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Großohrfüchse ( Megalotis).

Allerliebste Füchschen bewohnen Afrika und die angrenzenden Theile Asiens. Zwerge der gestimmten Hundefamilie und der Fuchssippschaft insbesondere, ungemein zierlich gebaut und mit fahlgelbem Fell bekleidet, unterscheiden sie sich von den Verwandten namentlich durch die großen Ohren, welche bei zwei von ihnen alles gewohnte Maß weit überschreiten, aber auch bei den übrigen Arten der Gruppe die Lauscher anderer Füchse merklich übertreffen. Man hat sie in einer besonderen Sippe vereinigt und Großohrfüchse ( Megalotis) oder Feneks ( Fenecus) genannt, obschon ihr Gebiß dem anderer Füchse gleichartig ist und demgemäß ihre Trennung von diesen angefochten werden kann. Eine wohlbegrenzte, leicht kenntliche Untersippe bilden sie jedenfalls.

Alle Großohrfüchse geben sich als treue Kinder ihrer Heimat kund. Wer auch nur oberflächlich mit den Erzeugnissen des Landes bekannt ist, welches sie beherbergt, muß sie augenblicklich als Wüsten- oder Steppenthiere erkennen und wird sogar im Stande sein, ohne von ihrem Aufenthalte etwas zu wissen, sie sofort unter den übrigen Wüsten- oder Steppenthieren einzureihen. Ich habe schon einmal erwähnt, daß alle Thiere, welche die Wüste hervorbrachte, eigenthümlich gestaltet und gezeichnet sind. Die große Allmutter gibt den Geschöpfen, welche sie in ihrem Schoße hegt, das entsprechendste Gewand: alle Wüstenthiere zeichnen sich vor den übrigen nicht bloß durch das Kleid, sondern noch mehr durch den leichten und schönen Leibesbau aus. Das Kleid hat unter allen Umständen mehr oder weniger die Färbung des Sandes; denn alle Abweichungen von dem Sandgelb, welche Vorkommen, sind unwesentlich. Der Leib ist verhältnismäßig klein, dabei aber äußerst zierlich und leicht gebaut, und gleichwohl zu den schnellsten Bewegungen und zu überraschender Ausdauer befähigt. Dazu besitzen sämmtliche Wüstenthiere eine Schärfe der Sinne, wie sie in solcher Einhelligkeit nur bei wenig anderen Geschöpfen gefunden wird; und allen endlich wohnt ein frischer, fröhlicher Geist inne, eine Liebe zur Freiheit, ein Hang zur Unabhängigkeit und ein Selbstbewußtsein ohne Gleichen. Nicht bloß der gelbbraune Beduine ist frei, leiblich wie geistig, auch die höheren Thiere seiner Heimat sind es; auch sie leben und athmen bloß, wenn sie ihre Wüste um sich haben. In der Färbung kommen Abweichungen, Veränderungen vor: in dem geistigen Wesen gleichen oder ähneln sich alle Wüstenthiere.

