Sagen aus Schwaben
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Das Schrättele von Obersdorf im Allgäu

In Obersdorf im Allgäu lebte einst ein Bursche, der des Nachts oft von einem Schratt geplagt wurde. Obgleich er am Abend seine Kammer gut verschloß und selbst das Schlüsselloch zustopfte, kam der Schratt doch immer wieder. Da suchte der Junge die Kammerwand ab und fand in einem Brett ein kleines Astloch.

Als nun der Schratt bei Nacht wieder kam, steckte der Jüngling einen Zapfen in das Astloch, damit der Schratt gefangen sei und nicht mehr hinaus könne. Gleichzeitig warf er ein Kissen auf den Boden.

Am andern Morgen saß ein schönes Mädchen auf dem Kissen. Sie wußte nicht, wer sie sei und woher sie komme. Da sie aber einen guten Eindruck machte, behielt man sie als Magd im Haus. Sie war stets fleißig und brav, und darum gefiel sie den Leuten gut, vor allem dem Sohn. Der nahm sie bald zu seiner Frau.

Beide lebten lange Zeit glücklich miteinander, wenn auch das junge Weib wie an einem heimlichen Gram litt. Da fragte sie ihr Mann eines Tages, warum sie denn so traurig sei. Die Frau antwortete: »Wenn ich nur wüßte, wer ich bin, woher ich stamme und wie ich in dieses Haus gekommen bin.«

Nun führte sie der Mann in die Kammer, zeigte ihr das Astloch und zog das Zäpflein heraus mit den Worten: »Sieh, da bist du hereingekommen.«

Kaum hatte das Weib diese Worte gehört, da fuhr es durch das Astloch hinaus, und das Schrättele kehrte niemals wieder.

 


 


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