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Ein schlanker Körper mit schlanken Gliedmaßen und sehr langem, dünnem und schlaffem Schwanze, der runde Kopf mit bartlosem Gesichte und kurzer Schnauze, hellen Augen und großen Ohren, und fünfzehige Hände und Füße kennzeichnen eine kleine Gruppe amerikanischer Affen, welche man wegen ihrer Beweglichkeit Springaffen ( Callithrix) genannt hat.
Wichtiger als die angegebenen äußeren Merkmale sind die Eigenthümlichkeiten des Zahnbaues und Gerippes. Die Schneidezähne stehen fast senkrecht; die kleinen Eckzähne sind kegelförmig und innen ausgeschweift; der vordere einspitzige Backenzahn zeigt innen einen kleinen Grundhöcker; die beiden folgenden sind breiter als lang, außen zweispitzig und innen mit zwei kleinen Höckern versehen; der letztere ist ein kleiner Höckerzahn; die ersten drei unteren, einspitzigen haben innen einen Höcker, die drei hinteren sind etwas länger als breit und vierspitzig. Im Gerippe zählt man 12 bis 13 Rippen-, 7 Lenden-, 13 Kreuz- und 24 bis 32 Schwanzwirbel. Unter den weicheren Theilen zeichnet sich besonders der Kehlkopf durch seine Größe aus.
Die Springaffen leben in kleinen Gesellschaften, welche aus einer oder einigen Familien bestehen, in den stillen Waldungen Südamerikas und machen sich hier durch ihre laute Stimme sehr bemerklich. Im Gezweige bewegen sie sich mit kurz zusammengezogenem Leibe verhältnismäßig langsam, jedenfalls nicht so schnell als die behenden Rollaffen, unterscheiden sie sich auch von diesen auf den ersten Blick durch ihre Stellung und das lange Haar, welches ihnen ein bärenartiges Ansehen verleiht, sowie endlich durch den schlanken Schwanz, welcher gewöhnlich gerade herabhängt, seltener aufrecht getragen wird. Ihre Stimme, nach der der Brüllaffen die stärkste und weitschallendste, welche man von den dortigen Affen vernimmt, verräth sie auf fernhin dem Jäger, welcher ihnen ihres zarten und leckeren Fleisches halber eifrig nachstellt. Wohl mit aus diesem Grunde zählen sie zu den scheuesten Arten ihrer Familie und entfliehen sogleich, wenn man sich ihnen nähert. Thierfreunde, also namentlich die Indianerhorden, suchen sie übrigens am liebsten lebend und im Jugendzustande zu bekommen, um sie zu erziehen; denn ihr Wesen ist außerordentlich sanft, und sie werden im höchsten Grade zahm und zutraulich.
Dank den Forschungen zweier ausgezeichneten Naturforscher, des Prinzen von Wied und Humboldts, kennen wir die Lebensweise zweier Arten der Gruppe, des Sahuassu und des Wittwenaffen, sehr genau. Bei dem ersteren ( Callithrix personata, Simia personata) ist nach Wied der ganze Kopf von der Brust an bis auf die Mitte des Scheitels bräunlichschwarz, der Hinterkopf und Oberhals gelblichweiß, der übrige Leib fahlblaßgraubräunlich, das Haar an der Spitze heller blaßgelblich; am Vorderarme werden die Haare dunkler und ihre Spitzen stechen mehr hervor; Hände und Füße sind schwarz, die inneren Seiten der Vorderarme und Schienbeine schwarzbraun, die Vorderseiten der Hinterschenkel fahlhellgelblichgrauweiß; das Bauchhaar hat graubraune Färbung und röthliche Spitzen; der Schwanz endlich ist röthlichgraubraun, auf der Unterseite und an der Wurzel rostroth. Bei den Weibchen erscheint die Färbung blässer; auch fehlt ihnen der weiße Hals- oder Hinterhauptfleck; die Vordertheile sind mehr weißlich, die Vorderarme und Hinterbeine etwas gelblich, die Hinterbeine innen dunkelgraubraun, die Vorderarme bis zu den Elnbogen schwarzbraun gefärbt. Die Iris ist gelbbraun, bei manchen Stücken, welche sich außerdem dadurch auszeichnen, daß die Behaarung der Zehen mit Weiß gemischt erscheint, graubraun, wie dies nach dem Prinzen von Wied bei den meisten brasilianischen Affen der Fall zu sein pflegt. Uebrigens ändern auch die Sahuassus in der Färbung mehr oder weniger ab und haben deshalb Veranlassung gegeben, mehrere Arten aufzustellen. Die gesammte Länge beträgt 82, die Leibeslänge 32, die Schwanzlänge 47 Centim.