Die Wüste ist zu arm an Nahrung, als daß sie große Thiere ernähren könnte; es finden sich deshalb in ihr nur verhältnismäßig kleine, zierliche Geschöpfe, deren geringe Körpergröße wenig Nahrung bedarf. Und auch diese spärliche Nahrung kann nicht so ohne Beschwerde errungen werden: deshalb verlieh die Wüste ihren Kindern die nöthige Behendigkeit und Ausdauer, schärfte sie ihnen die Sinne, um auch das wenige wahrzunehmen, was sie ihnen bieten konnte. Große Lauscher setzen unsere Füchse oder alle Wüstenthiere überhaupt in den Stand, auch das geringste Geräusch zu vernehmen, scharfe Seher gestatten ihnen einen weiten Ueberblick, die feine Nase bringt jeden Geruch zum Bewußtsein. Ihr dem Erdboden gleichgefärbter Balg verbirgt sie selbst auf ganz kahlen Stellen den Blicken in überraschender Weise. So erscheinen sie alle wohlbefähigt, in ihrer Heimat zu leben und glücklich zu sein. Auch unsere kleinen Räuber sind ganz vortrefflich ausgerüstet, in diesem Gebiete als Jäger aufzutreten. Sie machen immer noch genug Beute, um sich ohne große Sorge ernähren zu können. Von einem der zu unserer Gruppe zählenden südafrikanischen Füchschen, den Kama ( Canis Caama), erzählt man, daß er sich selbst an Straußeneier mache und wirklich fähig wäre, ein ganzes Ei des Riesenvogels auf eine Mahlzeit zu fressen. Diese Behauptung aber beruht wohl bloß auf den Anschauungen der Kaffern über die Eßfähigkeit eines Geschöpfes, soweit solche durch die eigenen Erfahrungen begründet sind; denn bekanntlich ist ein einziges Straußenei hinreichend, um vier Menschen zu sättigen, und also unmöglich, anzunehmen, daß ein Füchslein, welches kaum halb so groß ist als unser Reineke, eine größere Eßlust zeigen sollte als vier Menschen zusammengenommen. Das kleine Thierchen ist nicht im Stande, ein so großes Ei fortzuschleppen, aber es weiß sich doch zu helfen: es rollt nämlich, so sagt man, das Ei einfach vom Neste aus bis zu seinem Baue hin und öffnet es hier in einer ebenso einfachen als gescheiten Weise. Für sein schwaches Gebiß ist die harte Schale viel zu stark; sie erlaubt den scharfen Zähnen wegen der Glätte und des großen Durchmessers des Eies nicht einmal eine ordentliche Ansatzfläche. So muß der Kama auf andere Mittel denken, um sie zu zerschellen. Im Baue angekommen, rollt er das Ei über einige Steine hinab, bis es zerbricht, und ist dann geschwind bei der Hand, um den herausfließenden Inhalt aufzulecken.

Wüstenfuchs.

Wenn die glutstrahlende Sonne sich zur Erde neigt und alle Tagesgeschöpfe noch einmal neulebendig geworden sind in der Kühle des Abends, denkt eine mehr oder weniger düstere und dennoch so schmucke Schar daran, ihr Tage- oder besser Nachtwerk zu beginnen. Von den greulichen Hiänen und den heulenden Schakalen, welche um diese Zeit hungrig nach Nahrung umherstreifen, will ich hier nicht reden, und der Karakal, der Wüstenluchs, ist uns bereits bekannt geworden: es gilt jetzt, noch einen dieser Räuber, und zwar den zierlichsten und schmucksten von allen, vorzustellen. Das ist der Fenek oder Wüstenfuchs ( Canis Zerdo, Vulpes, Megalotis und Fenecus Zerda s. Zerdo, F. arabicus, und Brucei, Vulpes zaarensis und minimus, Viverra aurita), ein Thier, welches noch besser als die Gazelle selbst die Wüste kennzeichnet. Man denke sich ein Fuchsgesicht, zart und sein, listig, pfiffig und schlau im Ausdrucke wie das unseres Reineke; aus diesem Gesichte aber treten ein Paar ungewöhnlich große Augen hervor, und zu beiden Seiten dieses Gesichtes strecken sich gewaltige Lauscher, so großartige Ohren heraus, wie sie nicht nur in der ganzen Fuchssippe, ja kaum in der gesammten Hundefamilie wiederzufinden sind. Auf ungemein zarten, zierlichen Füßchen ruht der schlanke Leib, und eine dicke, lange und buschige Lunte endet ihn. Das ganze Thier zeigt augenblicklich an, daß es ebenso gewandt als behend sein muß, und gibt schon äußerlich die vorzügliche Schärfe seiner Sinne kund.

