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Wasserfledermäuse ( Brachyotus).

Die mit Querlinien versehenen kürzeren Ohren, welche angedrückt nicht über die Schnauzenspitze hinausreichen und die, wenn auch nicht regelmäßig vorkommende Behaarung der Schwanzflughaut, welche in der Regel zwar am Hinterrande kahl, ausnahmsweise aber mit einzelnen sehr entfernt stehenden Härchen besetzt ist, unterscheiden die Wasserfledermäuse ( Brachyotus) von den Mäuseohren, denen sie sonst, namentlich in der Zusammensetzung des Gebisses, ähneln.

Eine der gemeinsten Arten dieser Gruppe, die Wasserfledermaus oder das Rothkurzohr ( Brachyotus Daubentonii, Vespertilio Daubentonii, Schinzii, aedilis, emerginatus, volgensis, Leuconoë Daubentonii) klaftert bei 8,5 Centim. Gesammt- oder 4,7 Leibes- und 3,8 Centim. Schwanzlänge, 23 bis 24 Centim., ist an ihren kurzen Ohren mit länglich schmalem Deckel und dem Fehlen des Sporenlappens leicht von anderen Fledermäusen ähnlicher Größe zu unterscheiden und sieht auf der Oberseite röthlichgraubraun, unten trübweiß aus. Die dünnhäutigen Flughäute und die Ohren sind graubraun, letztere an der Wurzel etwas heller. Das zweifarbige Haar hat an der Wurzel schwarze, an der Spitze lichtgraubraune, unten weiße Färbung.

Wie es scheint, bewohnt die Wasserfledermaus fast ganz Europa und einen Theil Asiens. Man trifft sie in Deutschland, Schweden, Finnland, dem ganzen östlichen Frankreich, Ungarn, Sicilien, Sardinien, dem mittleren Rußland und im Ural an. In Gebirgsgegenden steigt sie ziemlich hoch empor, am Harz bis etwa 600, in den Alpen bis gegen 1200 Meter über Meer. In wasserreichen Gegenden fehlt sie nirgends, und hier und da tritt sie außerordentlich häufig auf. Sie erscheint im Frühjahre schon im Anfange des März und treibt sich bis Ende Oktobers außerhalb ihrer Winterherberge umher. Zu letzterer wählt sie ebensowohl hohle Baume wie Gewölbe, Gruben, Felsenhöhlen und zerfallende Gebäude über der Erde, sucht sich aber in Kalkhöhlen und alten Stollen mit Vorliebe die hintersten Stellen aus und hängt hier entweder frei oder verkriecht sich in Gesteinwinkeln und Ritzen. Ueberall, wo sie häufig vorkommt, lebt sie gesellig, und nur in wasserarmen Gebirgsgegenden begegnet man ihr einzeln. Bei ihren Jagden kommt sie mit dem ersten Beginnen der Abenddämmerung zum Vorscheine, eilt ihrem vom Schlafplätze manchmal eine Viertelstunde weit entfernten Jagdgebiete, irgend einem Gewässer, zu und treibt sich nun raschen Flugs über demselben umher. Im Münsterlande ist sie, laut Altum, auf allen nur nicht zu kleinen und nicht mit Schilf und anderen hohen Wasserpflanzen bewachsenen Gewässern, stehenden wie fließenden, eine ganz gewöhnliche Erscheinung; in der Mark, zumal in der Nähe von Berlin, tritt sie in außerordentlicher Anzahl auf und gehört auch hier unbedingt zu den gemeinsten Arten ihrer Ordnung. »Große Hausteiche«, sagt Altum, »mit angrenzendem alten, zerfallenen Mauerwerke oder noch besser mit daran stoßenden Baumgärten scheinen ihre Lieblingsreviere zu bilden. Ihr Flug ist keineswegs unbeholfen, vielmehr sehr rasch und gewandt. Flattert sie bei schon vorgerückter Dämmerung über solche Stellen, welche durch das Spiegelbild der angrenzenden, im Schatten stehenden größeren Gegenstände, als Mauerflächen, Baumgruppen, ganz dunkel erscheinen, so hebt sie sich als weißlichgraue wirre Schattengestalt von der dunklen Wasserfläche ab. Sie jagt nach Kerbthieren stets so niedrig über dem Wasser, daß ihr Spiegelbild kaum handbreit von ihr entfernt ist. Befinden sich Brücken über dem Wasser, so überfliegt sie dieselben, um mit ihren Reviertheilen zu wechseln, nur äußerst selten; fast ohne Ausnahme schwirrt sie unten durch die Bögen der Brücken, selbst dann, wenn dort mit Menschen angefüllte Kähne sich befinden. Sie ähnelt in dieser Hinsicht der Zwergfledermaus, welche auch gern unten durch Thorwege und offene Hallen fliegt, sucht kleinere Stellen, etwa die Winkel zusammenstoßender Gebäude auf der Wasserfläche ebenso emsig ab wie jene den Hofraum, begibt sich nach etwa fünf Minuten zu einer anderen Stelle und kehrt nach einiger Zeit zur ersten zurück.« Von ihrem Jagdfluge ermüdet, hängt sie sich zur vorübergehenden Ruhe gern an die Zweige der im Wasser stehenden Bäume und vorspringende Mauerwerke, wo man sie oft reihenweise sitzen sehen kann; sie bethätigt ihre Geselligkeit also auch in dieser Hinsicht.

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