Sagen aus Schwaben
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Graf Ulrich und Wendelgard

Zu Buchhorn am Bodensee wohnt Graf Ulrich, Herr im Linzgau. Als die Ungarn in Bayern einfielen, zog er den Feinden entgegen, wurde aber besiegt und als Gefangener nach Ungarn abgeführt. Seine Gemahlin Wendelgard aber, da sie glaubte, der Graf sei gefallen und werde nie mehr zurückkehren, zog sich nach St. Gallen zurück, entsagte allen weltlichen Gedanken, nahm den Schleier, verbrachte ihre Tage mit Fasten und Beten und tat den Armen viel Gutes.

Am vierten Todestage ihres Mannes kam sie nach Buchhorn und teilte, wie sie es gewohnt war, Almosen aus. Inzwischen jedoch war Ulrich aus der Gefangenschaft entkommen und befand sich an diesem Tage unerkannt unter den Bettlern, welche Wendelgard umringten. Auch er empfing von ihr ein Almosen. Dabei drückte er heftig ihre Hand, umarmte sie wider ihren Willen und küßte sie. Die Umstehenden machten Anstalt, den zudringlichen Bettler zurückzureißen und zu züchtigen. Da rief dieser: »Halte ein! Ich habe genug Schläge und Schmähungen ausgestanden. Ich bin Ulrich, euer Graf, den Gott aus der Gefangenschaft befreit und hierhergeführt hat!«

Da fiel es allen wie Schuppen von den Augen, und sie erkannten ihn. Wendelgard ließ sich vom Bischof Salomo von Konstanz ihres Gelübdes entbinden, legte das Nonnenkleid ab und hielt zum zweiten Male Hochzeit mit Ulrich. Dieser vermachte zum Zeichen seiner Dankbarkeit dem Kloster St. Gallen einige Güter.

 


 


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