Mit der Dämmerung hört man zuweilen ein leises Kreischen, welches nicht wohl beschrieben werden kann, und sieht, wenn man glücklich ist, zwischen den Sandhügeln, zwischen dem Geklüfte oder in den Niederungen zwischen dem Grase unseren Fenek dahinschleichen, äußerst bedachtsam, äußerst vorsichtig, lauernd, äugend, witternd, lauschend nach allen Seiten hin. Da ist nichts, was der Aufmerksamkeit dieses durchgebildeten Raubgesellen entginge. Die Heuschrecke dort, welche den letzten Abendsprung macht, hat so viel Geräusch hervorgebracht, daß es die großen Lauscher des Fenek wohl vernommen haben, und mehr neugierig als eßlustig schleicht die zierliche Gestalt herbei, um ihr den Garaus zu machen; oder die gewandte Eidechse hat sich geregt, und im Nu ist der Fenek bei der Hand, um zu sehen, was es gebe. Doch seine Hauptnahrung besteht in anderen Thieren, namentlich in Vögeln. Wehe der Wüstenlerche, welche zufällig nahe des Weges sitzt, den der Fenek wandelt! Sie ist verloren, wenn sie nur einmal den Flügel regt, ein Kind des Todes, wenn sie, träumerisch an ihr einfaches Lied gedenkend, einen einzigen Ton vernehmen läßt! Wehe auch dem Flughuhn, gerade ihm strebt der Fuchs am eifrigsten nach! Er braucht nicht viel zu fangen: ein einziges gibt einen leckeren Braten, hinreichend für ihn und vielleicht auch für seine hungrige Sippschaft. Da muß man ein Schleichen sehen, wenn in die feine Nase des feinen Stromers eine Witterung gekommen ist von einer Flughuhnkette! Vielleicht hat bloß eines oder das andere den Pfad gekreuzt, auf welchem der Gaudieb dahinstrolcht, aber das genügt. Sorgfältig wird die Fährte aufgenommen, mit tiefgesenkter Nase geht es weiter, lautlos, unhörbar und unsichtbar. Der Fenek kennt die Flughühner wohl, und sein Auge ist schärfer als das der meisten Reisenden. Er läßt sich nicht täuschen von ähnlich gefärbten Steinen oder Erdhaufen; denn seine Nase und sein herrliches Gehör sprechen ein Wörtchen mit beim Aufspüren. So gering auch das Geräusch ist, welches ein Flughuhn hervorbringt, wenn es in seinem Federwamse nestelt, so wenig sichtbar die Bewegung scheint, welche ein sorgenvolles Männchen macht, auch im halben Schlafe noch, um zu sichern, und so unbedeutend, für uns unbegreiflich, der Geruch ist, welchen die Fährte eines Huhnes zurückließ: dem Fenek entgeht es nicht. Sieh da! er hat die volle Ueberzeugung gewonnen und schleicht jetzt heran, fast auf dem Bauche kriechend, unwahrnehmbar für Auge wie für Ohr. Dort, hinter dem letzten Busche macht er Halt. Wie glühen die Augen, wie sind die Lauscher gebreitet und vorgespannt, wie gierig spürt er nach den sich sicher träumenden, schlummermüden Vögeln hin. Die ganze Gestalt ist lebendig, und doch sieht man keine Bewegung; die ganze Seele des Fuchses liegt in seinem Gesichte, und doch erscheint dieses so starr und ruhig wie er selbst, welcher aus Wüstensand geformt zu sein scheint. Da, ein einziger Sprung, ein kurzes Flattern: das Flughuhn hat geendet. Schnell stürmen die anderen empor, schallend klatschen die Flügelschläge. Sie irren unsicher in der Nacht umher und fallen nach kurzer Zeit wieder ein im Riedgrase, vielleicht kaum wissend, welcher nächtliche Besucher sie aufgescheucht.

Der Fenek ist der kleinste aller Füchse. Sammt seiner Standarte, deren Länge etwa 20 Centim. beträgt, mißt er höchstens 65 Centim. und wird am Widerrist kaum 20 Centim. hoch. Der ganze Leibesbau ist ungemein fein, der Kopf sehr zugespitzt, die großen Augen haben rundliche Augensterne, welche von einer braunen Regenbogenhaut eingefaßt werden. Als das ausgezeichnetste am ganzen Thiere erscheinen aber unzweifelhaft die Lauscher. Sie haben fast Kopfeslänge und sind etwas mehr als halb so breit. Das Thier gewinnt durch sie ein wahrhaft abenteuerliches Ansehen, sie machen den Fenek gewissermaßen den Fledermäusen ähnlich. Ihre Innenränder sind weiß behaart und zwar derartig, daß von der Ohröffnung zwei Haarbüschel aufsteigen, welche sich, sozusagen, in einem Barte fortsetzen nach der oberen Spitze hin, dort aber kürzer und dünner werden. Die kleine Schnauze zieren lange, borstenartige Schnurren, welche ebenfalls wesentlich zu dem äußeren Gepräge des Thieres gehören. Der Balg ist seidenweich und verstärkt sich zur Winterzeit durch ein sehr dichtes Wollhaar, welches sich während der Raue durch Anstreichen des Körpers an Aesten etc. flockenartig löst. Man sollte eigentlich nicht glauben, daß der Fenek in seiner warmen Heimat einen dichten Balg nöthig hätte; allein der kleine Gesell scheint gegen die Kälte äußerst empfindlich zu sein und genügenden Schutzes zu bedürfen. Die Färbung der ganzen Oberseite ähnelt durchaus der des Sandes, die Unterseite ist weiß, und auch über dem Auge befindet sich ein weißer Flecken, vor demselben aber ein dunklerer Streifen. Die sehr lange buschige Standarte sieht fast ockerfarben aus, ein Fleck an der Wurzel und die Blume sind schwarz. Bei dem Weibchen ist der Balg immer mehr strohgelb, wie er auch bei zunehmendem Alter bei weitem lichter wird.

