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42.
Die Tote Stadt

Mitten in dieser köstlichen Ebene stieß der Wanderzug auf einen Streifen erstarrter Lava.

Er ging aus von einer fernen Hügelkette, die ziemlich niedrig erschien, und zog sich hin bis zum Meer der Schrecken, wie das Binnenmeer genannt worden war.

Die Karawane folgte diesem schwarzglänzenden Walle bis zu den Höhen, die sämtlich vulkanischer Natur zu sein schienen: es waren Bergkegel von kaum achtzig bis hundert Meter Höhe, die alle durch etwas niedrigere Sättel miteinander verbunden waren und, wie sich später erwies, einen ziemlich regelmäßigen Kreis bildeten, der einen Durchmesser von zehn Kilometern haben mochte. Man zählte in der Folge dreiundsechzig dieser kleinen feuerspeienden Berge, von denen viele zurzeit in Tätigkeit waren und hie und da Rauchwolken, zuweilen auch Feuergarben ausstießen. Andere schienen erloschen oder doch wenigstens gegenwärtig in Ruhe zu sein. Die tätigen arbeiteten offenbar ruhig und regelmäßig. Von jedem zogen sich Lavastreifen zum Meer der Schrecken, das sie in einem weiteren Kreise umschloß.

Am Fuße der Vulkankette wurde das Lager aufgeschlagen, denn Münkhuysen erklärte, der Ring dürfe erst überschritten werden, wenn die ganze Gesellschaft beieinander sei, denn hier erwartete er die wichtigste Entdeckung der Forschungsreise.

Holm stellte nun eine genaue Berechnung an, die ergab, daß sich der Südpol ungefähr im Mittelpunkt des Hügelkreises befinden müsse, und diese Tatsache bestätigte schon zur Genüge die Richtigkeit der Vermutung des Barons, denn welche wichtigere Entdeckung konnte gemacht werden, als eben diejenige des Pols?

Alle brannten vor Begierde, die Höhen zu ersteigen, um den ersehnten Anblick zu genießen, von dem niemand wissen konnte, wie er ausfallen werde; aber sie zügelten ihre Ungeduld, weil Professor Schulze mit den Italienern noch zurück war. Er hatte nämlich seine Ballonstelzen dem Baron abgetreten, dessen Flugzeug vorerst unbrauchbar geworden war.

An der Stelle des Lagerplatzes war der Sattel, der die beiden nächstliegenden Vulkane verband, über sechzig Meter hoch, so daß auch von der Höhe der Stelzen nicht darüber hinweggesehen werden konnte; doch sah man, wenn man die Stelzen bestieg, in ziemlicher Entfernung eine Säule emporragen, die den Mittelpunkt des Kreises bezeichnen mochte.

»Das ist die Erdachse!« erklärte Kapitän Münchhausen mit Bestimmtheit.

»Aber, mein Lieber!« sagte Maibold überlegen, denn er verfiel immer noch in den Fehler, Münchhausens Scherze für Ernst zu nehmen: »Was haben Sie für eine Vorstellung von der Erdachse! Dieselbe ist doch bloß eine gedachte Linie und kein wirklicher Gegenstand!«

»Was?!« eiferte der Kapitän, »die Wissenschaft nimmt an, daß die Erdachse eine Art Balken ist und am Nord- und Südpol etwas über die Erdoberfläche emporragt! Und sollte die Wissenschaft das nicht annehmen, so irrt sie, denn es ist doch für den gesunden Menschenverstand klar, daß die Erde sich um eine wirklich vorhandene Achse drehen muß. Ist die Drehung der Erde etwa nur eine eingebildete? Nein! Also muß auch die Achse vorhanden sein. Übrigens war ich ja, wie Sie wissen, schon einmal am Südpol, und kenne die Sache genau. Wenn ich nicht gewußt hätte, welcher fabelhaften Zweifelsucht man bei euch sogenannten »Männern der Wissenschaft« begegnet, hätte ich voraussagen können, welch herrliches Stück Urwelt und welche fabelhaften Geschöpfe in diesen Breiten anzutreffen sind.«

Bis die Kameraden eintrafen, wollte man einen Ausflug unternehmen, am Fuße der Hügelkette hin, und zwar zu Fuß, um nicht mit einem Blick in die Geheimnisse des Kreises von der Höhe der Stelzen aus den Zurückbleibenden und Professor Schulze zuvorzukommen. Die Wanderung bot keine Hindernisse, denn die glühenden Lavastreifen, die von den tätigen Vulkanen ausgingen, erwiesen sich alle so schmal, daß sie gefahrlos übersprungen werden konnten.

