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Die Gruppe der Paviane ( Cynocephalus) ist zwar eine der merkwürdigsten, nicht aber auch eine der anziehendsten und angenehmsten. Wir finden in ihr vielmehr die häßlichsten, rüdesten, flegelhaftesten und deshalb widerwärtigsten Mitglieder der ganzen Ordnung; wir sehen in ihnen den Affen gleichsam auf der tiefsten Stufe, welche er einnehmen kann. Jede edlere Form ist hier verwischt und jede edlere Geistesfähigkeit in der Unbändigkeit der scheußlichsten Leidenschaften untergegangen.
Wir nennen die Paviane mit Aristoteles »Hundsköpfe«, weil ihr Kopfbau dem eines groben, rohen Hundes etwas mehr ähnelt als dem des Menschen, an welchen die übrigen Affen entfernt erinnern. In Wahrheit ist die Aehnlichkeit zwischen beiden Thierköpfen nur eine oberflächliche und zugleich unbefriedigende; denn der Hundekopf des Pavian ist ebenso gut eine Verzerrung seines Vorbildes wie der Kopf des Gorilla eine solche des Menschenhauptes ist. Allein den anderen Affen gegenüber ist eben das Schnauzenartige des Paviangesichts ein hervorstechendes Merkmal: und deshalb können wir auch dem alten Aristoteles seine Ehre lassen.
Die Hundsköpfe sind neben den Menschenaffen die größten Glieder ihrer Ordnung. Ihr Körperbau ist gedrungen, ihre Muskelkraft ungeheuer. Der schwere Kopf verlängert sich in eine starke und lange, vorn abgestutzte, oft wulstige oder gefurchte Schnauze mit vorstehender Nase; das Gebiß erscheint raubthierähnlich wegen seiner fürchterlichen Reißzähne, welche auf ihrer hinteren Seite scharfe Kanten haben; die Lippen sind sehr beweglich, die Ohren klein, die Augen hoch überwölbt und in ihrem Ausdrucke das treueste Spiegelbild des ganzen Affen selbst – listig und tückisch ohne Gleichen. Alle Gliedmaßen sind kurz und stark, die Hände fünfzehig; der Schwanz ist bald kurz, bald lang, bald glatthaarig, bald gequastet; die Gesäßschwielen erreichen wahrhaft abschreckende Größe und haben gewöhnlich äußerst lebhafte Färbung. Die lange und lockere Behaarung verlängert sich bei einigen Arten am Kopfe, Hals und an den Schultern zu einer reichen Mähne, und hat gewöhnlich unbestimmte Erd- oder Felsenfarben, wie Grau, Graugrünlichgelb, Bräunlich grün etc.
Der Verbreitungskreis der Hundsköpfe erstreckt sich über Afrika und die hart an diesen Erdtheil grenzenden Länder Asiens, namentlich das glückliche Arabien, Jemen, Hadramaut und Indien. Afrika muß unbedingt als derjenige Erdtheil angesehen werden, welcher ihnen die wahre Heimat bietet. Verschiedene Gegenden besitzen ihre eigenthümlichen Arten, welche übrigens weit verbreitet und deshalb mehreren Ländern gemein sind. So leben im Osten und namentlich um Abessinien herum drei, in der Kapgegend zwei und in Westafrika ebenfalls zwei Arten.
Die Paviane sind echte Felsenaffen und bewohnen Hochgebirge oder wenigstens höhere Gebirgsgegenden. In Wäldern trifft man sie nicht: sie meiden die Bäume und ersteigen sie nur selten, etwa im Falle der Noth. Im Gebirge gehen sie bis zu drei- und viertausend Meter über die Meereshöhe, ja selbst bis zur Schneegrenze hinauf; doch scheinen sie niedere Gegenden zwischen ein- bis zweitausend Meter den Hochgebirgen vorzuziehen. Schon die ältesten Reisenden erwähnen, daß die Gebirge ihre wahre Heimat sind. So erzählt Barthema von Bologna, welcher im Jahre 1503 Arabien durchreiste, daß er auf dem Wege von der Stadt Zibit, eine halbe Tagereise vom Rothen Meere, auf einem fürchterlichen Gebirge mehr als zehntausend Affen gesehen habe, welche dem Löwen nicht nur an Aussehen, sondern auch an Stärke gleichkämen, und daß man auf jener Straße allein nicht reisen könne, sondern eine Gesellschaft von mindestens hundert Menschen bilden müsse, um sie abzuwehren. Auch die meisten anderen Reisenden, welche uns über jene Gegenden berichten, stimmen darin überein, daß die Paviane Gebirgsthiere sind, und es ist desbalb um so mehr zu verwundern, daß gewisse Forscher ihnen ohne weiteres von ihrem Zimmer aus die Urwaldungen zum Wohnorte anweisen.
Diesem Aufenthaltsorte der Paviane entspricht ihre Nahrung. Sie besteht hauptsächlich aus Zwiebeln, Knollengewächsen, Gräsern, Kraut, Pflanzenfrüchten, welche auf der Erde oder wenigstens nur in geringer Höhe über derselben wachsen oder von den Bäumen abgefallen sind, Kerbthieren, Spinnen, Schnecken, Vogeleiern etc. Eine Pflanze Afrika's, welche diese Affen besonders lieben, hat gerade deshalb ihren Namen » Babuina« nach einer Art unserer Sippe erhalten. In den Anpflanzungen, zumal in den Weinbergen, richten sie den allergrößten Schaden an; ja man behauptet, daß sie ihre Raubzüge förmlich geordnet und überlegt unternähmen. Sie sollen oft noch eine gute Menge Früchte wegnehmen und auf die höchsten Gipfel der Berge schleppen, um dort für ungünstigere Zeiten Vorräthe anzusammeln. Daß sie Schildwachen ausstellen, ist sicher; als übertrieben aber müssen Erzählungen gehalten werden, wie die von Geßner herstammenden, in denen uns gesagt wird, daß die Affen in gerader Linie hinter einander anrücken und sich in einer Reihe aufstellen, damit einer dem anderen das abgerissene Obst zuwerfen könne. Käme dann Jemand, welcher die Gaudiebe an ihrer Arbeit verhindern wolle, so rissen sie alle Kürbisse, Gurken, Melonen, Granatäpfel und dergleichen ab und brächten sie so schleunig wie möglich in Sicherheit, indem sie die Früchte eine gute Strecke vom Garten entfernt auf einen Haufen würfen und diesen dann in derselben Weise weiter und weiter beförderten, bis sie ihre Schätze endlich auf einen Berggipfel gebracht hätten. Die Schildwache (welche bei den Raubzügen wirklich ausgestellt wird) solle die plündernden Schelme jedesmal durch einen Schrei von der Ankunft des Menschen in Kenntnis setzen; und ihre Wachsamkeit sei schon aus dem Grunde sehr groß, weil sie von den anderen zu Tode geprügelt werde, wenn sie ihre Pflicht versäumt habe! So viel ist jedenfalls richtig, daß alle Hundsköpfe als eine wahre Landplage betrachtet werden müssen, weil sie den Landleuten ihrer Heimat außerordentlichen Schaden zufügen.
Mehr als alle übrigen Affen zeigen die Paviane durch ihre Haltung, daß sie echte Erdthiere sind. Ihre ganze Gestaltung bindet sie an den Boden und erlaubt ihnen bloß ein leichtes Ersteigen von Felswänden, nicht aber auch ein schnelles Erklettern von Bäumen. Man sieht sie stets auf allen Vieren gehen und nur dann auf zwei Beine sich stellen, wenn sie Umschau halten wollen. Sie ähneln in ihrem Gange plumpen Hunden mehr als Affen, und nehmen selten die bezeichnende Stellung der letzteren an. Auch wenn sie sich aufrichten, stützen sie ihren Leib gern auf eine ihrer Hände. So lange sie sich ruhig verhalten und Zeit haben, sind ihre Schritte langsam und schwerfällig; sobald sie sich verfolgt sehen, fallen sie in einen merkwürdigen Galopp, welcher die allersonderbarsten Bewegungen mit sich bringt. Ihr Gang zeichnet sich durch eine gewisse leichtfertige Unverschämtheit aus; man muß ihn aber gesehen haben, wenn man ihn sich vorstellen will. Das ist ein Wackeln der ganzen Gestalt, namentlich des Hintertheils, wie man es kaum bei einem anderen Thiere sieht; und dabei tragen die Thiere den Schwanz so herausfordernd gebogen und schauen so unverschämt aus ihren kleinen, glänzenden Augen heraus, daß schon ihre Erscheinung ihrer Anmaßung Ausdruck gibt.
Ihre geistigen Eigenschaften widersprechen ihrer äußeren Erscheinung nicht im geringsten. Ich will, um sie zu beschreiben, mit Scheitlins Worten beginnen:
»Die Paviane sind alle mehr oder minder schlechte Kerle, immer wild, zornig, unverschämt, geil, tückisch; ihre Schnauze ist ins gröbste Hundeartige ausgearbeitet, ihr Gesicht entstellt, ihr After das Unverschämteste. Schlau ist der Blick, boshaft die Seele. Dafür sind sie gelehriger als die kleineren Affen und zeigen noch mehr Verstand, jedoch immer mit List. Erst an diesen kommt die zweite Affeneigenschaft, d. h. die Nachahmungssucht, vor, wodurch sie ganz menschlich werden zu können scheinen, es aber nicht werden. Ihre Geilheit geht über alle Begriffe; sie geberden sich auch Männern und Jünglingen gegenüber schändlich. Kinder und Frauen darf man nicht in ihre Nähe bringen. Aber Fallstricke und Gefahren merken sie leicht, und gegen die Feinde vertheidigen sie sich mit Muth und Eigensinn. Wie schlimm jedoch ihre Natur ist, so kann man sie doch in der Jugend ändern, zähmen, gehorsam machen; nur bricht ihre schlimme Natur im Alter, wenn ihr Sinn und Gefühl stumpf werden, in den alten Adam zurück. Der Gehorsam hört wieder auf, sie grinsen, kratzen und beißen wieder. Die Erziehung griff nicht tief genug ein. Man sagt, daß sie im Freien geistreicher und geistig entwickelter seien, in der Gefangenschaft hingegen milder und gelehrter werden. Ihr Familienname ist auch Hundskopf. Hätten sie zum Hundskopfe nur auch die Hundeseele!«
Ich kann Scheitlin nicht widersprechen: das Bild, welches er zeichnet, ist richtig. Der Geist der Paviane ist gleichsam der Affengeist in seiner Vollendung, aber mehr im schlechten als im guten Sinne. Einige vortreffliche Eigenschaften können wir ihnen nicht absprechen. Sie haben eine außerordentliche Liebe zu einander und gegen ihre Kinder; sie lieben auch den Menschen, welcher sie pflegt und auferzogen hat, werden ihm selbst nützlich auf mancherlei Weise. Aber all diese guten Seiten können nicht in Betracht kommen ihren Unsitten und Leidenschaften gegenüber. List und Tücke sind Gemeingut aller Hundsköpfe, und namentlich zeichnet eine furchtbare Wuth sie aus. Ihr Zorn gleicht einem ausbrechenden Strohfeuer, so rasch lodert er auf; aber er hält aus und ist nicht so leicht wieder zu verbannen. Ein einziges Wort, spottendes Gelächter, ja ein schiefer Blick kann einen Pavian rasend machen, und in der Wuth vergißt er alles, selbst Den, welchen er früher liebkoste. Deshalb bleiben diese Thiere unter allen Umständen gefährlich, und ihr roher Sinn bricht durch, auch wenn sie ihn lange Zeit gar nicht zeigten. Ihren Feinden gegenüber machen sie sich wahrhaft furchtbar.