Das merkwürdige Thier wurde zuerst von Skjöldebrand, schwedischen Konsul in Algier, bekannt gemacht und später von Bruce beobachtet und abgebildet. Die Mauren nennen es Zerda, die Araber Fenek, und diesen Namen führt unser Füchschen auch in allen Nilländern. Er bewohnt den ganzen Norden Afrika's, findet sich aber bloß in den echten Wüsten, und zwar in den Niederungen, welche reich an Wasser sind und mehr das Gepräge der Steppen tragen, obwohl sie nicht den Reichthum dieser letzteren nachweisen können. An geeigneten Orten nicht gerade selten, wird der Fenek, weil er sehr vorsichtig und flüchtig ist, gar nicht häufig gefangen; wenigstens kommt er in Thiergärten und Thierschaubuden immer äußerst selten und einzeln vor, ist selbst in den Museen noch keineswegs eine gewöhnliche Erscheinung.

Seine Naturgeschichte war bis in die neueste Zeit sehr unklar. Anfänglich berichtete man die sonderbarsten Dinge über ihn. Es wurde erzählt, daß er nicht wie andere Füchse in Bauen, sondern wie Katzen auf Bäumen lebe; man behauptete, daß er weniger kleinen Vögeln als vielmehr Datteln und anderen Früchten, welche seine Hauptnahrung ausmachen sollten, nachgehe, und dergleichen mehr. Rüppell ist der erste, welcher diesen Angaben widerspricht und den Fenek als echten Fuchs hinstellt; seine Beschreibung ist aber noch immer kurz und für uns unvollständig und ungenügend. Da hat mir nun mein lieber Freund und Reisegefährte Dr. L. Buvry, welcher den Fenek sowohl im Freien wie in der Gefangenschaft genau beobachtete, eine anmuthige Beschreibung ausdrücklich für dieses Werk mitgetheilt. Einen guten Theil von dieser Schilderung habe ich bereits in vorstehendem verwendet, das übrige ist folgendes:

»Das Wesen des Fenek ist durch seine eigenthümliche Leibesgestalt genugsam ausgeprägt; denn die zarten, dünnen Läufer zeigen die Behendigkeit und Schnellfüßigkeit, welche er besitzen muß, auf den ersten Blick, und das Gesicht spricht so deutlich von der Scharfsichtigkeit, Feinhörigkeit, Klugheit und Schlauheit des Fuchses, daß sein Ausdruck nicht falsch verstanden werden kann. Man darf wohl sagen, daß es kaum einen vollendeteren Fuchs als dieses Wüstenkind gibt.

»Wie der Fuchs legt auch der Fenek einen Bau unter der Erde an, am liebsten in der Nähe des schachtelhalmähnlichen Pfriemenkrautes, welches den spärlichen Pflanzenwuchs der Wüstengegend Algeriens bezeichnet, wahrscheinlich, weil in der Nähe desselben der Boden immer etwas fester ist und den vielen Röhren, welche zu dem Kessel im Baue führen, einige Haltbarkeit gewährt. Gewöhnlich sind diese Röhren nur flach, und auch der Kessel liegt nicht tief unter der Oberfläche der Erde. Er ist unten mit Palmenfasern, Federn und Haaren ausgefüttert und besonders ausgezeichnet durch seine große Reinlichkeit. Das Graben versteht der Fenek meisterhaft. Seine Vorderläufe arbeiten dabei so schnell, daß man den Bewegungen derselben mit den Augen nicht folgen kann. Dieser Gewandtheit verdankt er zuweilen die Rettung seines Lebens; denn bei Verfolgung scharrt er sich wie ein Gürtel- oder Schuppenthier geradezu in die Erde ein. In Begleitung eines Haufens berittener Araber verfolgte ich einstmals einen Wüstenfuchs, welcher in geringer Entfernung vor uns hertrabte, und sah mit Verwunderung, daß er plötzlich vor unseren Augen entschwunden war. Aber ich kannte seine Kniffe, und sein Kunststückchen sollte ihm diesmal schlecht bekommen. Ich stieg vom Pferde, grub ihm nach und zog nun das überraschte Thier unter dem Jubel meiner Begleiter lebendig aus seinem Schlupfwinkel hervor.