An einem besonders niedrigen Bergsattel konnte die vorhin erblickte Säule genauer betrachtet werden. Sie war etwa hundert Meter hoch und konnte zwanzig Meter im Umfang messen. Sie reizte die Neugier der Wanderer aufs äußerste, und es gehörte viel Selbstüberwindung dazu, sich den Aufstieg um der Freunde willen zu versagen, statt die Geheimnisse des inneren Kreises zu erkunden.

Als unsere Freunde von ihrer kurzen Wanderung ins Lager zurückkehrten, fanden sie Schulze mit den Italienern und den Hundewagen schon eingetroffen. Auch die Mahlzeit stand dampfend bereit, die man einnehmen wollte, ehe der große Schritt über die Berge unternommen wurde, denn Münchhausen sagte mit Recht: »Es taugt nichts, wenn wir unsere großen Entdeckungen mit leerem Magen machen wollen: nur wohlgesättigt und gut ausgeruht werden wir einen ungetrübten Genuß davon haben.« So wurde gelagert und getafelt.

Während des Essens kam das Gespräch auf das Paläoskop, und der Kapitän bemerkte: »Es ist allbekannt, daß feste Stoffe die Lichtwellen nicht durchlassen, es sei denn, daß sie durchsichtig wären. Aber auch im letzteren Falle verschlucken sie einen Teil der Wellen oder absorbieren sie, wie der Mann der Wissenschaft sagen würde, der die deutsche Sprache als unwissenschaftlich verachtet. Auch die Schallwellen werden nicht ungeschwächt durch den Stoff weiter geleitet. Ich schließe daraus, daß die festen Stoffe die Schallwellen und noch vollkommener die Lichtwellen zurückhalten und aufspeichern, und zwar in endloser Fülle: da harren denn Licht und Ton auf ihre Erlösung. Zweifellos wird man noch ein Mittel entdecken, diese Wellen frei zu machen und phonographisch und radiographisch für alle Zeiten festzuhalten: »jede Zimmerwand, jedes Möbelstück, jeder Stein muß uns dann alles offenbaren, was er durch die Jahrtausende geschaut und gehört hat, ja die Steine werden reden und uns erzählen, was sich je in ihrer Nähe begeben hat: was laut wurde, wird durch sie wieder laut werden, und was sichtbar wurde, wird uns wieder deutlich zu Gesichte kommen, so daß wir Augen- und Ohrenzeugen der Vorgänge aller Zeiten werden.«

»Diesmal glaube ich, der Kapitän hat einen glaubwürdigen Gedanken ausgesprochen,« meinte der Baron, »und er eröffnet uns damit ungeahnte Aussichten.«

Dann sprach man von den zu erwartenden Entdeckungen und der rätselhaften Säule, die Münchhausen für die Erdachse erklärt hatte.

Münkhuysen war nachdenklich geworden und sagte dann plötzlich: »Eva, ich fange an zu glauben, daß du auf irgend eine geheimnisvolle Weise zu Kenntnissen gelangt bist, die uns abgehen. Du hast vorhergesagt, wir würden ein warmes Land mit herrlichen Auen und Wäldern entdecken, wie wir es tatsächlich fanden. Auch der Kranz von Bergen ist da, den du erwähntest, und die steinernen Blumen sehen wir schon an der geheimnisvollen Säule. Ich würde mich nun kaum mehr wundern, wenn auch der letzte Teil deiner Prophezeiung sich als Tatsache herausstellte, und wir im inneren Kreis dieser Vulkane eine tote Stadt mit versteinerten Menschen entdeckten.«