Die Paviane leben sehr unbehelligt in ihrer Heimat; denn die Raubthiere und der Mensch fürchten sie und gehen ihnen aus dem Wege, wo nur immer möglich. Sie fliehen zwar vor dem Menschen, lassen sich aber doch, wenn es Noth thut, mit ihm wie mit Raubthieren in Kampf ein, und dieser wird, weil sie regelmäßig gemeinschaftlich angreifen, oft äußerst gefährlich. Der Leopard scheint der Hauptfeind zu sein; doch stellt er mehr den Jungen nach als den Alten, weil er alle Ursache hat, sich zu bedenken, ob seine Fangzähne und Klauen dem Gebiß und den Händen der Paviane gewachsen sind. Eine Herde greift er nicht an. Dies thut selbst der Löwe nicht, wie mir und anderen Reisenden von den Eingeborenen versichert worden ist. Hunde überwältigt der Pavian ohne Mühe, und gleichwohl kennen jene edlen Thiere keine größere Lust als die Jagd solcher Affen. Man sollte meinen, daß ein Hund, welcher einmal mit den gefährlichen Gegnern zu thun gehabt hat, sich in Zukunft weigere, wieder mit ihnen zusammen zu kommen: allein dem ist nicht so. Die Jagdhunde der Kapbewohner lassen vielmehr jede andere Fährte, sowie sie von der eines Affen Witterung bekommen. Der Kampf zwischen beiden Thieren soll, wie Augenzeugen versichern, ein furchtbarer sein; die Pflanzer am Kap fürchten für ihre Hunde weit mehr, wenn diese einen Pavian verfolgen, als wenn sie sich zum Kampfe mit dem Leopard rüsten. Wenn eine Meute scharfer Hunde eine Pavianherde erblickt, stürzt sie sich wüthend auf dieselbe los. Die Affen ergreifen die Flucht, und die Hunde jagen hinterdrein. Mehr und mehr zerstreuen sich Feinde und Verfolger. Alle schwächeren Hundsköpfe eilen so schnell als möglich den Felsen zu, um sich dort in Sicherheit zu begeben. Die stärkeren Männchen der Affen gehen langsamer und nehmen die Verfolger auf sich. Nur dann und wann werfen sie blitzschnell einmal den Kopf herum, und ein tückisch-boshafter Blick aus den kleinen Augen fällt auf den Verfolger. Endlich erreicht dieser seinen Feind und versucht, ihn zu fassen. Allein plötzlich und mit wüthendem Schrei dreht jener sich um, hängt dem ungeübten Hunde im nächsten Augenblicke mit Händen und Füßen fest an Brust und Gurgel, setzt sein furchtbares Gebiß in die Kehle des Hundes, reißt ihn mit den scharfschneidigen Eckzähnen drei, vier, sechs lange und tiefe Risse in Kehle und Brust, balgt und windet sich mit ihm, wälzt sich auf dem Boden umher, versetzt dem Feinde neue Wunden und läßt ihn dann liegen, blutbedeckt und verendend, während er selbst mit Hohngeschrei dem Gebirge zueilt. Gute Hunde sind geschult und wissen dem zu entgehen. Sie trennen sich nie, sondern halten in der Meute zusammen, und diese überfällt einen einzelnen Affen. Drei, vier Hunde stürzen sich auf einen Feind, und dann helfen diesem gewöhnlich seine furchtbaren Waffen nichts: er muß unterliegen, wenn ihm der Weg zur Flucht nicht offen steht. Außer dem Hunde und dem Leopard haben die Paviane keine ihnen schädlichen Feinde. Den Raubvögeln fällt es gar nicht ein, auf sie zu fahnden; der stärkste Adler wagt sich nicht einmal an das schwächlichste Junge eines Hundskopfes. Auch die Menschen können eben nicht mehr thun, als diese Affen dann und wann aus ihren Pflanzungen zu vertreiben. Eine wirkliche Jagd würde, wenn sie nicht gefährlich sein sollte, bedeutende Mannschaften erfordern und auch dann schwerlich zu einem Ausrottungskriege werden können. Nur Kriechthiere und Lurche sind es, welche die Paviane in wirkliche Furcht und Schrecken versetzen. Die kleinste Schlange bringt unter einer Herde ein namenloses Entsetzen hervor. Es ist wohl sicher, daß die Affen hinsichtlich des furchtbaren Giftzahnes der Schlangen böse Erfahrungen gemacht haben. Sie leben in beständiger Angst vor den gefährlichen Würmern. Kein Pavian hebt einen Stein auf oder durchsucht einen Busch, ohne sich vorher zu vergewissern, daß unter und in ihm keine Schlange verborgen ist. Skorpione fürchten die klugen Thiere nicht, wissen dieselben vielmehr mit großer Gewandtheit zu fangen und sie ihrer Giftstachel zu berauben, ohne sich zu verletzen. Dann verspeisen sie den Skorpion mit demselben Vergnügen wie andere Spinnen oder ein Kerbthier.
Nach diesem möchte man sich wundern, daß es überhaupt möglich wird, Paviane in seine Gewalt zu bekommen. Und doch ist dies ganz leicht: die Sinnlichkeit der Thiere wird ihr Verderben. In ganz Afrika gilt es als bekannte Sache, daß die Paviane leidenschaftlich gern geistige Getränke zu sich nehmen und in ihnen sich leicht berauschen. Man setzt ihnen also einfach Töpfe mit derartigen Flüssigkeiten vor, und wenn hernach die Affen vollkommen trunken geworden sind, bemächtigt man sich ihrer. Starke Fesseln und Prügel bändigen regelmäßig ihre anfänglich geradezu beispiellose Wuth, und die ihnen eigene Klugheit läßt ihnen schon nach kurzer Gefangenschaft die Oberherrschaft des Menschen erkennbar werden. Häufiger noch bemächtigt man sich der Jungen, und zwar gewöhnlich mit Hülfe der Hunde, welche eine Herde zersprengen und jüngere Stücke stellen. Diese geben sich in der Regel widerstandslos ihren Verfolgern preis, und ihre Zähmung verursacht nicht die geringste Mühe, weil sie, von ihrer Mutter getrennt, ganz glücklich sind, einen Pfleger gefunden zu haben.
In ihrer sinnlichen Liebe sind die Paviane wahrhaft scheußlich. Die vorhin erwähnte Geilheit und Frechheit zeigt sich bei keinem anderen Thiere in so abschreckender Weise wie bei ihnen. Ich möchte sagen, daß die Größe ihrer Leidenschaftlichkeit erst hierbei sich offenbare. Die Männchen sind nicht bloß lüstern auf die Weibchen ihrer Art, sondern auf alle größeren Säugethiere weiblichen Geschlechts überhaupt. Es wird wiederholt und von allen Seiten versichert, daß sie zuweilen Mädchen rauben oder wenigstens überfallen und mishandeln. Daß sie Männer und Frauen sofort unterscheiden, habe ich hundertfach beobachtet, und ebenso, daß sie den Frauen durch ihre Zudringlichkeit und Unverschämtheit im höchsten Grade lästig werden können. Die Männchen sind beständig brünstig, die Weibchen nur zu gewissen Zeiten, alle dreißig bis fünfunddreißig Tage etwa. Die Brunst zeigt sich auch äußerlich in häßlicher Weise: die Geschlechtstheile schwellen bedeutend an und erhalten eine glühendrothe Farbe; man meint, daß das Gesäß in bedenklicher Weise erkrankt sei. Nach meinen Beobachtungen währt die Brunstzeit der Paviane so weit äußerlich ersichtlich, vierzehn bis zwanzig Tage. Sie beginnt mit einem merklichen Anschwellen der Geschlechtstheile, welches sich im Verlaufe der Zeit fast über das ganze Gesäß erstreckt und die Schwielen blasig auftreibt. Diese röthen sich gleichzeitig, als ob sie entzündet wären, und das ganze Gesäß erhält dadurch ein wahrhaft abschreckendes Aussehen. Nach etwa acht Tagen verkleinern sich die Blasen, schrumpfen mehr und mehr zusammen und verschwinden gegen Ende der angegebenen Zeit vollständig. Im Anfange der Brunst sind die Weibchen ebenso erpicht auf die Männchen wie diese während der ganzen Jahreszeit auf jene. Obgleich sich die Hundsköpfe in der Gefangenschaft fortpflanzen, weiß man doch noch nicht bestimmt, wie lange ihre Tragzeit dauert.
Der Nutzen der Paviane ist gering. Ihrer Gelehrsamkeit wegen werden sie zu allerlei Kunststücken abgerichtet. Am Kap sollen sie noch zum Aufsuchen des Wassers in der Wüste dienen. Alle Hundsköpfe sind, wie glaubwürdige Reisende mittheilen, nach den Erfahrungen der Kapbewohner die besten Wassersucher, welche es gibt. Man hält sie deshalb häufig gezähmt und nimmt sie mit in jene wasserarmen Striche, in denen selbst die Buschmänner das wichtigste Element nur tropfenweise zu gewinnen wissen. Wenn der Wasservorrath zu Ende geht, bekommt der Pavian etwas Salziges zu fressen. Nach einigen Stunden nimmt man ihn dann an eine Leine und läßt ihn laufen. Das vom Durste gequälte Thier wendet sich bald rechts, bald links, bald vor-, bald rückwärts, schnüffelt in der Luft, reißt Pflanzen aus, um sie zu prüfen, und zeigt endlich durch Graben das verborgene oder durch ein entschiedenes Vorwärtseilen das zu Tage getretene Wasser an.
In den Sagen und Erzählungen der Araber spielen die Paviane eine hervorragende Rolle. Sie sind es, welche die Geschichtschreiber am besten kennen, weil sie in Jemen vorkommen, sie auch, welche am häufigsten lebend nach Egypten und Syrien gebracht werden; und auf sie insbesondere bezieht sich die Behauptung des Propheten und seiner Freunde, daß Allah sie in seinem Zorne aus Menschen zu Affen verwandelt habe. Schêch Kemal Edîn Demiri, welcher um das Jahr 1405 unserer Zeitrechnung starb, und ein großes Werk unter dem Namen Heiât el Heiwân (zu deutsch »Leben der Thiere«) geschrieben hat, »nicht weil dasselbe von irgend einem hohen Gönner bestellt worden wäre, sondern nur wegen der großen Unwissenheit der Menschen über alles, was die Thiere angeht«, erzählt als gläubiger Sohn seines Volkes die Geschichte, ohne daß er wagt, daran zu mäkeln. Die Stadt hieß Aila und lag am Rothen Meere, und ihre Bewohner waren selbstverständlich Juden, in den Augen der Mohammedaner ebenso wenig angesehene Leute als in denen der gebildeten, über Vorurtheile hoch erhabenen Europäer, insbesondere der Deutschen. Ursache der Verwandlung war eine große Ungebührlichkeit, welche sich die betreffenden Juden zu Schulden kommen ließen, indem sie nämlich an einem Sonnabende mit dem Fischfange sich beschäftigten, also den Sabbath entheiligten. Einige weise und fromme Bewohner Aila's suchten den Frevel zu stören, und verließen endlich, als man ihrer Warnungen nicht achtete, verhüllten Antlitzes die gottlose Stadt. Nach drei Tagen kehrten sie wieder, fanden die Thore verschlossen, kletterten über die Mauer und sahen sich umringt von Pavianen, von denen einzelne traurigen Blickes zu ihnen herankamen, sich an sie schmiegten und bittend zu ihnen empor sahen. Da kam Einem der Gedanke, daß die Affen wohl ihre Verwandten sein möchten, und auf die hingeworfene Frage: »Sage mir Pavian, bist du vielleicht mein Bruderssohn Ibrahim oder Achmed oder Musa?« antworteten die Thiere mit traurigem Kopfnicken. So ward denn Allen offenbar, daß hier ein entsetzliches Strafgericht vollzogen worden war. Schêch Demiri, welcher im übrigen so vernünftig ist, wie ein Buchstabengläubiger es sein kann, meint, daß man diese Erzählung hinnehmen müsse, obwohl es sich doch vielleicht beweisen ließe, daß es früher als Juden Paviane gegeben habe. Nach dieser Einleitung kommt er auf die Thiere selbst zu sprechen und kennzeichnet sie in einer Weise, welche wenig zu wünschen übrig läßt. »Diese Thiere«, sagt er, »sind den Menschen in ihrem Wesen und Gebaren sehr ähnlich; denn sie lachen, freuen sich, setzen sich auf das Gesäß, kratzen sich mit den Nägeln, reichen etwas mit ihrer Hand hin, haben bis zu den Spitzen gegliederte Finger und Nägel wie die Menschen, sind fähig, nachzuahmen und zu lernen und schließen sich den Menschen in freundlicher Weise an. Ihr gewöhnlicher Gang ist auf allen Vieren; doch können sie auch, wenigstens eine Zeitlang, auf den Hinterfüßen laufen. Ihr unteres Augenlid hat Wimpern; diese aber findet man sonst nur bei den Menschen. Wenn sie in das Wasser fallen, ertrinken sie wie ein Mensch, welcher das Schwimmen nicht versteht. Sie leben in geschlossener Ehe und sind eifersüchtig auf ihre Weibchen, und diese beiden Dinge gelten doch als entschiedener Vorzug des Menschen. Auch tragen die Weibchen ihre Kinder an der Brust wie Menschenmütter. Unzweifelhaft ist es, daß diese Thiere einen freien Willen haben; denn sonst wäre es nicht möglich, daß man ihnen Dinge lehren konnte, welche ihnen von Natur nicht eigen sind.« Letztere Bemerkung unseres Arabers dürfte gewissen Buchstabengläubigen der Neuzeit, welche im Auftrage und Sinne der Pfaffen naturgeschichtliche Aufgaben bearbeiten, zu besonderer Beachtung empfohlen sein; sie beweist, daß die Gläubigen unter den Arabern denn doch noch nicht in demselben Grade rückständig sind, wie die Buchstabengläubigen unter den Europäern.
Der erste Gegenstand unserer Betrachtung mag ein Affe sein, welcher von vielen Naturforschern unter die Paviane, von anderen dagegen unter die Makaken gezählt wird. Ich meine den übermüthigen Schwarzen, dessen ich, als Peinigers des Budeng, bereits auf Seite 108 gedacht habe. Wie wir dort sahen, ähnelt er in seinem Wesen den eigentlichen Pavianen vollständig, hinsichtlich seiner Gestalt aber unterscheidet er sich nicht unbeträchtlich von den wahren Hundsköpfen, und eben daher rührt die verschiedene Meinung der Forscher. Ich vertrete, seitdem ich ihn lebend gesehen habe, die Ansicht Cuviers, welcher unseren Schwarzen zuerst unter die Hundsköpfe aufnahm. Verkennen läßt sich allerdings nicht, daß er in seinem Auftreten auch in vieler Hinsicht an die Makaken erinnert; doch scheint mir das Wesen des Hundskopfes in ihm zu überwiegen. Man mag ihn als eines jener Uebergangsglieder betrachten, welche die Merkmale zweier Sippen an sich tragen und diese zu vermitteln scheinen. Wer ihn zu den Makaken zählen will, darf kaum des Irrthums geziehen werden; wer ihn zu den Hundsköpfen rechnet, hat ebenfalls Recht.
