Friedrich Gerstäcker
Unter dem Äquator
Friedrich Gerstäcker

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28. Mynheer und Mevrouw von Straaten und ihr Gast

Wagner war ein ruhiger und gesetzter Mann, nichts weniger als leidenschaftlich und aufbrausend, sondern kühl und besonnen, aber mit einem warmen und aufrichtigen Herzen. Desto mehr schmerzte es ihn hier, sich in Marie, die er wirklich mit voller Zuneigung liebte, so getäuscht zu sehen. Diesen jähzornigen, bösen Charakter hatte er in dem jungen Mädchen, das er immer nur in Gesellschaften traf, gar nicht vermutet; um so mehr erschreckte es ihn jetzt. Daß die Ursache ihres Zornes auf einem Mißverständnis beruhe, daran zweifelte er keinen Augenblick, wenn er auch noch nicht begriff, wie es entstanden sein könne. Das hoffte er auch bald und ganz einfach durch wahrheitsgetreue Darstellung des Geschehenen zu beseitigen – aber was dann? Doch Marie hatte ja ein gutes Herz, der innere Kern war gut und unverdorben, und mit der Zeit konnte sich ihr Charakter leicht versöhnen und mildern lassen. Er nahm sich vor, mit ihr in der allernächsten Zeit recht freundlich, aber auch recht ernsthaft darüber zu reden. Sie wußte ja, wie gut er es mit ihr meine, wie sehr er ihr zugetan war, und wo das Herz nur willig ist, da ist mit dem Kopf schon eher zurechtzukommen. Viel schwerer sind bloße Verstandesmenschen von irgend etwas abzubringen oder auf einen anderen Weg zu führen. Sie lassen eben nur den Verstand gelten, und mit dem Gemüt ist ihnen nicht beizukommen.

Wagner war aber auch viel zu praktischer Natur, als daß er durch die eben erlebte Szene seinen Plan aus den Augen verloren hätte. Daß indessen, unter diesen Umständen, Hedwig hier keine freundliche Aufnahme finden würde, sah er ein; einer solchen Szene durfte er das arme, schon genug niedergedrückte Mädchen nicht aussetzen, und deshalb mußte er unverweilt eine andere Wohnung für sie finden. Er wußte, daß ihm das ohne große Schwierigkeit gelingen würde. Es gibt nämlich kaum einen gastfreieren Ort in der Welt als Batavia, kaum eine Bevölkerung, die den Fremden, wenn er nur durch achtbare Leute bei ihr eingeführt wird, herzlicher und unbeschränkter aufnimmt als die batavische. Im Überfluß lebend, und schon des Klimas wegen in weiten, bequemen Räumlichkeiten wohnend, sind kleinliche Schwierigkeiten dabei nicht zu überwinden, und nach wenigen Stunden schon ist gewöhnlich der Fremde an dem reichgedeckten Tisch wie auch in der Familie so herzlich aufgenommen, als wenn er daheim im eigenen Haus wäre. Einen besseren Fürsprecher als Wagner hätte Hedwig kaum finden können. Wagner war in Batavia als ein streng rechtlicher, braver und biederer Mann bekannt und seines einfachen, gemütlichen Wesens wegen überall gern gesehen. Als ein tüchtiger Kaufmann hatte er sich dabei mit einigem Glück rasch emporgearbeitet, und da die Welt den Erfolg überhaupt als maßgebend für ihr Urteil betrachtet, durfte er auf ihre Anerkennung in jeder Hinsicht rechnen. In mehreren deutschen wie holländischen Familien war er deshalb ein gerngesehener Gast, und er besann sich deswegen auch nicht lange, schüttelte das unangenehme Gefühl ab, das ihn bis dahin noch gefangen hielt, und fuhr ohne weiteres Zögern nach Weltefreden hinüber, wo ein paar alte prächtige Leute, Holländer, allein und ziemlich abgeschieden auf einer reizenden Besitzung lebten.