»Der Sahuassu«, bemerkt der Prinz von Wied, »wurde von uns zuerst in den großen Urwäldern gefunden, welche die Ufer des Itabapuana und des Itapemirim beschatten; wir fanden ihn ferner am Iritaba und am Espirito Santo und nördlich bis über den Rio Doçe hinaus. Spix begegnete ihm außerdem in der Nähe von Rio-de-Janeiro. Hier in den großen ununterbrochenen Waldungen, in denen sie selten beunruhigt werden, leben diese angenehmen, harmlosen Geschöpfe in kleinen Gesellschaften von einer oder einigen wenigen Familien beisammen, nach verschiedenen reifenden Früchten umherziehend und so einen größeren Theil der Wälder durchwandernd, zu gewissen Zeiten aus einer Gegend verschwindend und plötzlich wieder nach dem gewohnten Standorte zurückkehrend. Ihre durch die stille einsame Wildnis weitschallende Stimme, welche von beiden Geschlechtern ausgestoßen und häufig vernommen wird, klingt wie ein Röcheln und kann einigermaßen nachgeahmt werden, indem man den Athem abwechselnd schnell hintereinander einzieht und wieder ausstößt. Schleicht man ihnen nach, so sieht man sie etwas gebückt auf den Zweigen sitzen, wobei der Schwanz schlaff herabhängt; sobald sie aber etwas Fremdartiges bemerken, eilen sie, dicke Hauptäste bevorzugend, schnell durch das Gezweige weg und schweigen dabei vollkommen, da sie ihre laute Stimme überhaupt nur bei vollkommener Ruhe und bei schönem, warmem Wetter morgens und abends vernehmen lassen. Sie werfen nur ein Junges, welches die Mutter so lange mit sich umherträgt, bis es stark genug ist, den Alten selbst überall folgen zu können.« Im Monate Oktober fand der Prinz von Wied schon starke Junge; doch erlegte man zu derselbenZeit auch noch tragende Weibchen. »Schießt man«, erzählt unser Gewährsmann, »die Mutter von einem Baume herab, so erhält man gewöhnlich das Junge, welches sie auf dem Rücken oder unter dem Arme zu tragen pflegt, lebend und kann es alsdann leicht erziehen und zähmen; denn es lernt bald fressen und wird äußerst zahm und sanft. Alle Affen dieser Art sind nicht zornig und bissig, wenn man sie verwundet, sondern zeigen das sanfteste Wesen. Bei größter Behaglichkeit schnurren sie wie eine Katze.«
Sowohl die eingeborenen Brasilianer wie die Neger und Indianer stellen dem Sahuassu seines Fleisches wegen nach. Hat der Indianer einen solchen Affen verwundet, und ist derselbe auf dem Baume hängen geblieben, so scheut er die Dicke und Höhe des riesigen Stammes nicht, um ihn zu ersteigen, während in anderen Fällen oft die besten Versprechungen nicht vermögen, ihn aus seiner gewohnten Ruhe zu bringen. Der Puri, welcher die Waldungen der Sahuassu's beherrscht, bindet sich die Füße mit einer Schlingpflanze zusammen und klettert so in eine schwindelnde Höhe hinauf, da ihm jede noch so kleine Unebenheit der Rinde zum Stützpunkte dient.
Noch weit schöner gefärbt als der Sahuassu und eines der schönsten Glieder der Unterfamilie überhaupt ist der Wittwenaffe ( Callithrix lugens, Callithrix torquata, Simia lugens, Simia vidua, Cebus torquatus). Seine Länge beträgt 92 Centim., wovon 51 Centim. auf den Schwanz gerechnet werden müssen. »Das kleine Thier«, sagt Alexander von Humboldt, »hat feines, glänzendes, schön schwarzes Haar, sein Gesicht eine weißliche, ins Blaue spielende Larve, in welcher Augen, Nase und Mund stehen, sein kleines, wohlgebildetes, fast nacktes Ohr einen umgebogenen Rand. Vorn am Halse steht ein weißer, zollbreiter Strich, welcher ein Halsband bildet; die Füße sind schwarz wie der übrige Körper, die Hände aber außen weiß und innen glänzend schwarz. Diese weißen Abzeichen deuten die Missionäre als Schleier, Halstuch und Handschuhe einer Wittwe in Trauer.
»Die Gemüthsart dieses kleinen Affen, welcher sich nur beim Fressen auf den Hinterbeinen aufrichtet, verräth sich durch seine Haltung sehr wenig. Er sieht sanft und schüchtern aus, berührt auch häufig das Fressen nicht, welches man ihm bietet, selbst wenn er starken Hunger hat. Die Gesellschaft anderer Affen scheint er zu meiden; wenn er des kleinsten Saimiri ansichtig wird, läuft er davon. Sein Auge aber verräth große Lebhaftigkeit. Wir sahen ihn stundenlang regungslos dasitzen, ohne daß er schlief, und auf alles, was um ihn vorging, achten. Seine Schüchternheit und Sanftmuth sind überhaupt nur scheinbar vorhanden. Ist der Wittwenaffe allein sich selbst überlassen, so wird er wüthend, sobald er einen Vogel sieht, klettert und läuft dann mit erstaunlicher Behendigkeit, macht einen Satz auf seine Beute, wie die Katze, und erwürgt, was er erhaschen kann.
»Dieser sehr seltene und äußerst zärtliche Affe lebt auf dem rechten Ufer des Orinoco in den Granitgebirgen hinter der Mission Santa Barbara, ferner in Chaviare bei San Fernando de Atapabo. Ein gezähmter hat mit uns die ganze Reise auf dem Cassiquiare und Rio Negro mitgemacht und ist zweimal mit uns über die Katarakten gegangen.«
Springaffen gehören in unseren Thiergärten zu den größten Seltenheiten, obschon dann und wann einer oder der andere lebend zu uns gelangt. Ich bin niemals so glücklich gewesen, einen einzigen zu sehen und weiß daher aus eigener Beobachtung nichts über ihn mitzutheilen.
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