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XLII. Es ist dieß ein wichtiges Verschönerungsmittel der Rede, wobei man jedoch Dunkelheit vermeiden muß; denn sonst entstehen hieraus die sogenannten Räthsel. Es liegt aber diese Redeweise nicht in einem Worte, sondern in der Rede, das heißt in der Verbindung von Worten. Auch bei der Verwechslung und Vertauschung eines WortesEr meint die Metonymie (Wortverwechslung). findet nicht in dem Worte, sondern in dem Zusammenhange der Rede eine künstliche Veränderung stattIm Lateinischen steht: ne illa quidem traductio – in verbo quandam fabricationem habet, sed in oratione. Schütz hält die Worte: sed in oratione für unächt, da die Metonymie nur in einzelnen Worten bestehe, z. B. Africa für Afri[caner]. Ihm stimmt Ellendt bei. Ich halte die Worte für ächt; denn nur aus dem Zusammenhange der Rede kann man ersehen, ob ein Wort metonymisch gebraucht sei., zum Beispiel:
Afrika zittert und bebt vor den Greueln des schrecklichen AufruhrsAus Ennius' Annalen.. |
Statt Afrikaner ist Afrika gewählt; aber nicht ist hier ein Wort neugebildet, wie: »Das Meer mit seinen felsbrechenden Wogen«, noch übertragen, wie: Das Meer besänftigt sich, sondern um des Schmuckes willen ist ein eigentliches Wort mit einem eigentlichen vertauscht. Ferner:
Hör' auf, Roma, deine Feinde u. s. w.Wahrscheinlich auch aus Ennius' Annalen, Roma steht für Römer. |
und
Von kräftiger Wirkung für den Schmuck der Rede ist diese Ausdrucksweise und muß oft gewählt werden. Hierher gehört auch Folgendes: Mars ist im Kriege gemeinsamDer Sinn ist. Das Kriegsglück wechselt., und wenn man Ceres für Feldfrüchte sagt, Liber für Wein, Neptunus für das Meer, Curie für den Senat, Marsfeld für Wahlversammlungen, Toga für Frieden, Schwert und Speer für Krieg; 168. desgleichen wenn man die Tugenden und Laster für diejenigen, welche sie haben, nennt, wie: »In welches Haus die Schwelgerei einbrach,« und: »Wohin die Habsucht drang,« oder: »Die Treue siegte ob, die Gerechtigkeit vollendete es.« Ihr seht offenbar, daß das ganze Wesen dieser Redeform darauf beruht, daß man durch Umänderung oder Vertauschung eines Wortes die nämliche Sache mit größerem Schmucke bezeichnet. Hiermit verwandt ist eine andere RedeweiseEr meint die Synekdoche., die zwar weniger zum Schmucke beiträgt, aber doch nicht unbekannt bleiben darf, nach welcher wir entweder unter einem Theile das Ganze verstanden wissen wollen, wie wenn wir für Gebäude Wände oder Dächer sagen, oder unter dem Ganzen einen Theil, wie wenn wir Ein Geschwader die Reiterei des Römischen Volkes nennen, oder unter Einem Mehrere, wie:
Aber der Römische Krieger, obschon er sehr muthig gekämpfet, Zittert im Herzen jedochAus Ennius' Annalen.. |
oder wenn man unter Mehreren nur Einen versteht, wie:
Römer genannt sind wir, die wir vormals waren RudinerGleichfalls aus Ennius' Annalen; Ennius redet hier von sich, denn er war ein Rudiner (aus Rudiä in Kalabrien).. |
oder auf welche Weise man auch sonst in dieser Redeform Etwas nicht nach dem Worte, sondern nach dem Sinne verstehen mag.