Mynheer van Straaten war ein Mann, der in früheren Jahren bedeutende Cochenille- und Zuckerkulturen betrieben und ein großes Vermögen damit erworben hatte. Damit zog er sich nach Holland zurück, um dort, wie es die meisten Pflanzer tun, seine Reichtümer in Ruhe zu verzehren – aber sowohl er als auch seine Frau waren zu sehr an das tropische Leben gewöhnt worden, um sich in Europa wieder wohl fühlen zu können. Ein paar Jahre hielt es der alte Herr aus, dann packte ihn die Sehnsucht nach dem schönen Java so stark, daß er in Holland nicht länger bleiben konnte. Das rauhe Klima trug möglicherweise viel dazu bei, aber seine Palmen fehlten ihm, seine südliche Sonne, und wie mancher andere kehrte er dorthin zurück, wo er ja doch seine glücklichste und schönste Zeit verlebt hatte – nach Batavia. Hier in Weltefreden, einer der schönsten Vorstädte, kaufte er sich ein gerade freigewordenes herrlich gelegenes Anwesen, und hier gedachte er auch seine Tage zu beschließen.

Wagner war schon vor einiger Zeit mit ihm bei van Romelaers, mit denen er manchmal verkehrte, bekannt geworden. Der alte Herr van Straaten hatte den jungen tüchtigen Mann schätzen gelernt und ihn zu sich eingeladen, und er fand dort stets eine so freundliche wie herzliche Aufnahme. An diese Leute dachte er auch jetzt, als er ein Unterkommen für Fräulein Bernold suchte, und er zweifelte nicht, daß sich das junge Mädchen in der kurzen Zeit ihres Aufenthalts dort nicht nur wohl und glücklich fühlen, sondern auch ruhig und ungestört leben werde und keine Kränkung weiter zu befürchten habe. Und doch fand seine Bitte an dieser Stelle nicht gleich bereitwillige Aufnahme. Als er nämlich bei den alten Leuten saß und ihnen ohne weitere Umschweife von der jungen Fremden erzählte, die er nicht gern allein in einem Hotel lassen möge und deshalb bei lieben Freunden unterzubringen wünsche, wurde Mevrouw van Straaten ganz verlegen, und der alte Herr hustete ein paarmal und sah still vor sich nieder.

Wagner erschrak; er fühlte, ohne daß ein Wort der Erwiderung gesprochen war, daß hier etwas nicht so ganz richtig sei, und bereute schon, die guten Leute in die Verlegenheit gebracht zu haben, ihm eine abschlägige Antwort geben zu müssen – und einen wichtigen Grund dafür hatten sie dann gewiß.

Mevrouw ließ ihn aber darüber nicht lange in Zweifel und sagte, mit einem Blick auf ihren Gatten: »O wie gern, wie sehr gern würden wir die junge liebe Dame, von der Sie uns eine so freundliche Beschreibung geben, bei uns aufnehmen, wären wir eben noch so allein wie vor wenigen Tagen, aber – mein Bruder ist von Europa zurückgekommen. Er war krank, recht krank, als er Batavia vor drei Jahren verließ, und wenn sich sein Leiden auch zum Glück vollständig gebessert hat, so daß er sich wieder einer für seine Jahre kräftigen Gesundheit erfreut, so – so ist er doch so ernst, ja so – so...«

»Ein Rappelkopf ist's, Wagner, ein mürrischer Rappelkopf«, unterbrach sie Mynheer van Straaten, »der mit sich und der Welt unzufrieden scheint und sich und die Welt dabei mißhandelt. Das ist das Kurze und Lange von der Sache, und du brauchst da gar nicht so um den Brei herumzugehen, Alte. Ein seelengutes Herz hat er, er würde keinem Tier ein Unrecht tun, geschweige denn einem Menschen; aber er ist ordentlich menschenscheu, mag mit niemandem verkehren als mit seinem eigenen langweiligen Selbst und ist dabei ein solcher Haustyrann geworden, wie überhaupt nur ein alter Junggeselle sein kann.«

»Aber, Lodewijk!«

»Was wahr ist, muß wahr bleiben!« rief der alte Herr. »Die junge Dame, von der Sie sprechen, wäre ein wahres Gottesgeschenk hier im Haus, und ich und meine Alte würden sie mit offenen Armen empfangen, wenn wir den Schwager nicht hier hätten. Möglich, daß er sie sich ganz ruhig gefallen läßt, möglich aber auch, daß er ihr das Leben zu einer Hölle machte, und dem wollen wir doch wahrhaftig keinen lieben Gast aussetzen.«