»Bei Tage schläft der Fenek in seinem Baue. Dabei rollt er sich zusammen und verbirgt seinen feinen Kopf fast ganz unter der buschigen Standarte, nur die Lauscher bleiben frei. Das geringste Geräusch schreckt den schlafenden Wüstenfuchs augenblicklich auf. Wird er überrascht, so wimmert er wie ein kleines Kind und bezeugt dadurch gewissermaßen einen unangenehmen Eindruck der gestörten Ruhe. Mit sinkender Sonne verläßt er den Bau und wendet sich zunächst den Tränkplätzen zu. Dabei hat man bemerkt, daß er niemals geradenwegs über die Sanddüne geht, sondern immer die Tiefen derselben aufsucht und sich somit möglichst gedeckt fortschleicht. Die Brunnen der Niederungen bestehen zumeist aus einfachen trichterartigen Löchern, weil der sandige, von Thonerde durchsetzte Boden senkrecht eingeteufte Schachte unmöglich macht. Um diese Löcher herum ist die Erde meistens etwas feucht, und hier prägt sich die Fährte des Fenek gewöhnlich so klar aus, daß man den eigenthümlichen Bau der eng zusammenstehenden Pranken mit den überragenden, namentlich an den Hinterläufen stark hervortretenden Krallen deutlich wahrnehmen kann.

»Der auf Jagd ausziehende Fenek kommt zuerst zum Brunnen und säuft hier anhaltend und begierig, bis er vollkommen gesättigt ist. Nach diesem ersten Geschäfte sucht er seinen Hunger zu stillen, und dabei kommt ihm seine feine Nase trefflich zu Statten. Hier überrascht er eine große Wüsten-, dort eine Isabelllerche, und wenn dieselbe auch auffliegt, er versteht es dennoch, ihr wieder aufzulauern, und erlangt sie schließlich gewiß. Kleine Vögel sind seine Lieblingsspeise. Deshalb schont er auch kein Nest, dasselbe mag Eier oder Junge enthalten. Fehlen ihm Vögel oder Eier, so nimmt er mit Eidechsen, Käfern und Heuschrecken vorlieb, ja er verschmäht es auch nicht, mit den Rennmäusen ( Meriones) oder Springmäusen ( Dipus) anzubinden, obgleich ihm diese kaum weniger Arbeit verursachen als die Vögel. Von ersteren fand ich oftmals Haare und Ueberreste in dem Baue des Fenek. Gelegentlich stattet unser Füchslein auch den Palmenhainen einen Besuch ab, und hier gewähren ihm die Datteln einen Leckerbissen; denn gleich unserem Reineke verschmäht auch er Früchte keineswegs, verspeist im Gegentheile selbst Wassermelonen.

»Nach den Berichten der Eingeborenen soll die Füchsin im Monat März drei bis vier Junge wölfen. Dieselben sollen blind zur Welt kommen, ein ungemein zierliches Aussehen haben und mit gelblichen Haaren bedeckt sein. Allen Aussagen zufolge liebt die Mutter das kleine reizende Gewölfe mit derselben Zärtlichkeit wie unsere Füchsin ihre Nachkommenschaft.