Der Mohren- oder Schopfpavian ( Cynocephalus niger, Macacus niger, Inuus niger, Simia nigra.) unterscheidet sich von anderen Hundsköpfen durch seinen Stummelschwanz und die Bildung der Schnauze, welche breit, flach, kurz und besonders noch dadurch ausgezeichnet ist, daß die Nase, nicht wie bei den Pavianen die Oberlippe überragt, sondern ziemlich weit hinten auf der Oberschnauze endigt. Unser Affe gilt deshalb in den Augen einiger Naturforscher als Vertreter einer besonderen Sippe, der Hundsaffen im engeren Sinne, Cynopithecus, und heißt demgemäß auch Cynopithecus niger oder Cynopithecus malaianus. Gesicht und Gesäß sind nackt, alle übrigen Theile von einem langen und wolligen Pelze bedeckt, welcher sich auf den Gliedmaßen verkürzt, auf dem Kopfe aber zu einem ziemlich langen Schopfe verlängert. Die Färbung des Pelzes ist ein gleichmäßiges Dunkelschwarz, welches auch auf die sammetartige nackte Gesichtshaut übergeht. Das Gesäß sieht roth aus. In der Größe steht der Schopfpavian hinter allen Verwandten zurück. Seine Leibeslänge beträgt 65 Centim., die Länge des Schwanzstummels kaum 3 Centim.
Verschiedene Eilande des Indischen Meeres, zumal Celebes, die Philippinen und Molukken beherbergen den schwarzen Hundskopf in ziemlicher Menge; jedoch ist über sein Freileben bis heutigen Tages – mir wenigstens – noch nichts bekannt geworden. Neuerdings ist er öfters nach Europa gelangt und hat hier auch geraume Zeit in der Gefangenschaft gelebt. Der Schopfpavian, welchen ich im Amsterdamer Thiergarten sah, schien sich sehr wohl zu befinden. Er wurde bei Tage regelmäßig zu den Meerkatzen gebracht, welche in dem großen Affenhause die Zuschauer belustigten. Ich habe der Beschreibung seines Wesens und Treibens nach dem, was ich oben bemerkte, kaum noch etwas hinzuzufügen. Der übermüthige und herrschsüchtige Schwarze würde alle schüchternen Affen ebenso gepeinigt haben, wie er die armen Budengs quälte, wenn ihm das leichte Volk der Meerkatzen, im Gegensatze zu jenen, nicht immer rechtzeitig entronnen wäre. Mit den Makaken schien er auf ziemlich gutem und mit einem weiblichen Babuin auf sehr innigem Fuße zu stehen; wenigstens erwies er dieser zarten Schönen alle Aufmerksamkeit und ließ zum Gegendank gern von ihr sein Haarkleid sich durchsuchen. Unsere Abbildung gibt ihn vortrefflich wieder. In der angegebenen Stellung sitzt er manchmal mehrere Minuten lang äußerst nachdenklich da; wahrscheinlich spinnt sich dann eben in seinem Gehirne der Plan zu neuen übermüthigen oder leichtsinnigen Streichen aus.
Für das Affentheater eignet sich, laut Broekmann, kein einziger anderer Affe in demselben Grade wie der Schopfpavian. Er lernt spielend leicht, hält das Erlernte fest und »arbeitet« mit wahrem Vergnügen. Trotz seiner Seltenheit und des hohen Preises, in welchem er steht, würde er regelmäßig auf der Bühne zu finden sein, wäre er nicht in beklagenswerthem Grade hinfällig.
Unter den mantellosen Pavianen ist mir der Babuin ( Cynocephalus Babuin, Papio Babuin, Simia cynocephalus etc.) am besten bekannt geworden, wenn auch nur in seinem Gefangenleben. Mit den eben beschriebenen Sippschaftsverwandten oder mit den Mantelpavianen kann der Babuin allerdings nicht verwechselt werden, wohl aber mit anderen Hundsköpfen und zumal mit dem am Kap lebenden Tschakma ( Cynocephalus porcarius ) oder der Sphinx ( Cynocephalus Sphinx) aus Westafrika, welche ihm sehr ähnlich sind. Der glatte, gleichmäßige, nirgends verlängerte Pelz ist oben olivengrünlichgelb, jedes Haar abwechselnd schwärzlich und gelb geringelt, unterseits lichter, auf den Backen weißlichgelb. Gesicht und Ohren haben schwärzlich bleigraue, die oberen Augenlider weißliche, die Hände braungraue, die Augen hellbraune Färbung. Erwachsene Männchen erreichen bei 65 bis 70 Centim. Schulterhöhe eine Gesammtlänge von 1,50 Meter, wovon der verhältnismäßig dünne Schwanz allerdings ein Drittel wegnimmt. Der Tschakma ist beträchtlich größer, plumper gebaut und dunkler gefärbt, die Sphinx eher kleiner, aber entschieden kräftiger gestaltet, ihre Schnauze kürzer und durch eine absonderliche Verdickung der Backenknochen sehr ausgezeichnet, ihr Pelz, dessen Haare schwärzlichgraue und röthlichbraune Ringel zeigen, anstatt gelbbraun, röthlichbraun mit einem Stich ins Oelgrüne.
Hinsichtlich der Lebensweise und des Betragens ist zwischen diesen drei Pavianen kaum ein Unterschied zu bemerken; ich werde deshalb vorzugsweise von der mir bekannteren Art reden.
Der Babuin lebt so ziemlich in der Heimat des Hamadryas, dringt aber weiter in das Innere Afrika's vor als dieser. Abessinien, Kordofân und andere mittelafrikanische Länder beherbergen ihn, und wo er vorkommt ist er häufig.
Hartmann hat mir über das Freileben unseres Affen nur folgende Mittheilung geben können: »Auf dem Djebel-Guli lebt der Babuin in ziemlicher Anzahl; er findet daselbst Knollen von Liliengewächsen, Früchte von wilden Feigen, Tamarinden, Beeren des Cissus- und in benachbarten Ebenen auch solche des Khetamstrauches etc., und lebt äußerst gemüthlich in den Tag hinein, falls nicht einmal ein Leopard in seine Berge kommt, ihn aufstört und, wenn es möglich ist, einen oder den anderen auffrißt. Die Eingeborenen bekümmern sich im ganzen wenig um ihn, obschon sie gelegentlich ein Junges fangen und aufziehen. In einer Hinsicht aber scheinen diese Paviane den Fungis doch lästig zu werden, wenn jene nämlich Wasser holen wollen. Die Paviane steigen von den Bergen, aus denen einige dünne Wasserfäden abwärts rieseln, zur Ebene herab und trinken hier aus den kleinen Quellteichen und Regenwasserpfützen. Nun versichern die Fungis allen Ernstes, daß ihre jungen Mädchen beim Wasserholen nicht selten von alten Babuinen angegriffen und geschlechtlich gemishandelt werden. An eine Ausführung der Absicht gedachter Paviane läßt sich bei dem Misverhältnis der Geschlechtsteile bei Affe und Weib nicht wohl denken, und die Fungis weisen dies auch aufs entschiedenste zurück; aber das geile Vieh kann die noch sehr jungen Mädchen wohl überwältigen, sie zerbeißen, zerkratzen und würgen. Deshalb gehen, sobald man noch halbe Kinder auf die Wasserplätze sendet, stets einige mit Lanzen und Schleudereisen bewaffnete junge Männer zu deren Schutze mit.
»Uns haben die reihenweise einer hinter dem anderen über die steilen Granitplatten des schroffen Djebel-Guli ziehenden und unter den Bäumen des Gebirges spielenden Paviane stets das größte Vergnügen bereitet. Bei jedem Trupp sahen wir einige in ihrer Art riesenhafte alte Herren. Unsere Absicht, Jagd auf sie zu machen, konnten wir übrigens nicht ausführen, weil sie sich bei versuchter Näherung regelmäßig rechtzeitig zurückzogen. Dagegen erhielten wir einen jungen Pavian dieser Art lebend und fanden an ihm Ihre Beobachtungen vollständig bestätigt«.
In seinen Bewegungen und seiner Stellung gleicht der Babuin ganz den anderen Pavianen; sein geistiges Wesen zeichnet ihn jedoch zu seinem Vortheile aus. Er ist ein sehr kluges Thier und gewöhnt sich, jung eingebracht, außerordentlich leicht an den Menschen, läßt sich zu allen möglichen Kunststücken ohne Mühe abrichten und hängt seinem Herrn, trotz schlechter Behandlung, mit großer Treue an. Das Weibchen ist sanfter und liebenswürdiger als das Männchen, welches oft seine Tücken und Unarten auch seinem Herrn gegenüber zeigt, während das Weibchen mit diesem auf dem traulichsten Fuße lebt.
Der erste Babuin, welchen ich besaß, erhielt den Namen Perro. Er war ein hübscher munterer Affe und hatte sich schon nach drei Tagen vollkommen an mich gewöhnt. Ich wies ihm das Amt eines Thürhüters an, indem ich ihn über unserer Hofthüre befestigte. Hier hatte er sich bald einen Lieblingsplatz ausgesucht und bewachte von dort aus die Thüre auf das allersorgfältigste. Nur uns und ihm Bekannte durften eintreten, Unbekannten verwehrte er hartnäckig den Eingang und geberdete sich dabei so toll, daß er stets gehalten werden mußte, bis der Betreffende eingetreten war, weil er sonst wie ein wüthender Hund auf denselben losgefahren sein würde. Bei jeder Erregung zeigte er sich als Pavian vom Wirbel bis zur Sohle, mit allen Gewohnheiten und Sitten, Arten und Unarten seiner Sippschaft, deren Glieder in ihrem Gebaren überhaupt die größte Uebereinstimmung bekunden. Im Zorne erhob er den Schwanz und stellte sich auf beide Füße und eine Hand; die andere benutzte er, um damit heftig auf den Boden zu schlagen, ganz wie ein wüthender Mensch auf den Tisch schlägt, nur daß er nicht die Faust ballte wie dieser. Seine Augen glänzten und blitzten, er ließ ein gellendes Geschrei hören und rannte wüthend auf seinen Gegner los. Nicht selten verstellte er sich mit vollendeter Hinterlist, nahm eine sehr freundliche Miene an, schmatzte mehrmals rasch hinter einander, was immer als Freundschaftsbetheuerung anzunehmen war, und langte sehnend mit den Händen nach Dem, welchem er etwas versetzen wollte. Gewährte ihm dieser seine Bitte, so fuhr er blitzschnell nach der Hand, riß seinen Feind an sich heran und kratzte und biß ihn. Er lebte mit allen Thieren in Freundschaft, mit Ausnahme der Strauße, welche wir besaßen. Diese trugen jedoch die Schuld des feindlichen Verhältnisses, welches zwischen beiden bestand. Perro saß, wenn seine Wächterdienste unnöthig waren, gewöhnlich ruhig auf seiner Mauer und hielt sich gegen die sengenden Sonnenstrahlen eine Strohmatte als Schirm über den Kopf. Dabei vernachlässigte er es, auf seinen langen Schwanz besondere Rücksicht zu nehmen und ließ diesen an der Mauer herabhängen. Die Straußen nun haben die Unart, nach allem möglichen, was nicht niet- und nagelfest ist, zu schnappen. Und so geschah es denn sehr oft, daß einer oder der andere dieser Vögel schaukelnd herankam, mit seinem dummen Kamelkopfe sich dem Schwanze näherte und, ohne daß Perro es ahnte, plötzlich demselben einen tüchtigen Biß versetzte. Die Strohmatte wegwerfen, laut schreien, den Strauß mit beiden Händen am Kopfe fassen und tüchtig abschütteln, war dann gewöhnlich Eins. Es kam oft vor, daß der Affe nachher eine ganze Viertelstunde lang seine Gemüthserschütterung nicht bemeistern konnte. Nun war es freilich kein Wunder, daß er dem Strauße, wo er ihn nur immer erreichen konnte, einen Hieb oder Kniff versetzte.
Während unserer Rückreise nach Egypten wurde Perro, welcher mit allem Schiffsvolke gute Freundschaft hielt, am Bord der Barke angebunden. Er fürchtete das Wasser in hohem Grade, war aber doch gescheit genug, sich, wenn er durstete, demselben so zu nähern, daß er keine Gefahr zu besorgen brauchte. Zuerst probirte er seinen festen Strick, dann ließ er sich an diesem bis nah über den Wasserspiegel hinab, streckte seine Füße in den Strom, näßte sie an und leckte sie ab, auf diese Weise seinen Durst stillend.