»Mein Mann hat leider recht«, seufzte Mevrouw. »Mein Bruder Martijn ist, seit er uns verließ, recht griesgrämig und unzufrieden geworden. Möglich, daß sie ihn daheim viel geärgert und gekränkt haben, denn wenn jemand aus Indien nach Holland zurückkommt, wird er stets als ein goldener Schwamm betrachtet, den man so lange drücken muß, wie er nur noch einen Tropfen hergibt. Er hat dadurch die Menschen verachten gelernt, läßt es jetzt aber an den falschen aus und hat sogar im Sinn, sich ganz allein irgendwo ein Haus in die Berge hinein zu bauen, um nur mit niemandem weiter in Berührung zu kommen.«

»Das wäre der größte Gefallen, den er dem Menschengeschlecht erweisen könnte«, sagte van Straaten trocken, »denn man muß ihn wirklich so genau kennen und so gern haben wie wir, um nur mit ihm auszukommen. Aber da ist er. Wenn man den Wolf nennt, kommt er gerennt, übrigens brauchen Sie sich nicht vor ihm zu fürchten, Wagner. Er beißt wenigstens nicht – die einzige gute Eigenschaft, die er hat.«

Ein großer, schlanker Mann mit eisernen Zügen und eisgrauen Haaren, in die leichte, bequeme indische Morgentracht gekleidet, betrat in diesem Augenblick das Zimmer. Er hielt ein Buch in der Hand und wollte damit eben hindurch in ein anderes Zimmer gehen, als er den Fremden bemerkte. Im ersten Augenblick schien es, als ob er nicht übel Lust habe, wieder umzukehren, aber höflicherweise ging das doch nicht mehr, ohne vorher wenigstens ein paar Worte der Begrüßung gewechselt zu haben.

»Mein Schwager Lockhaart«, sagte dabei, ihn vorstellend, van Straaten. »Martijn, ein lieber Freund unseres Hauses Mynheer Wagenaar von der Firma Wagenaar und van Roeken.«

Der alte Herr hatte, während sich Wagner leicht verneigte und sein eigener Name genannt wurde, ein Gesicht gemacht, das der vorher von ihm gelieferten Beschreibung vollkommen entsprach. Als er aber Wagners Namen und die Firma hörte, wurde er aufmerksam, und mit einer Bewegung, daß der Gast seinen Platz behalten möge, sagte er: »Wagenaar – Wagenaar? Ich habe mit einer jungen Dame die Seereise gemacht, die an einen Herrn Wagenaar empfohlen war. Sind Sie das?«

»Kamen Sie auf der Rebecca?«

»Ja.«

»Dann war allerdings Fräulein Bernold Ihr Mitpassagier.«

»Und wo steckt sie jetzt?«

»Im Hotel der Nederlanden, wo sie...«

»Im Hotel?« rief der alte Herr, ordentlich unwillig, ohne ihn ausreden zu lassen, »ein einzelnes junges Mädchen im Hotel? Hatten Sie gar keine Familie hier, wo Sie sie unterbringen konnten?«

Van Straaten sah seine Frau etwas erstaunt an. Soviel Anteil hatte der alte Herr noch an niemandem genommen, ja sich nicht einmal erkundigt, was aus seinen Freunden hier geworden war. Die Welt, wie er immer behauptete, ging ihn nichts mehr an, und er wollte auch deshalb nichts mehr von ihr wissen. Wagner selbst wußte nicht gleich, was er darauf erwidern solle, denn sagte er, daß er gerade in dieser Absicht heute morgen hierhergekommen sei, brachte er van Straaten in Verlegenheit. Mevrouw aber, die das wohl fühlen mochte, nahm für ihn das Wort und rief: »Mynheer Wagenaar hat uns deshalb gerade heute morgen besucht. Er – wußte nicht, daß wir schon so liebe Einquartierung hatten, und da...«

»Nun? Und da?« wiederholte der alte Herr und sah sie erstaunt an.

