mehr noch ihr Herz als die Existenz.