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Vierundvierzigstes Kapitel

Mit Ungestüm und Kühnheit erreicht man oft, was man auf gewöhnlichem Wege nicht erreicht hätte.

Als die Samniter vom römischen Heere angegriffen wurden und sich gegen die Römer nicht im Felde halten konnten, beschlossen sie, Besatzungen in ihre Städte zu legen und mit ihrem ganzen Heer nach Etrurien zu ziehen, das mit Rom Waffenstillstand geschlossen hatte. Durch den Einmarsch und die Anwesenheit ihres Heeres hofften sie die Etrusker zum Wiederergreifen der Waffen zu bewegen, was diese ihren Gesandten abgeschlagen hatten. In der Rede an die Etrusker, in der sie die Hauptgründe für ihre Schilderhebung darlegten, gebrauchten die Samniter eine merkwürdige Wendung: Rebellasse, quod pax servientibus gravior quam liberis bellum esset. Livius X, 16 (296 v. Chr.) (Sie hätten sich erhoben, weil der Friede für Unterworfene härter sei als der Krieg für Freie.) So brachten sie sie teils durch Überredung, teils durch die Anwesenheit ihres Heeres zur Erneuerung des Kampfes.

Daraus ist zu lernen, daß ein Fürst, der von einem andern etwas erlangen will, ihm, wenn es die Umstände erlauben, keine Zeit zum Bedenken lassen darf und es so einrichten muß, daß der andre die Notwendigkeit eines schnellen Entschlusses einsieht und erkennt, daß er durch seine Weigerung den plötzlichen und gefährlichen Unwillen des Bittenden erregen würde. Dies Mittel wandte in unsern Tagen Papst Julius II. gegen die Franzosen und der französische Feldherr Gaston de Foix gegen den Markgrafen von Mantua sehr geschickt an.

Als Papst Julius die Bentivogli aus Bologna vertreiben wollte S. Lebenslauf, 1506. und dazu französische Truppen und die Neutralität Venedigs zu brauchen glaubte, auf sein Ansuchen aber von beiden eine ungewisse und doppelsinnige Antwort erhalten hatte, beschloß er, beide dadurch gefügig zu machen, daß er ihnen keine Bedenkzeit ließ. Er brach also mit allen Leuten, die er zusammenraffen konnte, von Rom auf, rückte gegen Bologna und ließ den Venezianern sagen, sie möchten neutral bleiben, und dem König von Frankreich, er möchte ihm Truppen senden. Da nun beide durch die Kürze der Zeit in die Enge getrieben waren und einsahen, daß Aufschub oder Weigerung den Papst ganz sicher aufbringen würden, so taten sie ihm seinen Willen; der König schickte Hilfstruppen, und Venedig blieb neutral. Gaston de Foix stand mit seinem Heere noch in Bologna, als er die Empörung Brescias erfuhr. 1512 im Kriege der »Heiligen Liga« gegen Frankreich. Vgl. Buch II, Kap. 17. Da er diese Stadt wiederhaben wollte, konnte er zwei Wege benutzen, einen langen und beschwerlichen durch das Gebiet des Königs und einen kurzen durch das Mantuanische. Auf diesem mußte er nicht nur durch das Gebiet des Markgrafen, sondern auch durch gewisse Engen zwischen Sümpfen und Seen, von denen die Gegend voll ist und die durch Befestigungen und auf andre Weise gesperrt und besetzt waren. De Foix beschloß, den kürzeren Weg einzuschlagen. Um aber jede Schwierigkeit zu beheben und dem Markgrafen keine Zeit zum Besinnen zu lassen, brach er mit seinem Heer auf und ließ zugleich dem Markgrafen sagen, er möchte ihm die Schlüssel zu dem Paß schicken. Durch diesen raschen Entschluß verblüfft, sandte der Markgraf wirklich die Schlüssel, was er nie getan hätte, wenn de Foix sich zaghaft benommen hätte. Denn der Markgraf stand mit dem Papst und Venedig im Bunde, und einer seiner Söhne befand sich in Händen des Papstes; er hatte also die anständigsten Entschuldigungsgründe. Doch von dem plötzlichen Entschluß überrascht, gab er aus den obengenannten Gründen nach. So machten es auch die Samniter mit den Etruskern, und diese griffen infolge des Einmarsches des samnitischen Heeres zu den Waffen, was sie vordem abgelehnt hatten.


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