»Das ist nicht schön von dir, Papa,« schmollte das Mädchen, »wenn du je an meiner Aussage gezweifelt hast! Übrigens schauet einmal dorthin: nun muß wohl der hochverehrte und hochgelehrte Herr Doktor, der die Seeschlange, an die er nicht glauben wollte, wissenschaftlich studieren konnte, während wir mit ihr kämpften, auch noch an das Einhorn glauben müssen, so heilig er gestern noch schwur, sein Dasein niemals zuzugeben, so wenig wie dasjenige anderer Fabeltiere.«

Alle blickten nach der angegebenen Richtung und Maibold rief aus: »Ich bekenne mich geschlagen, ich gestehe öffentlich, daß ich ein Tor und ein Einfaltspinsel gewesen bin, und erkläre fortan jeden Zweifler für ebensolche! Was mich betrifft, so schwöre ich jetzt feierlich, an alle Lindwürmer, Drachen und Basilisken zu glauben; ich bin der festen Überzeugung, daß es Meerbischöfe, Meerfräulein, Seeteufel und Waldteufel gibt, meinetwegen auch Zentauren, Nymphen und Faune, Feeen und Elfen und was Sie wollen. Ich stehe ein für die Wirklichkeit des Vogels Rock und des Phönix, sowie der siebenköpfigen Hydra: ich bin blamiert, aber ich will mich nie wieder durch Unglauben blamieren!«

Diese übertriebenen und sicher nicht ernst gemeinten Versicherungen des Spötters hatten wohl nur den Zweck, einigermaßen zu verschleiern, wie schwer er wieder einmal mit seiner blöden Zweifelsucht hereingefallen war. Sie wurden veranlaßt durch den Anblick eines in der Ferne friedlich weidenden Tieres, das einem Pferde von mehr als natürlicher Größe glich, und auf der Stirne ein gerades Horn trug, ähnlich dem Stoßzahne eines Narwals und weit über einen Meter lang.

Dies war übrigens das einzige gefährliche Tier, wenn es überhaupt gefährlich war, das man in dieser paradiesischen Flur zu Gesichte bekam: alle die schrecklichen Ungeheuer der Urwelt schienen sich in den Urwäldern und im Binnenmeere aufzuhalten.

Was aber würde man nun noch entdecken, dort hinter den Vulkanen, die den Südpol umschlossen? Unsere Freunde hatten sich lange genug Zurückhaltung auferlegt, jetzt aber war der große Augenblick gekommen! Sie brachen auf und erstiegen gleichzeitig die Anhöhe mit raschen Schritten, von der Neugier beflügelt.

Kaum hatten sie den Sattel erreicht, entrangen sich Ausrufe staunender Bewunderung aller Lippen, denn der Anblick, der sich nun zu ihren Füßen zeigte, überbot an Pracht und Seltsamkeit alles, was sie jemals geschaut hatten!

Da ragten steinerne Paläste empor, reich an blumenumwundenen Säulen. Die Blumengewinde waren sämtlich aus dem Stein der Säulen gemeißelt und trotz ihrer Riesengröße so zart und durchsichtig und in so frischen, naturgetreuen Farben leuchtend, daß man sie für echte, kaum gepflückte Blumen halten konnte. Hallen und Vorhallen, Torbogen, Mosaikfußböden auf Terrassen und flachen Dächern, zierliche Fenster und Türmchen, schlanke Pfeiler und durchbrochene Geländer zeugten von einer hochentwickelten Kunst, der die alte Welt auch nicht entfernt Gleichwertiges an die Seite stellen könnte.

Von Häusern konnte man hier gar nicht reden: es waren lauter Schlösser und Paläste von mehr als königlicher Pracht, die das ganze weite Tal um den Südpol her ausfüllten.

»Das ist die Tote Stadt!« sagte Eva: »So wird sie von denen genannt, die sie kennen.«

»Ja, eine tote Stadt war es, trotz ihrer lebensvoll strahlenden Farben und der Unversehrtheit ihrer Bauten, die beinahe neu erschienen; tot, denn in dem Meer von blühendem Stein regte sich kein Leben, und dennoch lebendig, weil die blumenreichen Steine selber voller Leben schienen.