»Nun, wir – wir sprachen eben darüber«, sagte seine Schwester, jetzt wirklich verlegen, denn sie hätte ums Leben gern die junge Fremde auf einige Zeit bei sich im Haus gehabt, nur um ein wenig Abwechslung in ihr stilles Leben zu bringen, »wir – wir glaubten aber nicht, daß es jetzt ausführbar sein würde, weil – du doch jetzt deine Bequemlichkeit hier haben mußt.«

»Ich?« sagte der alte Lockhaart und sah seine Schwester mit großen Augen an. »Brauch' ich sechs Zimmer zu meiner Verfügung, um meine Bequemlichkeit zu haben, wie du's nennst, und betrachtet ihr mich etwa als Vogelscheuche hier im Haus, euch sonst vielleicht liebe Gäste daraus fernzuhalten? Verdommich, dann pack' ich noch heute meinen Koffer wieder und ziehe in die Berge hinauf.«

»Aber lieber, bester Bruder!« rief Mevrouw erstaunt, »wenn ich nur eine Ahnung gehabt hätte, daß es dir irgend lieb sein könnte...«

»Ahnungen – was brauchst du Ahnungen zu haben«, sagte der alte Herr. »Und ob es mir lieb wäre oder nicht, kommt das hier in Betracht? Wer ist denn hier der Herr im Haus, Lodewijk oder ich, und glaubt ihr, wenn ihr bei mir wohntet, daß ich euch fragen würde, wen ich mir sonst noch dazu einladen sollte? Waarachtig niet.«

»Bravo, Lockhaart!« rief der alte van Straaten in aller Herzensfreude aus, »das ist das erste vernünftige Wort, das du gesprochen hast, seit du wieder in Java bist.«

»So?« sagte Lockhaart trocken. »Ich denke, ich habe mich einige Male sehr vernünftig mit mir selber unterhalten, suche mir aber dazu eben meine Gesellschaft. Also ich glaube, die Sache wäre damit abgemacht.«

»Ja, wenn mein Bruder selber Freude daran findet«, rief Mevrouw aus, »dann, mein bester Herr Wagenaar, schaffen Sie uns das junge, liebe Mädchen nur hierher, sobald Sie irgend können, und – je eher, desto lieber!«

»Aber sie hat noch eine ältere Begleiterin«, erwiderte Wagner, von der Wendung, die das Ganze genommen hatte, nicht besonders erbaut. Wer bürgte ihm dafür, daß diese Bereitwilligkeit des alten, so eisern aussehenden Herrn nicht eben auch nur eine seiner verschiedenen Launen war, die vielleicht so rasch wieder verflog, wie sie kam. »Es ist allerdings nur eine alte Dienerin, die sie zu ihrer Gesellschaft und Aufwartung mitgenommen...«

»Mann Gottes!« rief der alte van Straaten, »seid nicht so entsetzlich weitläufig und umständlich – wo die junge Dame unterkommt, wird auch die Dienerin einen Platz finden, und Reis und Curry haben wir genug im Haus, um zwanzig zu füttern, und wenn sie alle ihre Dienerinnen mitbrächten. Also die Sache ist abgemacht, und – soll ich meinen Wagen gleich hinunterschicken?«

»Nein, tausend Dank«, lächelte Wagner, »die junge Fremde weiß noch nicht einmal etwas davon, und ich muß es ihr doch erst mitteilen. Heute gegen Abend oder spätestens morgen früh bringe ich sie dann selber her – wenn Sie sich nun einmal so freundlich ihrer annehmen wollen.«

»Formen, Formen«, sagte der alte Herr Lockhaart, ungeduldig den Kopf dazu schüttelnd, »nichts als Formen. Wo nur die Leute all die Redensarten herbekommen!«

Die Worte klangen rauh, Wagner fühlte aber doch heraus, daß ein herzlicher Sinn darin lag, und nach einem kurzen Gespräch, das jetzt auf andere Gegenstände überging, wollte er sich entfernen, um seine Schutzbefohlene aufzusuchen, als der alte Herr Lockhaart, der ebenfalls im Begriff war, sein eigenes Zimmer aufzusuchen, sich, schon in der Tür, noch einmal umdrehte und sagte: »Apropos, Herr Wagenaar – wissen Sie etwas Näheres von dem Einbruch, der bei Herrn Heffken stattgefunden hat?«

»Weiter nichts«, sagte Wagner, »als daß Herr Heffken einen jetzt in unserem Geschäft arbeitenden Mann beschuldigt hat, der aber meiner Meinung nach vollkommen unschuldig ist.«

»So! So!« sagte Herr Lockhaart, nickte dann einfach mit dem Kopf und verließ, ohne weiteren Gruß, das Zimmer.

