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Mehr noch als die Löffelhunde unterscheiden sich die Schleichkatzenhunde ( Nyctereutes ) von ihrer Verwandtschaft, obgleich ihr Gebiß im wesentlichen mit dem Zahnbaue anderer Hunde übereinstimmt. Es sind 42 Zähne vorhanden, die Höckerzähne aber verhältnismäßig stärker entwickelt. Außerdem weichen die Verhältniszahlen der Wirbel ab, finden sich namentlich mehr Brustwirbel als bei den übrigen Hunden, mit Ausnahme des Löffelhundes, dagegen aber weniger Schwanzwirbel, und lassen sich sonst noch Eigentümlichkeiten des Gerippes Nachweisen; alle diese Abweichungen erscheinen jedoch nicht so erheblich wie die allgemeinen Merkmale der Sippe.
Der Marderhund, Waschbär- oder Schleichkatzenhund, Tanuki der Japaner, Chausé der Chinesen, Ilbigáe der Birar-Tungusen, Jendakó der Golden, Naotó der Mandschu etc. ( Nyctereutes procyonoides, Canis procyonoides und viverrinus), erinnert in seinem Gesammtgepräge mehr an Marder als an Hunde. Der gestreckte, hinten verdickte Leib ruht auf niederen schwächlichen Beinen, der Kopf ist kurz, schmal und spitz, der Schwanz sehr kurz, beinahe stummelhaft und buschig, das Ohr kurz, breit, abgerundet und fast ganz in dem sehr reichen Pelze versteckt, die Färbung marder-, nicht aber hundepelzartig, mit Ausnahme eines ziemlich breiten über die Schultern nach den Vorderläufen ziehenden dunkelbraunen Bandes und der ebenso aussehenden Läufe auch sehr veränderlich, bald heller, bald dunkler. Kopf und Halsseiten sind gewöhnlich hellfahl, die übrigen Theile bräunlich, Wangen und ein scharf abgegrenzter Ohrrand braun, die Unterteile hellbraun; der Schwanz in seiner größeren Endhälfte ist schwarzbraun, ein großer Flecken auf der Halsseite vor und ein anderer auf der Leibesseite hinter dem erwähnten Schulterbande schmutzigisabellfahl; die einzelnen Haare sind an der Wurzel braun, an der Spitze bis gegen ein Drittheil der Haarlänge hin fahlgelb. Das Wollhaar übertrifft, laut Radde, an Fülle das jedes anderen Hundes und würde den Pelz ungemein werthvoll machen, wäre das Deckhaar nicht struppig wie das des Dachses, und störte nicht die vielfach abändernde Gesammtfärbung die Gleichmäßigkeit eines aus solchen Fellen, bereiteten Pelzes. Im Sommer ist die Färbung merklich dunkler, weil die nach der Härung allmählich auswachsenden Grannenhaare an der Spitze noch nicht ausgebleicht sind. Die Länge des Thieres, einschließlich des 10 Centim. langen Schwanzes, beträgt 75 bis 80 Centim., die Höhe am Widerrist nur 20 Centim.
Gray beschrieb den Marderhund nach einem ihm wahrscheinlich von China zugegangenen Balge, Temminck zwei Jahre später dasselbe Thier unter seinem zweiten Namen nach den von Siebold aus Japan mitgebrachten Stücken. Gegenwärtig wissen wir, daß unser Hund nicht allein in Japan und China, von Kanton bis zum Amurflusse vorkommt, sondern wahrscheinlich im ganzen gemäßigten Ostasien auftritt und im Nordosten seines Verbreitungsgebietes auch wohl bis zum 51. Breitengrade hinaufgeht. Im Stromgebiete des oberen Amur und seiner Zuflüsse scheint er besonders häufig zu sein, Gegenden mit fischreichen Gewässern überhaupt anderen vorzuziehen und sich daher soviel wie möglich an die Flußthäler zu halten. Doch traf ihn Radde, dem wir eine ziemlich eingehende Schilderung seines Lebens, die einzige, welche wir besitzen, verdanken, auch in den sich sanft verflachenden, nur licht bewaldeten Ostabhängen des Burejagebirges an.
