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VIII. Kapitel.
Der Segen in der Natur.

Motto:

Der Segen des Herrn macht reich ohne Mühe.

Sprüche 10, 22.

Als der erste Frühling in der neuen Weltzeit kam, da erwachten alle Lieder, welche in der Menschenbrust schlummerten. Wie ein seliges Lerchenlied stieg Lob und Dank der glücklichen, druckbefreiten Menschheit alltäglich in die Höhe. Wenn milder Sonnenschein von jeher bei aller Wehmut selbst Kranke erquickte und fröhlich machte, wenn reges Frühlingsleben jedes menschliche Gemüt erweckt und belebt, – was war das erst in jenem ersten Frühling der neuen Weltzeit! Die ganze Erde ein Land der Verheißung, die neue Zeit eine Zeit der Erfüllung! Die Bäume blühten, daß es eine Lust war, und die milden Nächte, auch im nördlichen Klima, sicherten die frohesten Hoffnungen. Regen und Sonnenschein, alles zu seiner Zeit, – das Wachsen, Blühen und Gedeihen ein unaufhaltsamer Fortschritt! Feld und Flur bot bald den Anblick des schönsten Reichtums und der herrlichsten Naturfülle.

Jene geheimnisvollen Schrecken der antichristlichen Weltzeit, von welchen der große Prophet von Nazareth vor 2000 Jahren gesagt hatte: ›Und die Kräfte des Himmels werden sich bewegen‹, hatten eine Kehrseite, welche nun in's hellste Sonnenlicht heraustrat. Die Wissenschaft, die leuchtende Begleiterin der geheimnisvollsten Vorgänge im Naturleben, hat es inzwischen erforscht und geoffenbart, was merkwürdiges unter Gottes wunderbarem Walten geschehen war, um der Erde, diesem kleinen und doch so bedeutenden Mittelpunkt der Erlösungsgeschichte des ganzen Weltalls, eine Zeit besonderen Natursegens heraufzuführen, daß Saat und Ernte, Sommer und Winter, Frost und Hitze, Tag und Nacht, nach einer uralten Hoffnung der Menschheit in regelmäßigem Wechsel und gottgesegneter Beständigkeit, nunmehr auch in mißwachsfreiem Kreislauf der Jahreszeiten, wiederkehren sollen, der dankbaren Menschheit zur täglichen Wonne.

Wer ahnte je, welch unermeßliche Fülle von Reichtum so die Erde berge, nicht in ihrem Schoße nur, sondern sozusagen in den Farben ihres Kleides schon, d. h. auf ihrer Oberfläche, auf dem Boden, den wir mit der Pflugschar aufreißen, in der Staubkruste schon, die doch nur ihr Äußerstes ist!

Und nun, welch ein Wandel in allen Lebensverhältnissen der Menschen aus dieser Erde!

Weg war jetzt die Mühsal, zu arbeiten im Schweiße des Angesichts, sein Brot zu essen, wenn auch mit Danksagung, so doch mit viel mehr Sorge; überall war jetzt reiche Fülle, nirgends mehr Sorge der Nahrung! Weg war nun auch die ärmliche Ängstlichkeit, den privaten Besitz für sich zu schützen, zu mehren und zu speichern; alle Arbeit war ja des sicheren Erfolgs gewiß, aller Fleiß voll des reichsten Lohnes! Weg war von nun an die alte Plage, unter der Last des Erwerbs die Lust an geistigem Lernen innerlich verkommen lassen zu müssen; die Arbeit war zur nimmer mühseligen, immer erfrischenden Beschäftigung und zur reichsten Geistesentwicklung zugleich geworden – statt Kräfteverzehrung und dazu noch Geistesvermattung. Die ganze menschliche Thätigkeit war jetzt nicht mehr ein notdürftiges, mühevolles Abringen karger Erträgnisse aus kargem Boden; ihr Erfolg war ein jährlich immer reicherer Fortschritt von Veredelung zu Veredelung wie an Blumen, so an Früchten, von Verbesserung im Anbau zur Verschönerung jeden Landstrichs. Der Mensch, heraus aus dem Paradies, war nun dennoch Herr der Erde, ja die ganze Erde nicht nur ihm unterthan, sondern auch mehr und mehr selber ein Paradies, ein Garten Gottes und ein wahres Eden des Menschen.

Und alle Menschen sind nun im regen und regelmäßigen Austausch ihrer Landesprodukte miteinander verbunden, in der Darbietung ihres Überflusses und ihres Besten brüderlich vereinigt. Mit allem halten sie nach wirtschaftlichen Lebensgesetzen und nach wissenschaftlich zuverlässigen Berechnungen weise Haus, ihre Reichtümer brüderlich mitteilend und familienmäßig einteilend; der ganze reiche Haushalt Gottes ist in den Händen treuer Haushalter, auch für kommende Geschlechter ein wohlgeborgenes Gut in reicher Fülle. –

Daß das Geld damit eine völlig veränderte Wertschätzung sich gefallen lassen mußte, war natürlich. Aber auch alle übrigen Werte erfuhren naturgemäß eine ganz veränderte Bestimmung. So gingen die wirtschaftlichen Verhältnisse großen, gewaltigen Veränderungen entgegen, welche in alten Zeiten viel Verwirrung und Entzweiung, Schwankungen und Entwertungen, Ausbeutungen und neue Spannungen hätten bringen können. Bei dem immer gesicherten Natursegen dagegen bereiteten diese Veränderungen nun nur die dauernde Verwandlung des Privatbesitzes in Lehensbesitz, des Einzelvermögens in Volksvermögen, und die Vereinigung der Völkerkräfte für eine wirkliche Völkergemeinschaft vor.

Auf diesem Gebiet trat Ottos besondere Begabung mehr und mehr heraus, gerade wie auf dem früher geschilderten Kunos. Sie hatten übrigens der treuen Mitarbeiter übergenug und wir würden Unnatürliches thun, wenn wir ihre Thätigkeit besonders hervorheben wollten.

Hohe Staatsweisheit ohne die List der Übervorteilung, wissenschaftliche Fachkunde und praktische Sachkenntnis, verbunden mit der Macht wahrer Bruderliebe, brachten eine Einheit des Menschengeschlechts zustande, welche keine Zeit zuvor je gekannt hat, keine auch hätte finden können. Die Schäden früherer Irrtümer wurden geheilt, die berechtigten Bestrebungen von Jahrhunderten nun mit schönstem Erfolg gekrönt und zugleich in Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe gesichert für ewige Zeiten.

Die Ehre gebührt Gott allein, nicht den Menschen, denn das Ganze ist seine Gnadengabe, Gabe der überall reich gesegneten Natur zugleich. Das Leben der Menschen aber ist ein Lobpreis des gütigen Gottes geworden, ein Dankopfer seiner erlösenden Gnade.


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