»Man fängt den Fenek in Haarschlingen, welche bei Tage in dem Ausgange seines Baues befestigt werden, oder gräbt ihn aus; doch ist die letztere Fangart oft erfolglos. Auffallenderweise pflegt er die Schlinge, in welcher er sich gefangen hat, nicht entzweizubeißen, was unser Reineke ganz unzweifelhaft thun würde, versucht dies selbst dann nicht, wenn bei seinen Anstrengungen, frei zu werden, die Schlingen sich so fest zusammenschnüren, daß die Lederhaut zerrieben und das rohe Fleisch des Laufes bloßgelegt wird. Der Grund ist wahrscheinlich in dem allzufeinen Gebisse zu suchen; dieses ist überhaupt nicht dazu eingerichtet, feste Körper zu bewältigen, und die Muskelkraft der Kiefern auffallend gering. Einen Beweis hierzu lieferten mir drei lebende Feneks, welche, wenn sie nicht frei waren, d. h. in der Stube umherlaufen durften, in einem leichten Käfige eingesperrt wurden. Dieser war vorn bloß durch ein Gitter von ungefähr zollstarken Fichtenstäben verschlossen, und obwohl die Füchse an den Stäben bei Nacht fortwährend arbeiteten, ist es ihnen doch niemals gelungen, sich durchzubeißen.

»In der Gefangenschaft ist der Fenek, vorzüglich wenn er jung in die Gewalt des Menschen kam, ein äußerst lebendiger, höchst vergnüglicher Gesellschafter. Er wird sehr bald zahm und mit seinem neuen Herrn vertraut. Manche werden so anhänglich, daß sie dem Menschen folgen, aus- und eingehen und abends in ihren Käfig zurückkehren. Weniger liebenswürdig zeigt er sich gegen andere seiner Art. Mehrere Feneks beißen sich gelegentlich, und die Weibchen haben nicht selten unter der schlechten Laune des Männchens zu leiden; ja bei mir ereignete es sich sogar, daß ein unzartes und unhöfliches Männchen ein reizendes Weibchen umbrachte. Meine Gefangenen liebten die Wärme über alles, und oftmals ist es vorgekommen, daß sie sich in noch glühender Kaminasche Pelz und Pfoten verbrannten, ohne den Platz zu verlassen. Vor offenem Feuer muß man sie schützen; denn ich erlebte es mehrmals, daß sie ohne weiteres in dasselbe hineinsprangen. Wenn ich speiste, saß mein Lieblingsfenek stets zu meinen Füßen und las sorgsam alles auf, was ich vom Tische warf. Milch und Semmel gehörten zu seinen bevorzugten Speisen. In meiner Stube hatte ich auch Käfige mit Vögeln hängen, welche das Thier lebhaft anzogen. Es war seine Hauptbeschäftigung, stundenlang den Bewegungen der Vögel zu folgen. Er entwickelte dabei ein bewunderungswürdiges Mienenspiel, bei welchem die Begierde nach den fröhlichen Vögeln sehr deutlichen Ausdruck gewann.

»Bei zweckmäßiger Behandlung und guter Pflege kann der Fenek lange in der Gefangenschaft aushalten. Mein Liebling lebte noch zwei Jahre im Berliner Thiergarten und endete nur durch ein trauriges Misverständnis sein Dasein. Er folgte nämlich heimlich dem Wärter, als dieser seinen Käfig verließ, und ging mit ihm in den Behälter des Schakals. Dieser ungastliche Gesell erwürgte ihn augenblicklich zum größten Leidwesen Aller, welche den liebenswürdigen und eigenthümlichen Burschen kennen gelernt hatten. Vor Erkältung muß man diese echten Söhne der glühenden Sahara besonders in Acht nehmen, weil sie infolge einer solchen von einer Augenkrankheit befallen werden, welche fast immer mit dem Tode endet.«

In den letzten Jahren habe ich den Fenek in verschiedenen Thiergärten gesehen. Einer mir sehr auffallenden Beobachtung, welche ich in Paris machte, muß ich hier Erwähnung thun. Im Raubthierhause des Jardin des Plantes lebte ein Pärchen, welches der Kälte wegen noch in dem heizbaren Raume gehalten und von den Wärtern selten besucht wurde. Um so größer schien die Freude der Thiere zu sein, wenn endlich Jemand kam. Sie geberdeten sich wie unsinnig, hüpften und sprangen lebhaft umher, ließen freudige Töne hören und kamen zuletzt so in Aufregung, daß sie sich begatteten! Ich besuchte sie mehrere Male: es geschah jedesmal dasselbe, und ich darf also wohl vermuthen, daß die schließlich eintretende Brunst nichts anderes als die Folge der maßlosen Aufregung der Thiere war. Dieses merkwürdigen Gebarens ungeachtet, muß ich meinem Freunde beistimmen: der Fenek ist der liebenswürdigste Fuchs der Erde.

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