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II. Kapitel.
Zwei Freunde.

Motto:

Verrat und Argwohn lauscht an allen Ecken,
Bis in das Innerste der Häuser dringen
Die Boten der Gewalt; bald thät' es not,
Wir hätten Schloß und Riegel an den Thüren.

Schiller, Tell.

Die beiden Handwerker gingen über die Brücke, der äußeren Stadt zu. Sobald sie für sich waren, begann das Gespräch.

»Hast Du's gehört?« sagte der eine zum andern.

»Nur zu gut!« erwiderte dieser.

»Was für ein leeres Geschwätz wieder! Die Menge weiß doch nur zu gaffen und anzustaunen, weiter nichts!«

»Und auf Christenleute zu schimpfen, das geht auch noch.«

»Und das gilt etwas!«

»Und wird uns noch etwas wissen lassen!«

»Ich fürchte auch; – es ist böse Zeit.«

»Mir hat man schon gekündigt; solche Leute behalte er nicht, sagte unser Geschäftsherr gestern zu mir.«

»Also ist es wahr geworden?«

»Ja, leider! Und nimm Dich nur in acht, heute mir, morgen Dir! Er kennt uns schon und unsere Freundschaft zu einander wohl auch.«

»Er wird aber doch einen Unterschied machen?«

»Den gönne ich Dir, aber ich glaube nicht dran. Du stehst ihm höher, – das weiß ich wohl, – und mit Recht, ich erkenne das neidlos an; aber es kommt auch an Dich! Die Erregung der Bevölkerung wird ja immer größer. Seit die Zeitungsnachrichten von den Absichten des Weltregenten erzählen, fährt es in die Menge, daß es mir graust.«

»Es ist wahr, und es geht eine Hetze los, als wären wir Übelthäter.«

»Was haben wir denn Böses gethan? Unsern Glauben haben wir behalten und wollen ihn behalten, das ist das ganze Unrecht.«

»Ja, – je und je hätte man es allerdings mehr in der Stille thun können. Es fiel auch manches herbe Wort über den herrschenden Geist und die regierende Gewalt, und das erbitterte.«

»Soll man nicht seinen Glauben bekennen?«

»Wohl! Aber es wirkte oft wie eine Herausforderung, und das mußte nicht immer geschehen.«

»Wenn einem aber einmal der heilige Zorn kommt über solchem Unwesen, – wer kann da schweigen? Sie beten ihn ja an, den Weltregenten! Wer kann bei dieser Menschenvergötterung stille zusehen, ohne dagegen zu zeugen?«

»Gewiß, aber laß auch darin Gott, was Gottes ist! ›die Rache ist mein!‹ spricht der Herr, ›ich will vergelten!‹«

»Es ist oft auch schwer, stille sein, wenn man immer gereizt und verspottet wird.«

»Das gebe ich zu, und ich will nicht besser sein als Du; das fällt mir gar nicht ein; heute Dir, morgen mir, Du wirst ja recht damit haben. Wer weiß, ob es nicht das beste wäre, ich ginge gleich mit. Ziehen läßt man mich auch morgen schon, wenn ich heute noch kündige. Das glaube ich selbst. Denn bekannt bin ich ja auch dafür, daß mir der Weltregent nichts gilt und daß ich diese ganze große Verführung mit Grauen betrachte. Was wird es noch werden? Die Menschen taumeln ja, sie sind ganz trunken, es ist ein wahrer Wahnsinn von Irreligiosität und Menschenvergötterung zugleich.«

»Und über was für einen Menschen vollends! Es ist ja grauenvoll!«

»Still davon! Es geht jemand vorüber, und es ist schon nicht gut, daß man uns wieder beisammenstehen sieht! Lebe wohl! Wir sehen uns morgen wieder. – Ich gehe, zu kündigen. Hier am Ort ist es auch für mich nimmer lang auszuhalten, warum sollten wir uns trennen? Für heute also lebe wohl! Auf Wiedersehen morgen oder noch heute abend!«

»Auf Wiedersehen, Gott helfe uns!«


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