Die Hauptstraßen der Stadt, obgleich sie nicht geradlinig verliefen, vereinigten sich doch alle auf dem großen Platz, auf dem die hohe Säule ragte, deren Spitze zuerst erschaut worden war. Sämtliche Straßen waren gepflastert, und zwar ebenfalls mit buntfarbigen, glänzenden Steinen. Die Farbenpracht war ganz unbeschreiblich. Bei den meisten Häusern herrschte eine bestimmte Farbe vor: Rot, Blau, Violett, Gelb, Orange, Grün, Weiß, Schwarz, Silbergrau, Braun – ein bunter Anblick von entzückender Wirkung. Bei anderen hatte jedes Stockwerk seine besondere Farbe, und wieder andere strahlten in allen Regenbogenfarben, überall aber war das Gesamtbild ein vollkommen harmonisches. Einzelne Paläste waren aus Gold, Silber und Bronze erbaut, bei manchen fanden sich verschiedene Edelmetalle künstlerisch vereint. Ganz feenhaft aber erschienen Bauten aus glitzerndem Bergkristall und aus Glas, mit bunten Edelsteinen aufs reichste verziert. Auch verschiedenfarbiges Glas hatte da und dort Verwendung gefunden und offenbarte seine besonderen Reize.

Nachdem sich unsere Freunde von ihrem ersten Staunen etwas erholt hatten, sagte Münkhuysen: »Es gibt nichts Neues unter der Sonne! so spricht der Prediger im Alten Testament; denn Ben Akiba, der von den Halbgebildeten so viel zitiert wird, ist nicht der erste, der diesen Gedanken aussprach. Für uns ist freilich der Anblick dieser uralten Stadt etwas Neues – aber wir gedachten, als die ersten Sterblichen den Südpol zu schauen, und nun sehen wir, daß er in grauer Vorzeit schon bekannt, ja bewohnt war. Und diese Stätte herrlicher Baukunst, muß sie nicht unsere Eitelkeit beschämen? Predigen uns nicht diese leuchtenden, unvergänglichen Farben: vor Jahrtausenden stand die Menschheit auf einer viel höheren Kulturstufe als heutzutage, und die Kultur schreitet nicht mit Riesenschritten vorwärts, sondern: bergauf – bergab, das ist die Geschichte der menschlichen Entwicklung!«

Langsam und in schweigender Ehrfurcht schritten unsere Freunde den sanft geneigten Hang hinab und betraten die Märchenstadt. Aber neue Wunder erwarteten sie hier! Überall standen und saßen in den verschiedensten Stellungen lebensfrische Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen, Kinder und Greise von solch vollendeten Körperformen und solch herrlichen Gesichtszügen, daß kein Volk der Erde, weder in der Gegenwart noch in dem uns bekannten Altertum, sich ähnlicher Schönheit rühmen könnte. Und das alles waren tote Steinbilder, doch bemalt mit unverwüstlichen, leuchtenden Farben!

»Jetzt, Eva,« sagte Münkhuysen, als erster das Schweigen brechend, »haben wir alle deine Sehergabe bewährt gefunden; denn hier erschauen wir auch die steinernen Menschen deiner Toten Stadt. Nun aber erkläre uns endlich, wieso du das alles so genau vorherwissen konntest? Du kannst doch diese Gegend und diese Stadt nicht etwa in einem Traumbild geschaut haben?«

Eva lachte herzlich. Wer hätte geahnt, daß es das letztemal sein sollte, daß sich ihr schelmisches, silbernes Lachen hören ließ! »Papa,« rief sie, »ich will deine Neugier nicht länger auf die Folter spannen, wenn ich dabei auch den Nimbus einer Prophetin einbüße. Es ist doch zu gelungen, daß weder du, noch einer der gelehrten Herren zu Hause darauf kam, durch das Paläoskop zu erkunden, wie es am Südpol aussieht! Ich habe ganz einfach daran gedacht und mir den Südpol, wie er ist, herangedreht. Ernst habe ich's gezeigt, sonst wußte niemand darum.«

»Blitzmädel!« rief Münkhuysen: »Da warst du freilich praktischer als wir alle. Fabelhaft, daß ich daran nie gedacht habe! Wie ganz anders wären wir auf diese Reise vorbereitet gewesen, wenn wir alles zuvor mit dem Paläoskop untersucht hätten. Dennoch danke ich dir besonders, wie auch Herrn Frank, daß ihr das Geheimnis wahrtet, denn unsere Entdeckungsfahrt hätte unendlich viel an Reiz eingebüßt, wenn sie uns keine Überraschungen geboten hätte, weil wir alles zuvor wußten.«

»Das dachte ich mir,« sagte Eva, »und deswegen taten wir so geheimnisvoll, übrigens, die Schrecken des Urwaldes und des Meeres waren uns auch unbekannt; nur ein Einhorn hatte ich durchs Paläoskop schon gesehen. Unsere Freude aber war, daß wir etwas wußten, von dem ihr noch keine Ahnung hattet.«

Inzwischen wurde die Wanderung durch die ausgestorbene Stadt fortgesetzt.