Gegen junge Thiere zeigte er warme Zuneigung. Als wir in Alexandrien einzogen, hatten wir ihn auf den Wagen gebunden, welcher unsere Kisten trug; sein Strick war aber so lang, daß er ihm die nöthige Freiheit gewährte. Beim Eintreten in die Stadt erblickte Perro neben der Straße das Lager einer Hündin, welche vor kurzer Zeit geworfen hatte und vier allerliebste Junge ruhig säugte. Vom Wagen abspringen und der Alten ein säugendes Junges wegreißen, war die That weniger Augenblicke; nicht so schnell gelang es ihm, seinen Sitz wieder zu erreichen. Die Hundemutter, aufs äußerste erzürnt über die Frechheit des Affen, fuhr wüthend auf diesen los, und Perro mußte seine ganze Kraft zusammennehmen, um dem andringenden Hunde zu widerstehen. Sein Kampf war nicht leicht; denn der Wagen bewegte sich stetig weiter, und ihm blieb keine Zeit übrig, hinaufzuklettern, weil ihn sonst die Hündin gepackt haben würde. So klammerte er nun den jungen Hund zwischen den oberen Arm und die Brust, zog mit demselben Arme den Strick an sich, weil dieser ihn würgte, lief auf den Hinterbeinen und vertheidigte sich mit der größten Tapferkeit gegen seine Angreiferin. Sein muthiger Kampf gewann ihm die Bewunderung der Araber in so hohem Grade, daß keiner derselben ihm sein geraubtes Pflegekind abnahm; sie jagten schließlich lieber die Hündin weg. Unbehelligt brachte er den jungen Hund mit sich in unsere Behausung, hätschelte, pflegte und wartete ihn sorgfältig, sprang mit dem armen Thiere, welches gar keinen Gefallen an solchen Tänzerkünsten zu haben schien, auf Mauern und Balken, ließ es dort in der gefährlichsten Lage los und erlaubte sich andere Uebergriffe, welche wohl an einem jungen Affen, nicht aber an einem Hunde gerechtfertigt sein mochten. Seine Freundschaft zu dem Kleinen war groß; dies hinderte ihn jedoch nicht, alles Futter, welches wir dem jungen Hunde brachten, selbst an dessen Stelle zu fressen und das arme hungerige Pflegekind auch noch sorgfältig mit dem Arme wegzuhalten, während er, der räuberische Vormund, das unschuldige Mündel beeinträchtigte. Ich ließ ihm noch an demselben Abend das Junge abnehmen und es zu seiner rechtmäßigen Mutter zurückbringen. Der Verlust ärgerte ihn dergestalt, daß er mehrere Tage sehr mürrisch war und verschiedene lose Streiche verübte.
Während meines zweiten Aufenthaltes in Ostsudân hatte ich viele Paviane derselben Art zu gleicher Zeit in meinem Gehöfte. Sie gehörten theils mir, theils einem meiner Freunde an. Jeder Pavian kannte seinen Herrn genau und ebenso gut den ihm verliehenen Namen. Es war eine Kleinigkeit, einem frischgekauften Affen beides kennen zu lehren. Wir brachten das Thier in das Innere unserer Wohnung und sorgten durch aufgestellte Wachen dafür, daß es den Raum nicht verlassen konnte. Dann nahm einer von uns die Peitsche und bedrohte den betreffenden Affen, der andere geberdete sich in ausdrucksvollster Weise als Schutzherr des Verfolgten. Nur selten wurde es wirklich nöthig, einen Pavian zu schlagen; er begriff schon die Drohung und den ihm in Aussicht gestellten Schutz und erwies sich stets sehr dankbar für die ihm in so schwerer Bedrängnis gewordene Hülfe. Ebenso leicht wurde es, einem Hundskopfaffen begreiflich zu machen, daß er mit dem oder jenem Namen getauft worden sei. Wir riefen den Namen und prügelten alle diejenigen, welche falsch antworteten. Hierin bestand das ganze Kunststück. Es war keineswegs nöthig, harte Züchtigungen zu verhängen. Die Drohung, zu schlagen, bewirkte oft mehr als die Schläge selbst und versetzte jeden Pavian stets in die größte Aufregung.
Während der Regenzeit waren wir oft an unsere Behausung gebannt. Das Fieber schüttelte auch den einen oder den anderen von uns; ich war damals bettelarm, hatte schwere Verluste der schmerzlichsten Art erlitten und befand mich in einer traurigen Lage. Da waren es die Affen vor allem, welche mich erheiterten, und ich kann wohl sagen, daß sie uns geradezu unumgänglich nothwendig wurden. Wir trieben tolle Streiche mit ihnen, lehrten ihnen allerhand Unsinn, machten die allersonderbarsten Versuche. Allein gerade hierdurch lernten wir die merkwürdigen Burschen genau kennen. Und jetzt, wo mich das Leben der Thiere mehr und mehr anzieht und zu immer umfassenderen Beobachtungen in dieser Richtung antreibt, sind mir jene tollen Streiche sehr wichtig geworden.
Unsere Affen erhielten Reitstunden. Ein dicker Esel, das unentbehrliche Reitthier eines noch dickeren und unausstehlicheren Griechen, wurde dazu benutzt. Die Affen schauderten, als sie das erste Mal sich auf den Rücken des Esels setzen sollten; doch genügte eine einzige Lehrstunde, um ihnen den Werth der höheren Reitkunst vollkommen begreiflich zu machen, und schon nach wenig Abenden hatten wir das Vergnügen, alle Affen sattelfest, wenn auch verzweiflungsvoll, auf dem Esel sitzen zu sehen, welcher seinerseits über die ihm gemachten Zumuthungen in nicht geringe Aufregung versetzt wurde. Wie vortrefflich unseren Pavianen ihre Hände und Fußhände zu Statten kamen, wurde bei diesen Versuchen recht augenscheinlich. Wir hatten ihnen gelehrt, sich wie ein Mensch auf den Rücken des geduldigen Langohrs zu setzen, und zwar ihrer drei, vier, ja fünf zu gleicher Zeit. Der erste umhalste den Esel in der zärtlichsten Weise mit seinen Vorderarmen; mit den Füßen aber krampfte er sich in dem Felle des Thieres so fest, daß er mit demselben zusammengewachsen zu sein schien. Sein hinter ihm sitzender Mitreiter klammerte sich mit seinen Händen an ihn an, mit den Füßen aber genau in derselben Weise, wie jener an den Esel, und so alle übrigen Reiter! Ich brauche wohl nicht zu versichern, daß man sich unmöglich einen tolleren Anblick denken kann, als vier oder fünf Affen auf dem Rücken des oft genug und mit vollem Rechte störrisch werdenden Grauthieres.
Alle unsere Paviane theilten mit den Eingeborenen die Leidenschaft für die Merisa, eine Art Bier, welche die Sudânesen aus den Körnern der Durrah oder des Dohhen zu bereiten wissen. Sie berauschten sich oft in diesem Getränke und bewiesen mir dadurch, daß die Sudânesen mich der Wahrheit gemäß über den Fang der Paviane unterrichtet hatten. Rothwein tranken die Affen auch, Branntwein dagegen verschmähten sie stets. Einmal gossen wir ihnen ein Gläschen davon mit Gewalt in das Maul. Die Folge zeigte sich bald, zumal unsere Thiere vorher schon hinreichend oft die Merisa gekostet hatten. Sie wurden vollständig betrunken und schnitten die allerfürchterlichsten Gesichter, wurden übermüthig, leidenschaftlich, thierisch, kurz, gaben mir ein abschreckendes Zerrbild eines rohen, betrunkenen Menschen. Am anderen Morgen stellte sich der Katzenjammer mit allen seinen Schrecken ein. Die von dieser unheimlichen Plage befallenen Paviane machten jetzt Gesichter, welche wahrhaft erbarmungswürdig aussahen. Man merkte es ihnen an, daß ein heftiger Kopfschmerz sie peinige; sie hielten sich auch wohl wie Menschen unter solchen Umständen mit beiden Händen das beschwerte Haupt und ließen von Zeit zu Zeit die verständlichsten Klagen hören. Wie der Katzenjammer ihnen mitspielte, zeigten sie dadurch, daß sie nicht nur das ihnen gebrachte Futter, sondern auch die ihnen dargebrachte Merisa verschmähten und sich von Wein, den sie sonst sehr liebten, mit Abscheu wegwandten. Dagegen erquickten sie kleine saftige Citronen außerordentlich; sie geberdeten sich auch hierin wieder vollkommen menschlich und würden unzweifelhaft dem Häringe die gebührende Ehre angethan haben, hätten wir ihnen denselben nur reichen können.
Mit den anderen Thieren, welche ich lebendig hielt, vertrugen sie sich sehr gut. Eine zahme Löwin, von der ich weiter unten berichten werde, ängstigte zwar die Meerkatzen auf das höchste, nicht aber die muthigen Hundsköpfe. Sie flohen wohl auch, wenn sich das gefürchtete Thier nahte, hielten ihm aber tapfer Stand, sowie die Löwin einen Versuch machte, einen Pavian wirklich anzugreifen. Dasselbe habe ich später stets beobachtet. Meine zahmen Paviane flohen z. B. vor Jagdhunden, welche ich auf sie hetzte, trieben dieselben jedoch augenblicklich in die Flucht, wenn einer der Hunde es wirklich gewagt hatte, sie am Felle zu packen. Der flüchtende Affe sprang dann unter furchtbarem Gebrülle blitzschnell herum, hing sich mit unglaublicher Gewandtheit an den Hund an und maulschellirte, biß und kratzte ihn derartig, daß der Gegner in höchster Verblüffung und gewöhnlich heulend das Weite suchen mußte. Um so lächerlicher war ihre jedes Maß übersteigende Furcht vor Kriechthieren und Lurchen aller Art. Eine unschuldige Eidechse, ein harmloser Frosch brachten sie geradezu in Verzweiflung! Sie rasten förmlich, suchten die Höhe zu gewinnen und klammerten sich krampfhaft an Balken und Mauern fest, so weit es ihr Strick zuließ. Gleichwohl war ihre Neugierde so groß, daß sie nie umhin konnten, sich die ihnen entsetzlichen Thiere in der Nähe zu betrachten. Ich brachte ihnen unter anderen mehrmals giftige Schlangen in Blechschachteln mit. Sie wußten aus Erfahrung, was für gefährliche Wesen diese Schachteln beherbergten, konnten aber doch nicht widerstehen, die geschlossenen Gefängnisse der Schlangen aufzumachen und weideten sich dann gleichsam an ihrem eigenen Entsetzen. In dieser Furcht vor Kriechthieren sind meiner Erfahrung nach alle Affen gleich.
Einer dieser Paviane verendete auf sehr traurige Weise. Mein Diener wollte ihn im Nile baden und warf ihn vom Bord unseres Schiffes aus in den Strom. Der Affe war an einem langen Stricke befestigt, dessen Ende August in der Hand behielt. Unglücklicherweise aber entfiel ihm dieser, der Affe versank, ohne auch nur einen Versuch im Schwimmen zu machen, und ertrank.
Ein anderes Mitglied der Gesellschaft brachte ich mit mir nach Deutschland und in meine Heimat. Es zeichnete sich durch auffallenden Verstand aus, verübte aber auch viele lose und tolle Streiche. Unser Haushund hatte sich jahrelang als Tyrann gefallen und war in seinem Alter so mürrisch geworden, daß er eigentlich mit keinem Geschöpfe im Frieden lebte und, wenn er erzürnt war oder gestraft werden sollte, sogar nach seinem eigenen Herrn biß. An Atile, so hieß mein Pavian, fand er jedoch einen ihm nicht nur ebenbürtigen, sondern sogar überlegenen Gegner. Atile machte sich ein Vergnügen daraus, den Hund auf jede Weise zu ärgern. Wenn er draußen im Hofe seinen Mittagsschlummer hielt und sich in der bequemsten Weise auf den grünen Rasen hingestreckt hatte, erschien die neckische Aeffin leise neben ihm, sah mit Befriedigung, daß er fest schlafe, ergriff ihn sacht am Schwanze und erweckte ihn durch einen plötzlichen Riß an diesem geachteten Anhängsel aus seinen Träumen. Wüthend fuhr der Hund auf und stürzte sich bellend und knurrend auf die Aeffin. Diese nahm die herausfordernde Stellung an, schlug mit der einen Hand wiederholt auf den Boden und erwartete getrost ihren erbitterten Feind. Der erreichte sie zu seinem grenzenlosen Aerger niemals. Sowie er nämlich nach ihr biß, sprang sie mit einem Satze über den Hund hinweg und hatte ihn im nächsten Augenblicke wieder beim Schwanze. Daß der Hund durch solche Beleidigung zuletzt geradezu rasend wurde und wirklich vor Wuth schäumte, fand ich erklärlich. Es half ihm aber nichts: schließlich räumte er stets mit eingezogenem Schwanze das Feld.
Atile liebte Pflegekinder aller Art. Hassan, die bereits erwähnte Meerkatze, war ihr Liebling und genoß ihre Zuneigung in sehr hohem Grade – so lange es sich nicht um das Fressen handelte. Daß der gutmüthige Hassan so zu sagen jeden Bissen mit ihr theilte, schien sie ganz selbstverständlich und keines Dankes würdig zu finden. Sie verlangte von ihm sklavische Unterwürfigkeit; sie brach ihm, wie schon bemerkt, augenblicklich das Maul auf und leerte die gefüllten Vorrathskammern Hassans ohne Umstände aus, wenn dieser den kühnen Gedanken gehabt hatte, auch für sich etwas in Sicherheit zu bringen. Uebrigens genügte ihrem großen Herzen ein Pflegekind noch nicht; ihre Liebe verlangte umfassendere Beschäftigung. Sie stahl junge Hunde und Katzen, wo sie immer konnte, und trug sie oft lange mit sich umher. Eine junge Katze, welche sie gekratzt hatte, wußte sie unschädlich zu machen, indem sie mit großer Verwunderung die Klauen des Thieres untersuchte und die ihr bedenklich erscheinenden Nägel dann ohne weiteres abbiß. Die menschliche Gesellschaft liebte sie sehr, zog aber Männer ganz entschieden Frauen vor und neckte und ärgerte letztere in jeder Weise. Auf Männer wurde sie bloß dann böse, wenn diese ihr etwas zu Leide gethan hatten, oder wenn sie glaubte, daß ich sie auf die Leute hetzen wolle. In diesem Punkte war sie ganz wie ein abgerichteter Hund. Man durfte ihr bloß ein Wort sagen oder Jemand zeigen: sie fuhr dann sicher wüthend auf den Betreffenden los und biß ihn oft empfindlich. Empfangene Beleidigungen vergaß sie wochenlang nicht und rächte sich, sobald sich ihr Gelegenheit bot.
