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Die Residenz war einige Tage mit nichts anderem als der Krankheit der geliebten Prinzessin beschäftigt; man sagte sie bald sehr krank, bald gab man wieder Hoffnung; ein Schwanken, das für alle, die sie näher kannten, schrecklich war. An einem Morgen, sehr frühe, brachte ein Diener dem Major ein Kästchen. Ein Blick auf dieses wohlbekannte Behältnis und auf die Trauerkleider des Dieners überzeugten ihn, daß die Prinzessin nicht mehr seie. Es war ihm, als sei dieses liebliche Wesen ihm, ihm allein gestorben. Er hatte viel verloren auf der Erde und doch hatte kein Verlust so empfindlich, so tief seine Seele berührt als dieser. Es war ihm, als habe er nur noch ein Geschäft auf der Erde, das Vermächtnis der Verstorbenen an seinen Ort zu befördern; er würde diese Stadt, die so drückende Erinnerungen für ihn hatte, sogleich verlassen haben, hätte ihn nicht das Verlangen zurückgehalten, ihre sterblichen Reste beisetzen zu sehen. Als die feierlichen Klänge aller Glocken, als die Trauertöne der Musik und die lange Reihen der Fackelträger verkündeten, daß Sophie zu der Gruft ihrer Ahnen geführt werde, da verließ er zum erstenmal wieder sein Haus und schloß sich dem Zuge an. Er hörte nicht auf das Geflüster der Menschen, die sich über die Ursachen ihrer Krankheit, ihres Todes besprachen; er hatte nur einen Gedanken, nur jener Augenblick, wo ihr Auge noch einmal auf ihm geruht hatte, wo seine Lippen ihre Hand berührten, stand vor seiner Seele. Man nahm die Insignien ihrer hohen Geburt von der Bahre, man senkte sie langsam hinab zum Staub ihrer Ahnen. Die Menge verlor sich, die Begleiter löschten ihre Fackeln aus und verließen die Halle; der Major warf noch einen Blick nach der Stelle, wo sie verschwunden war, und ging.
Vor ihm ging mit unsicheren, schleppenden Schritten ein alter Mann, der heftig weinte. Als der Major an seiner Seite war, sah jener sich um, es war der Regisseur der Oper. Der Alte trat näher zu ihm, sah ihn lange an, schien sich auf etwas zu besinnen und sprach dann: »Möchten Sie nicht, Herr Baron, wir hätten nur geträumt und jenes liebliche Kind, das man begraben hat, wäre noch am Leben?«
»Woran mahnen Sie mich!« rief der Major mit unwillkürlichem Grauen; »ja, bei Gott, es ist so wie Sie träumten; sie ist begraben und wir beide gehen nebeneinander von ihrem Grab.«
»Drum soll der Mensch nie mit dem Schicksal scherzen«, sagte der Alte mit trübem Ernst. »Ist es nicht heute eilf Tage, daß wir ›Othello‹ gaben? Am achten ist sie gestorben.«
»Zufall, Zufall!« rief der Major. »Wollen Sie Ihren Wahnsinn auch jetzt noch fortsetzen? weiß ich nicht nur zu gut, an was sie starb? Wohl hat ein Dolch ihre Seele, wie Desdemonas Brust durchstoßen; ein Elender, schwärzer als Ihr Othello, hat ihr Herz gebrochen; aber dennoch ist es Aberglauben, Wahnsinn – wenn Sie diesen Tod und Ihre Oper zusammenreimen!«
»Unser Streit macht sie nicht wieder lebendig«, sagte der Alte mit Tränen. »Glauben Sie was Sie wollen, Verehrter! ich werde es, wie ich es weiß, in meiner Opernchronik notifizieren. Es hat so kommen müssen!«
»Nein!« erwiderte der Major beinahe wütend, »nein, es hat nicht so kommen müssen; ein Wort von mir hätte sie vielleicht gerettet. Bringen Sie mir um Gottes willen Ihren ›Othello‹ nicht ins Spiel; es ist Zufall, Alter, ich will es haben, es ist Zufall.«
»Es gibt, mit Ihrer Erlaubnis, keinen Zufall; es gibt nur Schickung. Doch ich habe die Ehre, mich zu empfehlen, denn hier ist meine Behausung. Glauben Sie übrigens was Sie wollen«, setzte der Alte hinzu, indem er die kalte Hand des Majors in der seinigen preßte, »das Faktum ist da, sie starb – acht Tage nach ›Othello‹.«