»Sehen Sie, wie malerisch diese Stadt angelegt ist,« bemerkte der Baron: »Die Straßen verlaufen nirgends in der öden, langweiligen und geistlosen geraden Linie: überall ruht das Auge auf einem entzückenden Abschluß aus, überall wird die Phantasie angeregt durch die Neugier, was sich wohl hinter der nächsten Biegung verberge. Die Alten wußten so gut, wie wir, daß die gerade Linie der kürzeste Weg ist, aber besser als wir Modernen erkannten sie auch, daß sie der Tod aller Schönheit, allen Reizes ist.«

»Aber auch praktisch ist ihre Anlage,« fügte Mäusle hinzu: »Ganz nach den wissenschaftlichen Grundsätzen, die Vitruv schon vor zweitausend Jahren uns überlieferte: die Gassenfluchten sind nämlich stets in der Halbierungslinie des Winkels zwischen zwei herrschenden Windrichtungen angelegt, so daß kein Wind mit seiner vollen Stärke sie durchfegen kann. Die Mißachtung dieser einfachen Gesundheitsmaßregel, die beim heutigen Städtebau aus Unwissenheit und Gleichgültigkeit völlig außer acht gelassen wird, tadelt Vitruv an der Stadt Mytilene auf Lesbos, die zwar prächtig und fein gebaut sei, aber unklug angelegt. Aus diesem Grunde seien die Einwohner bei Südwind alle krank, bekämen den Husten bei Nordwestwind, und der Nordsturm, der zwar gesund sei, mache wegen seiner Heftigkeit und Kälte den Aufenthalt in den Straßen unerträglich.«

Überall befanden sich Inschriften in der Sprache und den Zeichen der geheimnisvollen Botschaft, die Ernst stets in der photographischen Nachbildung bei sich trug, zusammen mit der zweiten Kunde in der Urschrift.

Vorerst ließen sich diese Inschriften nicht entziffern, doch wurden sie fleißig photographiert.

Die Krater der Vulkane rings umher waren gegen die Stadt zu mit hohen Schutzmauern versehen, offenbar um die Lava nach dem Meere der Schrecken hin abzuleiten und sie zu verhindern, sich nach innen zu ergießen, wo sie der Stadt und ihren Einwohnern hätte verderblich werden können.

Zahlreiche Vögel, vor allem Kaptauben, belebten die Öde der Stadt, und letztere wurden von Eva, Ernst und Mäusle verständnisinnig begrüßt: sie weckten den Gedanken an die geheimnisvolle Prinzessin, die nun zweimal einen solchen Vogel als Boten erwählt hatte. Wo mochte sie weilen und würde man sie finden? Es schien ja außer den Vögeln kein lebendes Wesen sich in diesen Mauern aufzuhalten.

Zuweilen schoß ein Sturmvogel oder eine Skuamöve in hoher Luft vorbei nach Norden. Jede Himmelsrichtung war ja hier Norden.

Einmal stieß ein großer Raubvogel herab und packte eine Möve. Mäusle schoß auf ihn, und er fiel mit seiner Beute gerade vor des Schwaben Füße: »Das ist der Falke!« flüsterte der Schütze seinen Mitverschworenen zu: »Jetzt ist mir auch diese Stelle der Geheimbotschaft klar. Ein solcher Raubvogel überbrachte der Prinzessin die Skuamöve, der Sie Ihre Zeichnung anvertrauten, Fräulein Eva, sonst wäre sie wohl nie in ihre Hände gelangt.«

»Atlanta, ich werde dich finden und wir werden dich erlösen!« sagte Eva leise aber bestimmt und zuversichtlich.


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