Ihr Scharfsinn war außerordentlich groß. Sie stahl meisterhaft, machte Thüren auf und zu und besaß eine bedeutende Fertigkeit, Knoten zu lösen, wenn sie glaubte, dadurch irgend etwas zu erreichen. Schachteln und Kisten öffnete sie ebenfalls und plünderte sie dann immer rein aus. Wir pflegten sie manchmal zu erschrecken, indem wir ein Häufchen Pulver vor sie auf den Boden schütteten und dieses dann mit Feuerschwamm anzündeten. Sie schrie gewöhnlich laut auf, wenn das Pulver aufblitzte, und machte einen Satz, so weit ihr Strick es zuließ. Doch ließ sie sich derartige Schrecken nur einigemal gutwillig gefallen. Später war sie pfiffig genug, den brennenden Schwamm mit ihren Händen zu ersticken und so die Entzündung des Pulvers zu verhüten! Dann fraß sie dasselbe regelmäßig auf, wahrscheinlich des salpeterigen Geschmackes wegen.
Während des Winters bewohnte sie gewöhnlich den warmen Ziegenstall, trieb aber hier häufig Unfug, indem sie Thüren aushob und so die Ziegen und Schweine befreite, Breter abdeckte und andere unerlaubte Streiche ausführte. Das eingemischte Kleienfutter, welches die Ziegen erhielten, fraß sie leidenschaftlich gern und fing deshalb oft Streit mit den rechtmäßigen Eigenthümern an. Hierbei benahm sie sich äußerst geschickt: sie faßte nämlich mit der einen Hand den Eimer oder Kübel, mit der anderen packte sie die Ziege an den Hörnern oder an dem um dieselbe gewundenen Stricke und hielt sie, während sie selber trank, so weit als möglich von sich ab. Wenn eine Ziege sie stieß, schrie sie laut auf und hing dann gewöhnlich im nächsten Augenblicke an dem Halse ihrer Gegnerin, um sie zu bestrafen. Sie verzehrte alles Genießbare, namentlich gern Kartoffeln, welche auch ihre Hauptspeise bildeten. Gewürzhafte Sämereien, zumal Kümmel, waren eine Leckerei für sie. Den Tabak und noch mehr den Tabaksrauch liebte sie, wie alle Affen, in hohem Grade, und sperrte, wenn ich ihr denselben in das Gesicht blies, das Maul weit auf, um davon so viel als möglich einzuschlürfen.
Ihre Zuneigung zu mir überstieg alle Grenzen. Ich konnte thun, was ich immer wollte: ihre Liebe gegen mich blieb sich gleich. Wie es schien, betrachtete sie mich in allen Fällen als vollkommen unschuldig an allen Uebeln, welche ihr widerfuhren. Wenn ich sie züchtigen mußte, wurde sie niemals auf mich wüthend, sondern stets auf Diejenigen, welche zufällig anwesend waren, wahrscheinlich weil sie glaubte, daß diese die Schuld an ihrer Bestrafung trügen. Mich zog sie unter allen Umständen ihren sämmtlichen Bekannten vor: sie wurde, wenn ich mich nahte, augenblicklich eine Gegnerin von Denen, welche sie eben noch geliebkost hatte.
Freundliche Worte schmeichelten ihr, Gelächter empörte sie, zumal wenn sie merkte, daß es ihr galt. Sie antwortete jedesmal, wenn wir sie riefen, und kam auch zu mir heran, wenn ich es wünschte. Ich konnte weite Spaziergänge mit ihr machen, ohne sie an die Leine zu nehmen. Sie folgte mir wie ein Hund, wenn auch nur in weiten Bogen, die sie nach eigenem Ermessen ausführte, und Hassan lief wiederum ihr treulich nach.
Als Hassan starb, war sie sehr unglücklich und stieß von Zeit zu Zeit ein bellendes Geschrei aus, auch in der Nacht, welche sie sonst regelmäßig verschlafen hatte. Wir mußten fürchten, daß sie den Verlust ihres Gefährten nicht überleben würde und verkauften sie deshalb an den Besitzer einer Thierschaubude, bei welchem sie andere Gesellschaft fand.
Der Babuin wird im Sudân oft gefangen, auf dem Nile herunter nach Egypten und von dort nach Europa gebracht, muß jedoch auch von anderer Seite hierher gelangen, weil man ihn ziemlich häufig in Gefangenschaft sieht. In Egypten dient er Gauklern ziemlich zu denselben Zwecken wie der Hamadryas, welchen wir demnächst kennen lernen werden. In Europa ist er ein ständiger Bewohner der Affenhäuser in den Thiergärten und der Affenkäfige in den Thierschaubuden, ebenso regelmäßig auch auf dem Affentheater zu finden, weil sein biegsamer Schwanz leicht in der Kleidung versteckt werden kann und Klugheit und gutmüthiges Wesen ihn in derselben Weise zur Abrichtung geeignet erscheinen lassen. Wie leicht er lernt, ist aus dem Vorstehenden ersichtlich geworden; wie treu er behält und wie willig er »arbeitet«, zeigt sich bei jeder Vorstellung auf der Affenbühne. Er zählt unter die größten Künstler derselben.
Der bereits mehrfach erwähnte Pavian, welcher ebenso wohl seiner Gestalt wie seines ausgezeichneten Verstandes und vielleicht auch seiner unliebenswürdigen Eigenschaften halber in der Urgeschichte der Menschheit eine große Rolle spielt, ist der Hamadryas oder Mantelpavian ( Cynocephalus Hamadryas, Cynocephalus Toth, Simia, Cercopithecus, Papio Hamadryas, Hamadryas chaeropithecus etc.). Wie er zu der Ehre gekommen ist, den Namen einer altgriechischen Baumnymphe zu tragen, weiß ich nicht; in seiner Gestalt und in seinem Wesen liegt wahrhaftig nichts Weibliches. Die alten Völker waren es nicht, welche ihm jenen Namen verliehen. Herodot, Plutarch und Plinius bezeichnen ihn mit Cynocephalus, Strabo nennt ihn Cebus, Juvenal Cercopithecus, Agatharchides Sphinx. Bei den heutigen Abessiniern heißt er Hebe, bei den Arabern Robah und in Egypten endlich Khird. Unter all diesen Namen ist nicht ein einziger, welcher an irgend welche Nymphe erinnert; man müßte denn » Sphinx« als solchen betrachten wollen.
Ueber die Verehrung, welche der Hamadryas bei den alten Egyptern genoß, hat uns (S. 54) Dümichen belehrt. Eine Folge davon läßt sich noch jetzt nachweisen; denn alle Bewohner der Steppenländer des inneren Afrika und auch ein großer Theil der Abessinier tragen ihre Haare genau in derselben Weise gekämmt und gescheitelt wie der Hamadryas, und er ist somit unverkennbar zum Vorbilde für jene Leute geworden, mögen diese auch mehr die Bildsäulen als das lebende Thier im Auge gehabt haben. Heutigen Tages genießt der Hamadryas in jenen Ländern keine Verehrung mehr. Seine Schädlichkeit ist zu groß, als daß er sich die Freundschaft der Menschen erwerben sollte.
Gegenwärtig findet sich das Thier in Egypten nirgends mehr wild. Auch Prosper Alpinus, welcher im Jahre 1580 in Egypten war, sagt ausdrücklich, daß es dort keine Affen gäbe, sondern daß sie aus Arabien eingeführt würden. »Sie sind so talentvoll«, fährt er dort fort, »daß man ihnen nicht den Verstand absprechen kann. Die Thierführer lehren ihnen sehr leicht, was sie wollen, zuweilen höchst sinnreiche Spiele, mit denen sie die Zuschauer ergötzen. Solche abgerichtete Affen sieht man oft in Kairo, Alexandrien und anderswo. Besonders die Männchen sind den Bewohnern aufsässig; allein man kann es nicht wohl erzählen, wie unanständig sie sich geberden. Jene, welche großen Hunden gleichen, verfolgen die arabischen Weiber auf den Feldern, und deshalb beschmieren sich diese ihr Gesicht und selbst den Leib mit Safran. Hierdurch bleiben sie von den Anfällen der Affen frei; denn letztere glauben dann, den mit Safran eingeriebenen Frauen wäre nicht wohl, und sie könnten selbe nicht gebrauchen.«
Hinsichtlich der letzten Angabe läßt sich unser Forscher zu falschen Folgerungen verleiten. Ich selbst habe beobachtet, daß sich die Frauen der Nomaden in jenen Gegenden wirklich ihr Gesicht mit Safran beschmieren: allein dies geschieht keineswegs der Affen halber, sondern aus denselben Rücksichten, welche unsere Frauen bewegen, zartes Roth auf ihre zarten Wangen zu legen.
Alvarez, welcher etwa um dieselbe Zeit als Alpinus in Afrika und zwar in Abessinien war, berichtet, daß er die Mantelpaviane in ungeheueren Herden gesehen habe, und gibt eine sehr richtige Beschreibung von ihrem Wesen und Treiben. »Sie lassen«, sagt er, »keinen Stein liegen; wenn ihrer zwei oder drei einen nicht umwenden können, so stellen sich so viele daran, als Platz haben, drehen ihn dennoch um und suchen ihre Lieblingsnahrung hervor. Auch Ameisen fressen sie gern und legen, um diese zu fangen, ihre Hände umgekehrt auf die Haufen, und sobald eine Hand mit Ameisen bedeckt ist, bringen sie dieselbe rasch zu Munde. Wenn man sie nicht abwehrt, verheeren sie die Felder und Gärten. Ohne Kundschafter gehen sie zwar nicht in die Pflanzungen; aber wenn diese ihnen das Zeichen zur Sicherheit gegeben, dringt die ganze Bande in den Garten oder das umhegte Feld und läßt nichts übrig. Anfangs sind sie ganz still und ruhig, und wenn ein unkluges Junges einen Laut hören läßt, bekommt es eine Ohrfeige; sobald sie jedoch die Furcht verlieren, zeigen sie durch gellendes Geschrei ihre Freude über ihre glücklichen Ueberfälle. Sie würden sich in entsetzlicher Weise vermehren, wenn nicht der Leopard so viele ihrer Jungen zerrisse und fräße, obgleich die Alten diese muthig zu vertheidigen suchen.«
Unter den neueren Forschern gibt Ehrenberg zuerst eine ziemlich ausführliche Beschreibung unserer Affen, welchen er in Arabien und an der Küste von Abessinien einzeln und in großen Scharen begegnete. Später erzählen Rodatz und Bayssière von ihnen. Ich meinestheils traf den Mantelpavian auf meiner ersten Reise nach Afrika im Freileben nirgends an, um so häufiger aber auf meinem leider nur zu kurzen Ausfluge nach Abessinien im Frühjahre 1862, und kann also aus eigener Erfahrung über ihn reden.
Der Hamadryas bewohnt das ganze Küstengebirge Abessiniens und Südnubiens, nach Norden hin, so weit die Regen herabreichen, in ziemlicher Anzahl. Je pflanzenreicher die Gebirge, um so angenehmer scheinen sie ihnen zu sein. Wasser in der Nähe ist unerläßliche Bedingung für das Wohlbefinden einer Herde. Von den höheren Bergen herab wandern die Gesellschaften zuweilen auf die niederen Hügelreihen der Samchara oder des Wüstenstreifens an der Meeresküste herab; die Hauptmasse bleibt aber immer im Hochgebirge. Hier bewohnt jede Herde ein Gebiet von vielleicht anderthalb oder zwei Meilen im Durchmesser. Man begegnet kleineren Gesellschaften viel seltener als größeren. Ich sah ein einzigesmal eine Schar von fünfzehn bis zwanzig Stücken, sonst aber immer Herden, welche der geringsten Schätzung nach ihrer hundert und fünfzig zählen mochten. Darunter befinden sich dann etwa zehn bis fünfzehn vollkommen erwachsene Männchen – wahrhafte Ungeheuer von bedeutender Größe und einem Gebiß, welches das des Leoparden an Stärke und Länge der Zähne bei weitem übertrifft, – und etwa doppelt so viele erwachsene Weibchen. Der Rest besteht aus Jungen und Halberwachsenen. Die alten Männchen zeichnen sich durch ihre gewaltige Größe und den langen Mantel aus – bei einem von mir erlegten mittelalten Männchen messen die Mantelhaare 27 Centim.; – die Weibchen sind kürzer behaart und dunkler, d. h. olivenbraun von Farbe; die Jungen ähneln der Mutter. Unsere Abbildung überhebt mich einer Beschreibung der sonderbaren Haarlage auf dem Kopfe des Hamadryas, welche bei den Afrikanern so großen Beifall fand; hinsichtlich der Färbung aber muß ich bemerken, daß jedes einzelne Haar abwechselnd grünlich braun und gelblich geringelt ist, wodurch eine sehr schwer zu beschreibende, dürr gewordenem Grase am meisten ähnelnde Gesammtfärbung des Pelzes entsteht. Die Kopfseiten und Hinterbeine sind immer lichter, meist aschgrau. Das Gesäß ist brennend roth, das nackte Gesicht schmutzig fleischfarben. Je älter die Männchen werden, um so mehr lichtet sich die Farbe ihres Mantels. Jedoch scheint es mir wahrscheinlich, daß es wenigstens zwei verschiedene Arten dieser Paviane gibt: eine kleinere mit aschgrauem Mantel, welche Asien bewohnt, und die bedeutend größere, afrikanische Art, bei welcher der Mantel auch im höchsten Alter immer grünlich blaugrau gefärbt ist. Unsere Abbildung stellt die erstere dar. Die Länge des ausgewachsenen Männchens beträgt 0,9 bis 1 Meter, wovon 20 bis 25 Centim. auf den Schwanz kommen, die Höhe am Widerrist 50 Centim.
