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Auch die afrikanischen Vertreter der schlanken Asiaten, die Stummelaffen ( Colobus), sind sehr ausfallende, durch eigenthümliche Färbung, sonderbare, aber schöne Mähnen und andere Haarwucherungen ausgezeichnete Thiere. Wie Indien lebendiger und reicher ist als das trockene Afrika, so sind auch die Schlankaffen heller und lebhafter gefärbt als die Stummelaffen, obwohl ich nicht behaupten will, daß diese weniger schön oder minder angenehm für unser Auge wären als jene. Im ganzen sind die Unterscheidungsmerkmale zwischen beiden Gruppen nur sehr geringfügig. Die Stummelaffen zeichnen sich hauptsächlich dadurch vor den Schlankaffen aus, daß sie an den Vorderhänden immer bloß vier Finger und keinen Daumen besitzen, während, wie wir sahen, dieses Glied bei den Schlankaffen nur hier und da verkümmert. Der Leib der Stummelaffen ist noch immer schlank und zierlich, die Schnauze kurz, der Schwanz sehr lang, die unter sich fast gleichlangen Gliedmaßen sind schmächtig, Gesäßschwielen vorhanden, Backentaschen aber fehlen; die Hinterhände haben regelmäßig fünf Finger.
Unter diesen Thieren dürfen wir ohne Zweifel den Guereza oder Gueriéze und Fonges der Abessinier ( Colobus Guereza) obenanstellen. Meiner Ansicht nach ist er der schönste aller Affen. Seine Färbung ist, obgleich sie keineswegs lebhaft genannt werden kann, doch eine außerordentlich angenehme, und seine Behaarung eine so eigenthümliche und zugleich so zierliche wie kaum noch bei einem anderen Thiere. Das Verdienst der Entdeckung des wunderschönen Geschöpfes gebührt unserem ausgezeichneten Landsmanne Rüppell, welcher es während seiner Reise in Abessinien in der Provinz Godjam auffand und den im Lande gebräuchlichen Namen zum wissenschaftlichen machte. Uebrigens war der Affe schon früher bekannt; bereits Hiob Ludolf erwähnte seiner in einem sehr schätzbaren Werke über Aethiopien, gab aber zu der sehr mangelhaften Beschreibung eine noch mangelhaftere, ja falsche Abbildung, und machte es dadurch den Kundigen unmöglich, das Thier als besondere Art anzuerkennen und aufzuzeichnen. Auch ein anderer Reisender, Salt, gedenkt des Guereza, gibt aber ebenfalls eine fehlerhafte Beschreibung und eine Abbildung, zu welcher er die Ludolf'sche Zeichnung und die Bruchstücke einer Haut, in deren Besitz er zufällig gekommen war, benutzte. Rüppell sah den Guereza lebend und konnte so aus eigener Anschauung über ihn berichten. Später haben auch andere Naturforscher ihn beobachtet. Ich selbst fand in den Händen eines Hassanïe am unteren weißen Nil ein Fell desselben, welches der Mann als Tabaksbeutel benutzte, und erfuhr von dem Eigner, daß der Affe weiter südlich keineswegs zu den Seltenheiten gehöre. Heuglin, der Erforscher Afrika's, beobachtete ihn öfters in Abessinien und auf dem weißen Flusse und erhielt sichere Nachrichten über sein Vorkommen in ganz anderen Gegenden Mittelafrika's, woraus hervorgeht, daß der Verbreitungskreis des Thieres viel größer sein muß, als wir gewöhnlich angenommen haben.
Der Guereza ist ein wirklich herrliches Thier. Von dem schön sammetschwarzen Leibe heben sich Stirnbinde, Schläfegegend, die Halsseiten, Kinn, Kehle und ein Gürtel oder eine Mähne, sowie eine Einfassung um die nackten Gesäßschwielen und die Schwanzspitze, welche Theile weiß gefärbt sind, prachtvoll ab. Jedes weiße Haar ist aber auch vielfach braun geringelt, und hierdurch entsteht das silbergraue Aussehen der Behaarung. Die Mähne, wie ich den Seitengürtel vielleicht nennen kann, hängt wie ein reicher Beduinenmantel zu beiden Seiten des Körpers herab und ziert ihn unbeschreiblich. Ihre Haare sind von größter Weichheit und Feinheit und dabei von bedeutender Länge. Der schwarze Pelz des unteren Körpers schimmert hier und da zwischen dem kostbaren Behange hindurch; das Dunkelschwarz sticht lebendig ab von dem blendenden Weiß, und die dunklen Hände und das dunkle Gesicht stehen hiermit so vollkommen im Einklange, daß unser Affe wohl den Preis der Schönheit verdienen dürfte. So viel Willkür, wenn ich mich so ausdrücken dürfte, in der Bekleidung sich ausspricht, so zierlich und anmuthig ist dieselbe. Die Leibeslänge beträgt 65 Centim., die Schwanzlänge ohne Quaste 70 Centim.
