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In alten Zeiten lebte zu Calw ein Graf, der besaß große Reichtümer und lebte fröhlich und sorglos in den Tag hinein, bis ihm zuletzt das Gewissen schlug und er zu seiner Gemahlin sprach: »Es ist Zeit, daß auch ich lerne, was Armut heißt, wenn ich nicht ganz zugrunde gehen will.« Hierauf sagte er ihr Lebewohl, legte die Kleidung eines armen Pilgers an und wanderte in die Schweiz. Dort wurde er in dem Dorfe Deislingen Kuhhirt und weidete die ihm anvertraute Herde auf einem nahegelegenen Berg. Obwohl nun das Vieh unter seiner Hut gedieh und fett wurde, verdroß es die Bauern, daß er sich immer auf dem nämlichen Berg aufhielt, und sie setzten ihn vom Amte ab. Da ging er wieder heim nach Calw und bat um Almosen vor der Tür seiner Gemahlin, die eben Hochzeit mit einem anderen Mann feierte. Als ihm nun ein Stück Brot herausgebracht wurde, wollte er es nicht annehmen, es sei denn, daß ihm auch der Becher der Gräfin voll Wein dazu gereicht werde. Man brachte ihm den Becher, und indem er trank, ließ er seinen goldenen Vermählungsring hineinfallen und kehrte stillschweigend wieder in das Schweizer Dorf zurück.
Die Leute waren über seine Rückkunft froh, weil sie ihr Vieh einem schlechten flirten hatten überlassen müssen, und behielten ihn als Hirten weiterhin, solange er lebte. Als er sich dem Tode nahe fühlte, offenbarte er den Leuten, wer und woher er sei; auch ordnete er an, daß man seine Leiche von Rindern ausfahren und sie da, wo die Tiere anhalten, beerdigen lassen solle. Auch eine Kapelle solle man an dieser Stelle erbauen. Sein Wille ward genau vollzogen. Über seinem Grabe errichtete man ein Heiligtum, das nach seinem Namen »Zu Sankt Hubert« genannt wurde. Viele Menschen gingen dahin wallfahren und ließen zu seinem Gedenken Messen lesen. jeder Bürger aus Calw, der da vorübergeht, hat das Recht, an der Kapellentür anzuklopfen.