In den Frühstunden oder bei Regen findet man die ganze Bande an ihren Schlafplätzen, größeren und kleineren Höhlungen an unersteiglichen Felswänden und auf überdachten Felsgesimsen, möglichst nahe zusammengedrückt, die Jüngeren und Schwächeren dicht an den Leib ihrer Mütter und bezüglich auch ihrer Väter geschmiegt. Bei gutem Wetter verläßt die Herde jene Wände in den Vormittagsstunden und wandert nun langsam und gemächlich längs der Felswände dahin, hier und da eine Pflanze ausziehend, deren Wurzel hauptsächlich als Nahrungsmittel zu dienen scheint, und jeden nicht allzu großen Stein umwendend, um zu besonderen Leckerbissen, den unter den Steinen verborgenen Kerbthieren, Schnecken und Würmern zu gelangen. Sobald das Frühmahl eingenommen, steigen alle nach der Höhe des Bergkammes empor. Die Männchen setzen sich ernst und würdig auf große Steine, an deren einer Seite die körperlangen gequasteten Schwänze herabhängen, den Rücken immer dem Winde zugekehrt; die Weibchen beaufsichtigen ihre ohne Unterlaß spielenden und sich balgenden Jungen und treiben sich unter diesen umher. In den späten Nachmittagsstunden zieht die Gesellschaft zum nächsten Wasser, um dort zu trinken; dann geht sie nochmals auf Nahrung aus und wendet sich schließlich nach irgend einem geeigneten Schlafplatze. Ist ein solcher besonders günstig, so darf man mit Sicherheit darauf rechnen, die Paviane gegen Abend da einziehen zu sehen, selbstverständlich, so lange man sie nicht durch wiederholte Verfolgungen gestört hat. Durrahfelder in der Nähe des Wohnplatzes gehören zu den ganz besonderen Annehmlichkeiten desselben und müssen sorgfältig gehütet werden, wenn man auf eine Ernte rechnen will; sonst erscheinen die frechen Räuber tagtäglich, verwüsten weit mehr, als sie verzehren, und richten schließlich das ganze Feld vollständig zu Grunde.
Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, daß sie mehr oder weniger ausgedehnte Wanderungen unternehmen, in der Absicht, ein von ihnen ausgeplündertes Gebiet mit einem noch Nahrung versprechenden zu vertauschen; wenigstens versicherten mir die dortigen Eingeborenen, daß man sie keineswegs das ganze Jahr über an einer und derselbe Stelle bemerke, sie vielmehr kämen und gingen, wie es ihnen eben beliebe. Wie alle Affen werden die Mantelpaviane durch ihr Fortpflanzungsgeschäft wenig in Anspruch genommen, mindestens nicht aufgehalten. Ich glaube nicht einmal, daß die meisten Geburten in eine bestimmte Jahreszeit fallen, schließe vielmehr aus Beobachtungen an Gefangenen, insbesondere über den Blutfluß der Weibchen, daß ihre Fortpflanzung und beziehentlich die Geburt ihrer Jungen in jedem Monate des Jahres erfolgen kann. Mein Aufenthalt in den von Hamadryaden bewohnten Gebieten war zu kurz, als daß ich mir hierüber hätte Aufklärung verschaffen können, und ich vermag deshalb nur einige Beobachtungen über die Fortpflanzung gefangener Hamadryaden hier mitzutheilen.
Von den vielen Weibchen, welche ich gepflegt habe, gebar eines zu meiner Ueberraschung anfangs Oktober ein vollkommen ausgetragenes Junge. Der letzte Blutfluß hatte 4-1/2 Monate früher stattgefunden; als Trächtigkeitsdauer ist dieser Zeitraum jedoch wohl kaum anzunehmen. Das Junge kam mit geschlossenen Augen zur Welt, hatte vollkommen ausgebildete Nägel und sehr feines Haar, von oben schwärzlicher, seitlich graulicher Färbung, während die Unter- und Innenseite nackt oder wenigstens fast nackt war, so daß man die einzelnen Haare kaum bemerken konnte. Die Hautfarbe dieser Stellen war hochziegelroth. Die Gesammtlänge des Thierchens betrug 38 Centim., die Schwanzlänge allein 17 Centim., die Fußlänge 5,5 Centim., die Handlänge 4,5 Centim.
Das Junge wurde in den Vormittagsstunden an einem sehr kalten Morgen geboren, während sich die Mutter in einem großen Raume mit vielen anderen Affen zusammen befand. Sofort nach der Geburt oder richtiger, nachdem diese in Erfahrung gebracht worden war, trennten wir das Weibchen und sein Junges von der übrigen Gesellschaft ab und brachten es in einem passenden Raume unter. Die Mutter zeigte sich außerordentlich zärtlich gegen ihren Sprossen, aber auch im höchsten Grade besorgt um ihn. Sie hielt das an ihre Brust gedrückte Kind mit beiden Armen fest und leckte es fortwährend an allen Theilen des Leibes. Näherte sich Jemand, so schrie sie entsetzt auf, den gewöhnlichen Ausdruck der Angst »eck, eck, eck« ausstoßend, drehte sich auch gewöhnlich ab und kehrte dem Beobachter den Rücken zu. Die Nabelschnur, welche anfangs noch ziemlich weit herabhing, hatte sie bereits zwei Stunden nach der Geburt und zwar hart am Nabel abgebissen, ohne daß deshalb eine Blutung erfolgt wäre. Das Junge schien sehr schwach zu sein, regte sich wenig und gab nur leise, mehr tönende als schreiende Laute von sich. Bereits in den Nachmittagsstunden schien die Mutter zu merken, daß ihr Kind sterben werde; denn sie hatte es auf dem Boden des Käfigs abgelegt, ging auf und ab, oft an dem Kleinen vorüber und betrachtete es dabei mit anscheinend gleichgültigem Blicke; doch duldete sie nicht, daß Jemand von uns es aufnahm, ergriff es vielmehr sofort, wenn einer Miene machte, es zu berühren, und legte es wieder an ihre Brust. Gegen Abend war das Junge bereits regungslos; am nächsten Morgen lag es verendet auf dem Boden des Käfigs.
Ob infolge der Geburt, ob aus anderen Gründen, bleibe dahin gestellt: jedenfalls zeigte das Weibchen in der nächsten Zeit ein durchaus verändertes Wesen, litt entschieden, bekundete wenig Freßlust, saß viel auf einer und derselben Stelle, versteckte sich halb im Stroh, zitterte, als ob Frost es schüttele, legte sich oft nieder und sah überhaupt höchst kläglich aus. Um andere Affen bekümmerte es sich nicht mehr, und auch als ich ihm in zwei weiblichen, sanftmüthigen Makaken Gesellschaft geben ließ, verhielt es sich abwehrend. Dies änderte sich jedoch plötzlich, als Mitte Novembers ein Makake geboren hatte. Wenige Minuten später nämlich bemerkten die Wärter das Junge in den Armen des Hamadryasweibchens, so daß sie zu der thörichten Ansicht verleitet wurden, letzteres habe ein zweites nachgeborenes Junge zur Welt gebracht. Diese Meinung wurde nun freilich sehr bald durch das Thier selbst zerstört, da es sich wenig mütterlich betrug, das Junge oft aufs Stroh legte und sich zeitweilig kaum um dasselbe kümmerte. Deshalb erhielt denn auch die wahre Mutter endlich ihr Kind zurück, leider aber doch zu spät, da es am anderen Morgen ebenfalls verendete. So unmütterlich das Betragen des Hamadryasweibchens erscheinen muß, so läßt sich kaum daran zweifeln, daß seine vorhergehende Krankheit hauptsächlich eine Folge der Gemüthsbewegung über den Verlust des Jungen war, und es vielleicht nur in der Absicht, sich schadlos zu halten, der Makakenmutter ihr Kind raubte. Es steht dies wenigstens vollständig im Einklange mit den Beobachtungen, welche ich an anderen Affen gemacht habe, im Einklange auch mit dem Benehmen der freilebenden Mantelpaviane gegen ihre Kinder oder kleine unselbständige Affen ihres Geschlechts üherhaupt. Ja, nicht einmal bloß die Mütter oder die Weibchen insgemein, sondern auch die Männchen beweisen jungen Affen ihrer Art die größte Zärtlichkeit und treten unter Umständen mannhaft für sie in die Schranken.
Wenn die Mantelpaviane still sitzen, schweigt die ganze Gesellschaft, so lange sich nichts Auffälliges zeigt. Ein etwa herankommender Menschenzug oder eine Viehherde entlockt einem oder dem anderen ganz sonderbare Laute, welche am besten mit dem Gebell mancher Hunde verglichen werden können und wahrscheinlich nichts anderes bezwecken, als die Aufmerksamkeit der Gesammtheit zu erregen. Bei gefahrdrohender Annäherung eines Menschen oder eines Raubthieres aber werden die allerverschiedensten Töne laut. Am treffendsten kann man das Stimmengewirr einer erregten Hamadryadenherde mit dem Grunzen und Quieken eines zahlreichen Rudels von Schweinen vergleichen. Dazwischen vernimmt man Laute, welche bald an das Brüllen des Leoparden, bald an das dumpfe Brummen eines Herdenstiers erinnern. Die ganze Gesellschaft brüllt, brummt, bellt, schreit, grunzt und quiekt durcheinander. Alle kampffähigen Männchen rücken auf der Felskante vor und schauen aufmerksam in das Thal hinab, um die Gefahr abzuschätzen; die Jungen suchen Schutz bei den älteren; die Kleinen hängen sich an die Brust der Mütter oder klettern auch wohl auf deren Rücken, und nunmehr setzt sich der ganze Zug in Bewegung und eilt auf allen Vieren laufend und hüpfend dahin.
Vor den Eingeborenen fürchtet sich der Hamadryas so gut wie nicht. Er zieht, unbekümmert um die braunen Leute, dicht vor ihnen hin und trinkt aus demselben Bache mit ihnen. Ein Weißer erregt jedoch schon mancherlei Bedenken, obwohl man nicht gerade behaupten kann, daß die Affen vor ihm scheu entfliehen. Mehr noch als andere Familienverwandte zeigen unsere Paviane jene bedächtige Ruhe, welche niemals um einen Ausweg verlegen ist, die Gefahr mag noch so nah sein. Anders verhält sich die Sache, wenn die Herde Hunde oder gar Leoparden gewahrt. Dann erheben die alten Männchen ein furchtbares Gebrüll und Gebrumm, schlagen erzürnt mit der einen Hand auf den Felsen, fletschen die Zähne und schauen funkelnden Auges auf jene Störenfriede hinab, augenscheinlich bereit, gemeinsam über sie herzufallen.