Nach den von Radde an freilebenden und gefangenen Marderhunden gesammelten Beobachtungen ist die Lebensweise ungefähr folgende: Wie Wolf, Schakal und Korsak nicht eigentlich an eine bestimmte Oertlichkeit gebunden, durchschweift der Marderhund ein ziemlich weites Gebiet, im Sommer vielleicht ohne Wahl, im Winter in Fluß- und Bachthälern sich festsetzend. Am Tage schläft er, in sich zusammengeknäuelt, Kopf und Pfoten von seinen langen Haaren fast gänzlich bedeckt, hinter hohen Binsenhumpen, welche den unteren Theil seiner Lieblingsthäler in weiter Ausdehnung unwegsam machen, vielleicht auch in verlassenen Fuchs-und anderen Thierbauten, des Nachts zieht er zur Jagd aus. Er läuft nicht rasch, hat in seinen Bewegungen etwas schleichkatzenartiges, beugt den Rücken oft zum gekrümmten Buckel und macht plötzlich Seitensprünge. Wie der Fuchs geht er nachts gern auf dem Eise, nimmt womöglich die alte Spur auf, macht kleinere Sätze als Reineke, stellt selten alle vier Füße in eine gerade Linie und springt öfter, als er trabt. Seine Stimme ist ein leises Miauen, im Zorne ein eigenthümliches Knurren, auf welches ein sehr langgezogenes klägliches Winseln zu folgen pflegt. Bei Tage scheu und furchtsam, hält er des Nachts selbst den ihm überlegenen Hunden muthig Stand; wenig vorsichtig und äußerst gefräßig, fällt er leicht Fallen und Gift zum Opfer. Seine Jagd gilt vor allem Mäusen und Fischen. Erstere verfolgt er im Sommer gemeinschaftlich mit anderen seiner Art oder seinen Familiengliedern und begibt sich zu diesem Zwecke in die Ebenen und Verflachungen des Gebirges; die Gesellschaft zerstreut sich, von einem Punkte in Bogenlinien auslaufend, an einem zweiten sich wieder begegnend und in gleicher Weise die Jagd weiter betreibend. Den Fischen stellt er wie der Fuchs eifrig nach, lungert und lauert daher an allen Bächen und Flüssen, frißt die geschuppten Wasserbewohner überhaupt so gern, daß er, so lange er genug von ihnen hat, Fleisch von höheren Wirbelthieren liegen läßt. Acht bis zehn spannenlange Fische verzehrt er auf einmal ohne befriedigt zu werden, scheint im Gegentheile, wenn er seine Lieblingskost vor sich hat, geradezu unersättlich zu sein. Frisch gefangene oder ihm neu zugeworfene Fische beißt er rasch einige Male in den Kopf, um sich ihrer gewiß zu versichern. Außerdem sind ihm Pflanzenstoffe der verschiedensten Art, beispielsweise Beeren, Holzäpfel, nach Versicherung der Birar-Tungusen auch Eicheln, sehr willkommen: er ist mehr Allesfresser als irgend ein anderer Hund. Den Winter verbringt er übrigens nur dann im Freien, wenn er nicht Gelegenheit fand, sich zu mästen; anderenfalls legt er sich, nachdem er schließlich noch wie Bär und Dachs die abgefallenen Holzäpfel aufgelesen hat, im November in verlassenen Fuchsbauten oder tiefer gehenden Erdlöchern zu einem nicht allzulangen Winterschlafe nieder, erinnert also auch in dieser Hinsicht mehr an gewisse Marder als an Hunde. Radde traf ihn während der Wintermonate im Gebirge nur äußerst selten an und erfuhr jene ihm mit Recht überraschende Thatsache von den, wie alle von der Jagd lebenden Völkerschaften, sehr genau beobachtenden Tungusen, welche noch mittheilten, daß unser Hund nur in frostfreien Höhlen überwintert.
Mit Strychninpillen fängt man den Marderhund leicht, findet ihn jedoch nicht immer ohne längeres Suchen auf, weil er die ganze Pille verschlingt und weit mit ihr geht, bevor er fällt: Radde erlangte die mit Gift getödteten Thiere gewöhnlich an den offenen Blänken der Flüßchen, wo sie zuletzt noch getrunken hatten. Rasche und geübte Hunde stellen das Thier bald und bewältigen es nach kurzem Kampfe. Die Eingeborenen Sibiriens, Japaner und Chinesen essen das Fleisch und verarbeiten das Fell hauptsächlich zu Wintermützen.
Gefangene Marderhunde gewöhnen sich ziemlich rasch an den Menschen, verlieren auch bald ihre Wildheit, nicht aber ebenso ihre Furchtsamkeit. Anfänglich fressen sie nur dann, wenn sie sich unbeachtet glauben, später machen sie, zumal angesichts von Fischen, keine Umstände mehr. Nach jeder tüchtigen Mahlzeit schlafen sie tief und lange. Sie sind sehr reinlich, wählen sich stets einen trockenen Winkel zum Lager und setzen flüssige wie feste Ausleerungen auf besonderen und verschiedenen Stellen ab.
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