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Alle bisher erwähnten Füchse weichen durch ihr Gebiß nicht von dem allgemeinen Gepräge ab und vertreten demgemäß Gruppen, denen man den Rang von Sippen strenggenommen nicht zusprechen darf, die noch zu schildernden Arten der Familie hingegen unterscheiden sich nicht allein durch äußerliche Merkmale, sondern auch durch den Zahnbau und verdienen daher unsere besondere Beachtung. So kennzeichnen den Löffelhund ( Otocyon caffer , Canis megalotis und Lalandii, Megalotis, Agrodius und Otocyon Lalandii) äußerlich der schlanke Bau, die hohen Läufe, der etwa der Hälfte der Leibeslänge gleichkommende Schwanz, der kurze spitzschnauzige Kopf und die sehr großen, von vorn gesehen eiförmigen Ohren, mehr aber noch der Zahnreichthum, da das Gebiß aus 48 Zähnen besteht und abweichend von allen Raubthieren vier Backenzähne in jedem Kiefer, oben also zwei Zähne, unten einen Zahn mehr als das Gebiß des Hundes aufweist. Es kommt diese Anzahl von Zähnen jedoch nicht gleichmäßig bei allen Stücken vor; denn Dönitz fand unter vier Schädeln drei, welche oben nur sieben Backenzähne enthielten. Die Gesammtlänge eines anscheinend ausgewachsenen Löffelhundes beträgt 85 bis 90 Centim., wovon genau ein Drittel auf den Schwanz gerechnet werden muß, die Höhe am Widerrist 35 Centim. Ein düsteres, ins Grünliche spielendes Graufahlgelb ist der allgemeine Farbenton des Pelzes; die einzelnen Haare sehen an der Wurzel bräunlich, in der Mitte fahlgelb, an der Spitze hellgelb oder dunkelbraun aus, wodurch eine Sprenkelung entsteht, deren Gesammteindruck dem Felle jene Färbung verleiht. Die Außenseite und ein im oberen Theile scharf ausgesprochener Innenrand der Ohren sind dunkelfahlbraun, die Läufe vorn und außen und der Schwanz auf der Oberseite und an der Wurzel röthlich dunkelbraun, eine wenig deutliche von Auge zu Auge und weiter nach hinten verlaufende Stirnbinde sowie die Unterlippe hellfahlbraun, Kehle und Halsseiten lichtfahlgelb gefärbt.
Jch habe mich vergeblich bemüht, in den mir bekannten Naturgeschichten und Reisebeschreibungen Stoff zu einer einigermaßen genügenden Lebensschilderung des Löffelhundes zu finden. Das Thier bewohnt Südafrika und einen großen Theil Ostafrika's, da es Kirk auch am Sambesi, Speke in Uyoyo im Osten fanden, und soll nach erstgenanntem in Meuten jagen und trotz seiner geringen Stärke Säugethiere bis zur Größe von Antilopen bewältigen, diese heftig verfolgen und nach längerer Jagd zu Boden reißen, sogar den Wildbüffel angreifen und tödten. Diese wenig glaubwürdigen Angaben sind die einzigen, welche ich in gedruckten Werken habe finden können; um so dankbarer bin ich meinem verehrten Freunde Fritsch, das »Thierleben« durch nachstehende Schilderung des Thieres bereichert zu haben.
»Der Löffelhund wird von den Ansiedlern am Vorgebirge der guten Hoffnung wegen seines weinerlichen abgesetzten Gebelles Gna-Schakal genannt; im Se-chuana heißt er »Motlosi«, richtiger »Mo-tlosi«. Sein Lieblingsaufenthalt sind die bebuschten Hochsteppen des Inneren, nördlich vom Orangeflusse; in die Ansiedelung und das obere Natal mag er wohl zuweilen herunterkommen, ist in den vorgedachten Gegenden jedoch viel häufiger als hier. Bei Tage lagert er wie andere seiner Verwandtschaft wohlverborgen in dichtem Gestrüppe oder in den vom Erdferkel ausgehöhlten Termitenhaufen, des Nachts schweift er umher, kommt auch unter wahrhaft erbärmlichen Klagetönen zuweilen in die Nähe der Lagerfeuer. Seine Nahrung besteht aus kleinen Thieren und Abfällen thierischer Natur, besonders aber in Wanderheuschrecken ( Acridium migratorium), deren Zügen er in Gemeinschaft des großen Trappen, der Krähen und kleinen Falken als treuer Begleiter folgt. Sein Fleisch, welches ganz appetitlich aussieht, erinnert im Geschmacke an das widerlich Fade der Heuschrecken; auch behält man davon einen ranzigen Nachgeschmack im Munde.
»Die Eingeborenen stellen dem Motlosi eifrig nach, weil sie ebensowohl sein Fleisch gern genießen als auch das Fell sehr schätzen. Letzteres dient nämlich bei den Betschuanenstämmen als Besatz der großen Pelzmütze in Form einer Kopfklappe mit breitem, von hohem, hinten herabgezogenem Aufschlage, durch welche die verheirathete Frau von dem unverheiratheten Mädchen sich unterscheidet.
»Man jagt den Gna-Schakal hauptsächlich mit Hunden, welche ihn in seinen Verstecken ausspüren und abwürgen, oder gräbt ihn aus. Geschossen wird er seltener, geht auch weniger als der Schabrakenschakal oder die Hiäne ans die Lockspeise der Stellgewehre. Weniger Raubthier als unser Reineke und feindlicher als andere Windhunde gleicher Größe, setzt er sich selbst angegriffen nur schwach zur Wehre. Unter dem Schuüsse hörte ich ihn seine Klagetöne ebenfalls ausstoßen.«
Gefangene Löffelhunde sollen lebend bis nach England gebracht worden sein; bestimmtes hierüber habe ich jedoch nicht in Erfahrung bringen können.
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