Die erste Gesellschaft, welcher ich begegnete, ruhete eben von ihrer Frühwanderung aus. Sie saß auf der Kante eines nach beiden Seiten hin ziemlich steil abfallenden Grates. Ich hatte schon von weitem die hohen Gestalten der Männchen gesehen, dieselben aber für auf dem Kamme liegende Felsblöcke gehalten; denn mit solchen haben die Affen, so lange sie ruhig sind, die größte Aehnlichkeit. Erst ein wiederholtes einlautiges Bellen, ungefähr dem hoch ausgestoßenen Laute » Kuck« vergleichbar, belehrte mich. Aller Köpfe richteten sich nach uns hernieder; nur die Jungen spielten noch unbesorgt weiter, und einige Weibchen gaben ihr Lieblingsgeschäft nicht auf, sondern durchsuchten noch eifrig den Pelz eines alten Herrn nach Ungeziefer. Wahrscheinlich würde die ganze Gesellschaft in beobachtender Haltung geblieben sein, hätten wir nicht zwei muntere und thatenlustige Hunde mit uns geführt, schöne, schlanke Windspiele, gewohnt, die Hiäne von den Wohnungen abzutreiben, erprobt selbst im Kampfe gegen den Wolf jener Länder. Sie antworteten mit Gebell auf besagte Laute, und sofort entstand ein allgemeiner Aufstand unter der Herde. Es mochte den Affen daran zu liegen scheinen, einen noch sichereren Aufenthaltsort zu suchen. Sie zogen deshalb bis auf die letzten Posten längs des Kammes dahin und verschwanden unseren Blicken. Doch sahen wir zu unserer Ueberraschung bei der nächsten Biegung des Thales die ganze Herde, diesmal an einer senkrecht erscheinenden, sehr hohen Felsenwand, wo sie in langer Reihe, in einer heute noch mir unbegreiflichen Weise gleichsam an den Felsen klebten. Diese Reihe erschien uns zu lockend, als daß wir sie hätten ungestört in ihrer Ruhe lassen können. Die Jagdlust wurde allzumächtig. Von dem Bedauern, welches jeder Jäger verspürt, wenn er kleine Affen jagt oder jagen will, fühlten wir jetzt keine Regung in uns aufsteigen; denn die Hamadryaden erschienen uns durchaus nicht als Abbild des Menschen, sondern als wüthende, grimmige Raubthiere, keiner Schonung werth und zur Jagd durchaus geeignet. Leider war die Wand so hoch, daß an ein sicheres Schießen nicht zu denken war. Wir gedachten also die Gesellschaft wenigstens aufzustören. Der Knall des ersten Schusses brachte eine unbeschreibliche Wirkung hervor. Ein rasendes Brüllen, Heulen, Brummen, Bellen und Kreischen antwortete; dann setzte sich die ganze Kette in Bewegung und wogte an der Felswand dahin mit einer Sicherheit, als ob die Gesellschaft auf ebenem Boden sich fortbewege, obgleich wir nicht absehen konnten, wie es nur möglich war, festen Fuß zu fassen. Ein schmales Gesims schien von den Affen als höchst bequemer Weg betrachtet zu werden. Nur an zwei Stellen, wo sie einmal gegen drei Meter in die Tiefe und beinahe ebenso wieder aufsteigen mußten, bewegte sich der Zug langsamer und vorsichtiger. Wir feuerten etwa sechs Schüsse ab; aber es war uns unmöglich, sicher zu zielen, auch schon weil der Anblick so viel Ueberraschendes hatte, daß uns alle Ruhe verloren ging. Immerhin aber waren unsere Kugeln noch gut genug gerichtet, um die Aufregung der Affen bis zum Entsetzen zu steigern. Ueberaus komisch sah es aus, wie die ganze Herde nach einem Schusse urplötzlich sich an einem Felsen anklammerte, als fürchte sie, durch die bloße Erschütterung zur Tiefe herabgestürzt zu werden. Wie es schien, entkamen alle unversehrt unseren Geschossen. Allein der Schreck mochte ihnen doch wohl einen Streich gespielt haben; denn es wollte uns dünken, als hätten sie die ihnen sonst eigene Berechnung diesmal ganz außer Acht gelassen. Beim Umbiegen um die nächste Wendung des Thales trafen wir die Gesellschaft nicht mehr in der Höhe, sondern in der Tiefe an, eben im Begriffe, das Thal zu überschreiten, um auf den gegenüberliegenden Höhen Schutz zu suchen. Ein guter Theil der Herde war bereits am jenseitigen Ufer angekommen, die Hauptmasse jedoch noch zurück. Unsere Hunde stutzten einen Augenblick, als sie das wogende Gewimmel erblickten; dann stürzten sie sich mit jauchzendem Bellen unter die Bande. Jetzt zeigte sich uns ein Schauspiel, wie man es nur selten zu schauen bekommt. Sobald die Hunde herbeieilten, warfen sich von allen Felsen die alten Männchen herab in das Thal, jenen entgegen, bildeten sofort einen Kreis um die Rüden, brüllten furchtbar, rissen die zähnestarrenden Mäuler weit auf, schlugen mit den Händen grimmig auf den Boden und sahen ihre Gegner mit so boshaften, wüthend funkelnden Blicken an, daß die sonst so muthigen, kampflustigen Thiere entsetzt zurückprallten und ängstlich bei uns Schutz suchen wollten. Selbstverständlich hetzten wir sie von neuem zum Kampfe, und es gelang uns, ihren Eifer wieder anzufachen. Das Schauspiel hatte sich jedoch inzwischen verändert: die sich siegreich wähnenden Affen waren unterdeß auf die erkorene Seite gezogen. Als die Hunde von frischem anstürmten, befanden sich nur wenige in der Tiefe des Thales, unter ihnen ein etwa halbjähriges Junges. Es kreischte laut auf, als es die Hunde erblickte, flüchtete eilends auf einen Felsblock und wurde hier kunstgerecht von unseren vortrefflichen Thieren gestellt. Wir schmeichelten uns schon, diesen Affen erbeuten zu können: allein es kam anders. Stolz und würdevoll, ohne sich im geringsten zu beeilen und ohne auf uns zu achten, erschien vom anderen Ufer herüber eines der stärksten Männchen, ging furchtlos den Hunden entgegen, blitzte ihnen stechende Blicke zu, welche sie vollkommen in Achtung hielten, stieg langsam auf den Felsblock zu dem Jungen, schmeichelte diesem und trat mit ihm den Rückweg an, dicht an den Hunden vorüber, welche so verblüfft waren, daß sie ihn mit seinem Schützlinge ruhig ziehen ließen. Diese muthige That des Stammvaters der Herde erfüllte uns ebenfalls mit Ehrfurcht, und keiner von uns dachte daran, ihn in seinem Wege zu stören, obgleich er sich uns nah genug zur Zielscheibe bot. In dem Gebüsche, welches die bereits übergesetzte Herde noch zu durchschreiten hatte, wurden währenddem alle nur denkbaren Töne laut, und einigemal vermeinten wir so deutlich das Gebrumm des Leoparden zu vernehmen, daß ich mich schließlich verleiten ließ, diesem Raubthiere nachzuspüren, glaubend, es möchte durch die Affen aufgestört worden und vielleicht mit ihnen im Kampfe begriffen sein; doch waren es nur die Paviane gewesen, welche die merkwürdigen Töne ausgestoßen hatten.
Am folgenden Tage sollte ich übrigens Gelegenheit erhalten, Affen und Leoparden zusammen zu sehen; ich verspare mir aber die Erzählung dieses Auftritts bis zur Beschreibung des Räubers selbst, weil dieser es war, welcher dabei die hervorragendste Rolle spielte.
Auf späteren Jagden lernte ich die Hamadryaden noch besser kennen und dabei die unglaubliche Lebenszähigkeit dieser Thiere bewundern. Wenn sie die Kugel nicht unmittelbar aufs Blatt oder in den Kopf erhielten, gingen sie uns regelmäßig verloren. Sie eilten, auch wenn sie stark verwundet waren, noch so rüstig davon, daß sie immer entkamen. Schrotschüsse fruchteten gar nichts. Sie griffen dann nur nach der verwundeten Stelle, rieben sie mit der Hand und setzten ihren Weg weiter fort, als ob nichts geschehen wäre. Schließlich waren wir so kühn geworden, daß wir nicht daran glaubten, bei solchen Jagden irgendwie gefährdet zu sein. Allein auch hierüber sollten wir bald eines Besseren belehrt werden.
Als ich mit dem Herzoge von Koburg-Gotha, seinen fürstlichen Begleitern und der übrigen Reisegesellschaft das zweite Mal durch das Thal von Mensa zog, machte uns einer der Abessinier auf einige Mantelpaviane aufmerksam, welche auf ziemlich hohen Bäumen saßen. Ich erwähne dies ausdrücklich, weil die Paviane, wie ich oben sagte, gewöhnlich nur im Nothfalle Bäume ersteigen. Selbstverständlich wurde sofort auf die entdeckten Schelme Jagd gemacht, obgleich ich davon abrieth, weil ich richtig vermuthete, daß die Hauptmenge auf der anderen Seite des Berges sitzen würde. Beim Umgehen einer Thalbiegung sahen wir denn auch eine der größten Herden, welche uns überhaupt vorgekommen, langsam an den Bergwänden dähinschreiten. Ihnen wurde jetzt eine wahre Schlacht geliefert. Mehr als zwanzig Schüsse fielen von uns, mehrere der Paviane wurden getödtet, viele verwundet und die ganze Herde nach und nach auf den Kamm des Berges getrieben. Anfänglich schossen wir vom Thalgrunde aus: bald aber suchten wir an der gegenüberliegenden Wand geschütztere Standorte; denn die von uns durch unsere Schüsse ebenso erschreckten wie erzürnten Thiere griffen jeden Stein auf, welchen sie auf ihrem Wege liegen sahen, und rollten ihn in die Tiefe hinab. Der Büchsenspanner des Herzogs versicherte, ein großes Männchen gesehen zu haben, welches mit einem gewaltigen Steine unter dem Arme einen Baum erstiegen und von dort aus seine Bürde nach uns zu in die Tiefe hinabgeschleudert habe. Mehrere der Rollsteine flogen uns im Anfange so nahe an den Köpfen vorbei, daß wir das Lebensgefährliche unserer Stellung augenblicklich einsahen und förmlich flüchteten, um bessere Plätze zu gewinnen. Während des Gefechtes blieb die Thalsohle für unsere nachkommende Karawane vollständig gesperrt; denn die Hamadryaden rollten Steine von mehr als Kopfgröße zur Tiefe hernieder. Daß die gesunden, den Indianern gleich, ihre Leichen vom Schlachtfelde weggetragen hätten, wie Bayssière beobachtet haben will, ist von uns nicht gesehen, auch etwas darauf Bezügliches anderweitig nicht vernommen worden. Dagegen unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß die fernere Erzählung jenes Reisenden ihre Richtigkeit hat. Bayssière erlegte nämlich ein Weibchen, welches ein Junges trug, und beobachtete, daß letzteres seine Mutter im Tode nicht verließ, sondern sich willig von den Todfeinden fangen ließ und ungeachtet seiner anfänglichen Störrigkeit bald zahm und sanft wurde. Auch dieser Reisende wurde durch das Herabrollen von Steinen durch Paviane arg belästigt.
Mir ist es, seitdem ich die Thiere selbst in ihrer Freiheit sah, durchaus nicht mehr unwahrscheinlich, daß sie auf einen nicht mit dem Feuergewehre bewaffneten Menschen im Augenblicke der höchsten Gefahr muthig losgehen und ihn gemeinsam angreifen, wie die Araber und Abessinier oder übereinstimmend gute Beobachter, namentlich Rüppell und Schimper, erzählen. Wir selbst haben zwar keine Erfahrungen gesammelt, welche jene Beobachtungen bestätigen könnten, wohl aber gesehen, daß die Hamadryaden selbst vor dem Bewaffneten nur höchst langsam und mit sehr vielsagendem Zähnefletschen und Brüllen sich zurückziehen. Schimper versicherte mir, daß der Hamadryas ohne Umstände Menschen nicht nur angreife, sondern auch bewältige und tödte; alte Männchen sollen sich sogar ungereizt und zwar wiederholt über holzsammelnde Mädchen hergemacht und sie umgebracht haben, wenn sie sich widersetzten. Auch Rüppell gibt an, daß der scheußliche Affe unter die gefährlichsten Gegner des Menschen gerechnet werden muß.
In Egypten und namentlich in Kairo sieht man oft Mantelpaviane im Besitze von Gauklern und Volksbelustigern. Wahrscheinlich werden noch heute genau dieselben Spiele dem Volke zur Schau gegeben, welche schon Alpinus sah, wie ja auch heutigen Tages noch mit der Brillenschlange in derselben Weise gegaukelt wird, in welcher Moses vor Pharao gaukelte. Zumal an Festtagen findet man auf jedem größeren Platze der Hauptstadt einen Affenführer und Schlangenbeschwörer. Die bezüglichen Vorstellungen stehen unter der Mittelmäßigkeit oder vielmehr, sie sind pöbelhaft gemein. Der Schausteller hat die Gelehrigkeit des Pavians benutzt, um seine eigene Unsauberkeit im scheußlichsten Zerrbilde wiederzugeben, und die Naturanlage des Affen kommt seinem Herrn nur zu gut zu Statten. Uebrigens benutzten die egyptischen Gaukler gewöhnlich Weibchen; denn die Männchen werden mit der Zeit zu bösartig und gefährlich. Sogar in Egypten dürfen sie nicht ohne Beißkorb ausgeführt werden. Dieser hindert sie jedoch immer noch nicht, Unfug zu stiften. Ich ritt einst durch die Straßen Kairo's und stieß dabei mit dem Fuße an einen auf der Straße sitzenden Hamadryas; mein Reitesel lief im schnellsten Galopp: gleichwohl hatte der Pavian im nächsten Augenblicke mich am Beine gepackt und riß mir mit wenigen Griffen die Gamasche, den Strumpf und Schuh vom Fuße, mir zugleich als Zeichen seiner Gewandtheit und Freundlichkeit noch ein paar ziemlich tiefe Wunden hinterlassend.
