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In Schwäbisch-Hall am Salzbrunnen oder »Haal« trieb einst der Haalgeist sein Wesen. Er zeigte sich immer drei bis vier Tage vor einer Überschwemmung, trug eine Laterne in der Hand, schritt vom Kocher auf die untere Stadt zu und rief mit lauter Stimme : »Raumt aus! Raumt aus!« So weit aber, als der Geist in die Stadt hineinschritt, so weit trat jedesmal in den nächsten Tagen der Kocher über seine Ufer.
Der Haalgeist tat niemandem etwas zuleid, wenn man ihm keine Beachtung schenkte. Sobald ihn aber jemand aus Neugier oder Mutwillen anrief, erschien er ihm sogleich in einer schrecklichen Gestalt: als schwarzer Pudel oder als zottiges Kalb mit fenstergroßen, feurigen Augen, so daß den Vorwitzigen Angst und Entsetzen packten. Ganz schlimm erging es einem Salzsieder, der es gewagt hatte, ihn zu necken.
Als dieser einmal bei Nacht noch an der Arbeit war, steckte der Haalgeist seine gewaltige lange Nase durch einen Spalt in der Wand des Siedehauses und fragte: »Ist dees nit e Noos?« Der Sieder, nicht faul, füllte rasch ein Gefäß mit siedendem Wasser, goß es dem Haalgeist auf die Nase und rief: »Ist dees nit e Guuß?« Ehe er sich's aber versah, hatte ihn der Haalgeist gepackt und über den Kocher hinüber auf den Gänsberg geworfen und dabei höhnisch geschrien: »Ist dees nit e Wuurf?« Das alte Hall, in dem sich dieser Vorfall ereignet hat, heißt seitdem »das Geisterhall«.