Wenige Minuten später war Wagner schon wieder unterwegs und fuhr direkt zum Hotel hinunter, um Hedwig von dem getroffenen Arrangement in Kenntnis zu setzen. Er schüttelte dabei zwar den Kopf über das wunderliche Betragen des alten Lockhaart, aus dem er nicht recht klug wurde, ob der wirklich so hart und rauh sei, wie er sich selber machte, oder ob die rauhe Schale einen besseren Kein verberge. Doch sorgte er sich deshalb nicht, denn er kannte Mevrouw van Straaten zu gut als eine vortreffliche, gütige Frau, in deren Schutz sich Fräulein Bernold bald wohl und sicher fühlen würde. Froh dabei, diese unangenehme Sache so rasch und glücklich beendet zu haben, konnte er doch Maries Bild nicht aus seiner Seele drängen, wie er sie heute zum erstenmal gesehen hatte. Oh, was hätte er darum gegeben, gerade diese Szene vergessen zu können! Aber immer und immer wieder sah er sie vor sich, wie sie mit vor Zorn gerötetem Gesicht, mit funkelnden Augen und einem wahren Megärenblick das arme, unschuldige Mädchen blutig schlug. War das seine sanfte, fröhliche Marie? War das jenes kindlich heitere Gemüt, das er in ihr verehrt und geliebt hatte? Und wenn es auch nur ein Moment auflodernden Zornes gewesen wäre – durfte in dem Herzen einer jungen Frau auch nur ein Funken solchen unweiblichen Zündstoffs schlummern? Hatte er sich eine Frau – seine Frau so gedacht?

Dabei überlegte er sich hin und her, was wohl die Ursache dieses sonderbaren Betragens, besonders des auffallenden Zornes auf ihn, gewesen sein könne. Er war sich nicht des geringsten Unrechts gegen Marie bewußt; er hatte nichts getan, um auch nur einen unfreundlichen Blick von ihr zu verdienen, und diesen Auftritt wirklich nicht erwartet. Recht böse war sie eigentlich erst geworden, als er zu ihr von der Fremden sprach – aber nein, sie hatte ja selber schon von ihr angefangen, selber schon alles gewußt, was er ihr sagen wollte, also war schon vorher... »Heffken!« stieß er unwillkürlich laut das Wort hervor, »Heffken – es ist nicht anders möglich! Er muß noch gestern abend dort gewesen sein, er allein, von Wut und Galle gegen mich erfüllt, hat mir auch diesen Freundschaftsdienst geleistet. Aber was tut's? Alle seine Verleumdungen sind nicht stark genug, um einem einzigen Satz Wahrheit standzuhalten, und hat er wirklich über mich gelogen, so bricht ihm das bei dem alten Romelaer für immer den Hals, ohne daß ich selber mit einer gehässigen Anklage gegen ihn vorzugehen brauche.« Und vollkommen beruhigt von dem Gedanken, lehnte sich Wagner in sein leichtes Fuhrwerk zurück und suchte im Betrachten all der seltsamen Gruppen, die ihm begegneten, die trüben Bilder, die ihm die letzte Szene heraufbeschworen hatte, so rasch wie möglich wieder zu vergessen. Es galt ja auch jetzt, der armen jungen Fremden mit einem freundlichen Gesicht entgegenzukommen, um sie endlich einmal das erlittene Leid vergessen zu lassen – ihr endlich einmal auch eine frohe Botschaft zu bringen. Denn daß sie sich bei van Straaten bald wohl und heimisch fühlen würde, daran zweifelte er keinen Augenblick.


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