Ich habe später vielfach Gelegenheit gehabt, gefangene Hamadryaden zu beobachten, und mehrere von ihnen, junge wie alte, auch längere Zeit selbst gepflegt. In der Jugend sind alle liebenswürdig, zuthunlich, ihren Pflegern im höchsten Grade anhänglich, gegen andere Menschen freundlich, gegen andere Affen friedfertig; sie gleichen den in Geberden und Wesen artigen Babuinen und erwerben sich eine allgemeine Zuneigung. Dies aber ändert sich, sobald sie halbwegs mannbar werden, und mit zunehmendem Alter treten die unliebenswürdigen Eigenschaften immer schärfer hervor. Niemals habe ich einen alten Mantelpavian gesehen, welcher nicht die verkörperte Wuth und Bosheit gewesen wäre, und nur einen einzigen habe ich kennen gelernt, welcher mit seinem Wärter auf wenigstens erträglichem Fuße stand. Die Peitsche vermag viel, aber nicht alles, und die Tücke dieses Affen bleibt unter allen Umständen zu fürchten. Einen Mantelpavian von einem Käfige in den anderen zu bringen, ist ein schwieriges Unternehmen, weil er, gereizt, auch auf seinen Pfleger mit blinder Wuth sich zustürzt und bei seiner Stärke ein keineswegs zu unterschätzender Gegner ist. Nur durch Erregung seiner Leidenschaft gelingt es, ihn in die ihm gestellte Falle zu locken, und wenn er wirklich einmal wüthend gemacht wurde, fällt er auch der plumpesten Vorkehrung zum Opfer. Falls ihn seine Neugier nicht lockt, treibt ihn seine Wuth, seine Rachsucht dahin, wohin man ihn haben will. Im Zorne vergißt er alles, sich selbst sogar. Ein einziger Blick macht ihn wüthend, Gelächter rasend, Strafe geradezu toll und unsinnig. Andere Affen lassen sich, wenn sie erkrankt oder verwundet sind, behandeln und verbinden; beim Mantelpavian ist dies gänzlich unausführbar. Ein Gefangener, welchen ich pflegte, litt an einem unbedeutenden Ausschlage, welcher namentlich auf einem seiner Beine hervortrat; es war aber unmöglich, ihm zu helfen, weil es nach einem missglückten Versuche Niemand mehr wagen wollte, ihn mit dem Sacknetze einzufangen und festzuhalten. Der Ausschlag mochte ihm zuweilen ein heftiges Jucken bereiten; denn er zuckte oft mit dem einen Beine, und begann sodann heftig sich zu kratzen. Dies verursachte ihm endlich Schmerzen, und darüber wurde er allgemach so wüthend, daß er das Bein mit beiden Händen packte und wüthend in dasselbe biß, als habe er es mit einem tödtlich gehaßten Gegner zu thun. Diese Leidenschaftlichkeit zeigte sich auch im Umgange mit dem zarteren Geschlechts. Im Freileben hat der weibliche Hamadryas wenigstens Raum, um den stürmischen Liebesanträgen des Männchens auszuweichen; im Käfige dagegen muß es trotz seiner Willfährigkeit oft sehr viel leiden. Denn so heiß und glühend auch das Verlangen des Thieres ist: seine unsinnige Leidenschaft findet in der Erreichung des Erstrebten kein volles Genügen. Ohne Knüffe und Bisse geht es bei einer Paarung dieser Affen nie ab, und sehr oft entwindet sich das Weibchen nur blutend den stürmischen Umarmungen seines Gatten oder Ueberwältigers.
In unmittelbarer Nähe des Hamadryas wohnt ein zweiter Mantelpavian, welcher neuerdings zum Vertreter einer besonderen Sippe erhoben worden ist, obgleich er sich vom Hamadryas nur durch die nicht endständigen, sondern zurückliegenden Nasenlöcher, eine nackte Stelle auf Hals und Brust, reicheren Mantel, längere Schwanzquaste und unwesentliche Eigenthümlichkeiten im Zahnbau unterscheidet.
Der Dschelada der Abessinier ( Cynocephalus oder Theropitecus Gelada, Macacus Gelada) ist der Riese seiner Familie und noch bedeutend größer als der Hamadryas, wenn auch sein Entdecker, unser Landsmann Rüppell, dies in Abrede stellt. Schimper, welcher über dreißig Jahre in Abessinien lebte, und Heuglin stimmen darin überein, daß der Dschelada zuweilen Mannesgröße erreicht. Vom Hamadryas unterscheidet er sich auf den ersten Blick. Der sehr reiche Pelz, welcher sich auf Hinterhals, Nacken und Rücken mantelartig verlängert, ist schwarzbraun, insbesondere im Gesicht, Kinn und Kehle, der Mantel und die lange Schwanzquaste gelblichbraun, das Haar auf Kehle, Vorderhals, Brust, Bauchmitte und den Vorderarmen braunschwarz, das Gesicht schwarz. Die beiden nackten Stellen auf dem Vorderhalse und der Brust sind dreieckig, und da sie mit den Spitzen gegen einander stehen, zusammen einer Sanduhr ähnlich; grau und weiß gesprenkelte Haare fassen sie ein. Im Gegensatze zum Hamadryas hat der Dschelada nur sehr kleine, vollständig von einander getrennte schwarzgraue Schwielen.
Fast in denselben Gegenden findet man eine Spielart unseres Affen, wenn nicht eine selbständige Art, den Tokur Sindschero. Nach Schimpers Angaben unterscheidet sich dieser fragliche Affe durch seine bedeutende Größe, die Schwärze seines Pelzes und das lebhafte Roth der nackten Bruststellen, soll auch eine andere Lebensweise führen, namentlich nur in kleineren Herden von dreißig bis vierzig Stücken zusammenleben. Der Dschelada bewohnt, laut Rüppell, die höheren Berggipfel in Simién, dem eigentlichen Hochlande von Abessinien. Schimper sagte mir, daß man ihn gewöhnlich in einem Höhengürtel findet, welcher zwischen 3000 bis 4000 Meter über dem Meere liegt. Hier lebt er in ungeheueren Scharen; an der unteren Grenze seines Hochgebirges dagegen erscheinen nur kleine Trupps von ein- bis zweihundert Stücken. Auch er verläßt die felsigen, mit Gestrüpp bedeckten Wände bloß, um in der Tiefe zu rauben. Seine gewöhnliche Nahrung besteht aus verschiedenen Zwiebeln, welche er ausgräbt, Orchideen, Liliaceen, aus Gräsern, Kräutern, Früchten aller Art, und selbstverständlich aus Kerbthieren, Würmern, Schnecken und dergleichen. Die Felder besucht er ebenfalls und zwar, wie die Abessinier behaupten, immer genau zu der Zeit, in welcher der Wächter nicht vorhanden ist. Obgleich weit weniger unverschämt und zudringlich als der Hamadryas, richtet doch auch er großen Schaden an, hauptsächlich deshalb, weil er immer in Menge einfällt. Vor dem Menschen flüchtet stets die ganze Herde, ohne sich jemals zu vertheidigen; doch ist es immerhin nicht rathsam, einem aufs äußerste getriebenen Dschelada zu nahe zu kommen: denn sein Gebiß ist mindestens ebenso furchtbar wie das seines Verwandten.
Mit diesem lebt der Dschelada durchaus nicht in freundschaftlichen Verhältnissen. Die Berge von Simién gleichen großen Häusern – sie fallen von oben her nur sanft, ungefähr dachartig, hierauf aber plötzlich Hunderte von Metern mehr oder weniger steil, bis senkrecht ab. In diesen Wänden nun gibt es Felsenhöhlen genug, in denen unsere Affen schlafen. Bei Tage sieht man sie oft in langen Reihen, zu Tausenden vereinigt, auf den Gesimsen und Vorsprüngen sitzen. Sie haben dann ihren Futtergang beendet und sind gesättigt von oben herabgekommen. Selten steigen sie bis zu dem Fuße der steilen Wandungen hernieder, eben, um einmal ein Feld da unten zu besuchen. Bei solchen Ausflügen treffen sie dann zuweilen mit den Hamadryaden zusammen, und nunmehr beginnt eine förmliche Schlacht zwischen beiden Heeren. Die Feindschaft der Gegner muß sehr groß sein. Man bemerkt dies an dem unglaublichen Zorne, mit welchem sie auf einander losstürmen. Zwar kommt es nicht zu ernsthaften Angriffen, aber doch zur Fehde. Dscheladas und Hamadryaden erheben ein furchtbares Geschrei; dann rollen erstere große Steine auf letztere herab, denen diese mit funkelnden Blicken unter Brüllen, Brummen und Bellen auszuweichen suchen. Einzelne alte Recken stürmen auch wohl auf einander los und suchen sich gegenseitig zu packen. Sie zausen sich dann tüchtig an dem ihre Männlichkeit bekundenden Mantel und beißen sich sogar mitunter; allein in der Hauptsache bleibt es beim Geschrei und bei den wuthfunkelnden Blicken. Für den Zuschauer haben diese Kämpfe etwas überaus Ergötzendes. – Schimper glaubt übrigens, daß aller Feindschaft zum Trotze zuweilen Vermischungen zwischen Dschelada und Hamadryas vorkommen.
Auf den Tokur Sindschero bezieht sich eine treffliche Lebensschilderung, welche wir Heuglin verdanken. »Der Affe bewohnt in zahlreichen Familien die Klüfte und Höhlen der steilen Abfälle, auf denen er seine schwindelnden Wechsel über den tiefsten Abgründen sehr regelmäßig einhält. Tritt nach einer kalten Nacht die Sonne über die Berge von Amba Sel herauf, so verlassen die Erdpaviane ihre Felsklüfte, wo sie, sicher vor Leoparden und Hiänen, hart an einander gekauert geruht haben. Langsam und scheinbar starr vor Frost steigen sie, geführt von alten Männchen, auf eine sonnige, vom Winde geschützte Felsplatte, um sich zu erwärmen. Dort drängen sie sich gewöhnlich dicht aneinander, die Jungen an die Mütter, und machen vielleicht noch ein kleines Morgenschläfchen. Einige alte Männchen halten Wache, langweilen sich aber dabei, reißen den scheußlichen Rachen gähnend auf, wischen sich die Augen und brummen, wenn ein scharfer Windstoß die fuchsfarbigen Spitzen der langen Mähne, in welche sie sich wie in einen Pelzmantel einhüllen, in Unordnung bringt. Jetzt wird die Sonnenwärme kräftiger; behaglich streckt sich eine alte Aeffin, eine andere durchsucht den Pelz ihres hoffnungsvollen Sprößlings und zerbeißt zähnefletschend gewisse kleine Geschöpfe, welche sie dort entdeckt hat. Die Gesellschaft wird nach und nach lebhafter, das junge Volk ungeduldig. Man setzt sich endlich in Bewegung, ordnet sich in eine Linie, welche von einem alten Schêch angeführt und von einem anderen geschlossen wird. So geht es auf wagrechten, äußerst schmalen Felsstufen längs des Steinabfalles hin bis zu einer mit Sträuchern bewachsenen Schlucht. Dort führt der Steig nach unten, und so immer tiefer bis zu einer grünen, kesselartig von Felsen umschlossenen Matte. Ehe jedoch das Rudel diese betritt, wird vorsichtig die ganze Ebene betrachtet; doch andere Gesellschaften aus der Nachbarschaft treiben sich schon sorglos im Thale umher. Einige Schildwachen werden wohl ausgestellt; die ganze Bande geht dem Futter nach, welches vorzüglich in Knospen, Blättern, Früchten und Getreide besteht. Aber auch große Steine werden umgedreht, und ist einer zu schwach dazu, so sind ihm einige Kameraden behülflich; denn unter den Steinen gibt es Würmer, fette Larven, Käfer und Schnecken, welche auch nicht verachtet werden. Dazwischen spielen die jungen Männchen, possierlich springend, necken und quälen sich und ihre Alten und werden dafür tüchtig geohrfeigt, gebissen oder am Schwanze gezerrt. Mit frecher Höflichkeit nähert sich schmunzelnd ein Geck einer liebenswürdigen Aeffin; sie wendet sich züchtig und mit vielem Anstande von ihm ab. Er wird zudringlicher; der rechtmäßige Ehemann nimmt Kunde von der Lage: es entsteht Lärm, Schlägerei, und der Liebhaber wird schmählich davongejagt. Naht Gefahr, so geben die Wachen durch Bellen ein Zeichen; jede Truppe schart sich um ihren Anführer; die Mütter nehmen sorgsam ihre Jungen zu sich; alles beobachtet gespannt den Feind. Langsam nur eilt die Gesellschaft dem sicheren Felsen zu, hier und da Halt machend und sich umsehend.
»Ich habe versucht, Hunde, welche die Herde sehr leicht einholen, unter sie zu hetzen; aber sie ließen sich in kein Gefecht ein, wenn einige alte Paviane Miene machten, anzugreifen, und ihr Achtung einflößendes Gebiß zeigten. Bis an die Felsen verfolgt, werfen oder rollen die Affen nicht selten Steine auf ihre Feinde herab. Auch auf ebenem Boden gehen diese Thiere meist auf allen Vieren, richten sich aber dann und wann hoch auf, indem sie den Hinterkörper noch mit dem starken Schweife unterstützen. Auf höheren Bäumen habe ich sie nie gesehen. Ein Rudel besteht meist aus zwanzig bis dreißig Stücken, darunten nur einige alte Männchen; bei großen Streifzügen aber rotten sich wohl mehrere Hunderte zusammen und unternehmen meilenweite Wanderungen. Die Zeit der Tränke ist nachmittags gegen vier Uhr. An den Quellen sind sie gar nicht scheu und nähern sich Menschen und Vieh oft bis auf wenige Schritte. Mit einbrechender Dunkelheit geht es immer wieder zurück in dieselbe Nachtherberge. Kafferadler, wohl auch Lämmergeier und Leopard, sind ihre Hauptfeinde.«
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