Der Guereza findet sich, wie mir Schimper mittheilte, vom 13. Grade nördlicher Breite an überall in Abessinien, am häufigsten in einem Höhengürtel von 2000 bis 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Hier lebt er in kleinen Gesellschaften von zehn bis fünfzehn Stücken auf hochstämmigen Bäumen, gern in der Nähe klarer fließender Gebirgsgewässer und häufig auch unmittelbar neben den in Habesch immer einsam im Schatten geheiligter Bäume stehenden Kirchen. Eine Wachholderart ( Juniperus procera), welche, im Gegensatze zu der bei uns wachsenden, so riesenhafte Verhältnisse zeigt, daß selbst unsere Tannen und Fichten neben ihr zu Zwergen herabsinken, scheint ihm ganz besonders zuzusagen: jedenfalls ihrer auch unseren Gaumen behagenden Beeren halber. Er ist, wie mein Berichterstatter mit besonderem Ausdrucke sagte, »ein im allerhöchsten Grade behendes Thier«, welches sich mit geradezu wunderbarer Kühnheit und Sicherheit bewegt. Wo der Guereza keine Nachstellungen erleidet, ist er, laut Heuglin, nicht scheu und bellt und kreischt mit katzenartig gebogenem Rücken den, welcher ihn aus seiner Ruhe stört, gemüthlich an. Verfolgt zeigt er sich in seiner ganzen Schönheit. Mit ebenso großer Anmuth als Leichtigkeit, mit ebenso viel Kühnheit als Berechnung springt der so wundersam geschmückte Gesell von Zweig zu Zweige oder aus Höhen von fünfzehn Meter in die Tiefe hinab, und der weiße Mantel fliegt dabei um ihn herum, wie der Burnus eines auf einem arabischen Pferde dahinjagenden Beduinen um Roß und Reiter weht. Uebrigens kommt er nur dann auf den Boden herab, wenn die Verfolger ihm sehr nahe auf den Leib rücken; als vollendetes Baumthier findet er in seiner luftigen Höhe alles, was er bedarf. Seine Nahrung ist die gewöhnliche der Baumaffen: Knospen, Blätter, Blüten, Beeren, Früchte, Kerbthiere etc. Im Gegensatze zu anderen Affen wird er von allen Eingeborenen als ein durchaus harmloses Geschöpf betrachtet, hauptsächlich wohl deshalb, weil er die Pflanzungen verschont oder wenigstens in ihnen niemals größere Verwüstungen anrichtet. Möglicherweise trägt sein Aufenthalt in der Nähe der Kirchen auch dazu bei, eine gute Meinung von ihm zu erwecken. Denn so entsittlicht die Abessinier auch sind, die Kirchlichkeit wird bei ihnen so gepflegt wie überall da, wo die Herrschaft der Pfaffen noch nicht gebrochen werden konnte.
Die Jagd des Guereza hat ihre großen Schwierigkeiten. Auf den hohen Wipfeln seiner Lieblingsbäume ist er vor der Tücke des Menschen ziemlich sicher. Mit der Schrotflinte verwundet man wohl das starke, lebenszähe Thier, bekommt es aber nur selten in seine Gewalt. Der Jäger muß, wenn seine Jagd Erfolg haben soll, zur Büchse greifen: diese Waffe aber war von jeher und ist noch heute dem Eingeborenen ein Ding, mit welchem er nichts anzufangen weiß. Gut, daß dem so ist; mit der Büchse in geübter Hand hätte der Abessinier den schönen Affen vielleicht schon ausgerottet. In früheren Zeiten wurde ihm eifrig nachgestellt. Es galt als besondere Auszeichnung, einen Schild zu besitzen, welcher durch ein Fell dieses Affen seinen schönsten Schmuck erhalten hatte. Die Schilde der Abessinier und anderer ostafrikanischen Völkerschaften sind länglichrund und bestehen aus Antilopen- oder wohl auch Nilpferdhaut: diese bekleidete man nun mit dem Rücken- und Seitenfelle des Guereza, so daß der ganze Mähnengürtel jetzt zum Schmucke des Schildes wurde.
Man bezahlte in Gondar, der abessinischen Hauptstadt, ein solches Fell mit einem Speciesthaler, einer Summe, für welche man fünf bis sechs fette Schafe einhandeln kann. Gegenwärtig ist jener Zierat bedeutend im Werthe gesunken: die beschriebenen Schilde sind glücklicherweise nicht mehr gebräuchlich; – glücklicherweise, sage ich, weil ich hoffe, daß deshalb ein so anziehendes Geschöpf vor der Hand noch der abscheulichen Vernichtungswuth entgeht, mit welcher der Mensch überall »seinen erstgeborenen Brüdern« entgegentritt.
Heuglin besaß ein lebendes Junges, war aber nicht im Stande, dasselbe zu erhalten, trotzdem er ihm die beste Pflege zu Theil werden ließ. Auch in den Hütten der Landeseingeborenen sieht man gezähmte Guereza nicht; es scheint also schwierig zu sein, ihnen die rechte Pflege angedeihen zu lassen. Nach Europa ist bis jetzt, so viel mir bekannt, nur ein einziger Guereza lebend gebracht worden; dieser eine aber war krank, als er das Festland erreichte und verschied wenige Tage nach seiner Ankunft.
Die beiden auf Seite 113 dargestellten Mitglieder der Sippe sind der Bärenstummelaffe ( Colobus ursinus ) und der Teufelsaffe ( Colobus Satanas ).
Ersterer unterscheidet sich vom Guereza durch den Mangel des weißen Mähnengürtels, welcher durch das lange und flatternde, grobe, schmutzig fahlgelbe und schwarz gemischte Haar eben nur angedeutet wird, die längere Körperbehaarung und den fast ganz weißen Schwanz. In der Größe und ebenso in der Lebensweise stimmt er so ziemlich mit dem Guereza überein; seine Heimat aber ist der Westen Afrika's: er findet sich in den Wäldern der Sierra Leone, Guinea's und auf Fernando-Po.
Der Teufelsaffe, welcher einfarbig schwarz ist und hauptsächlich auf Fernando-Po lebt, wird von einzelnen Forschern, aber wohl mit Unrecht, als bloße Spielart des Bärenstummelaffen angesehen.
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