Cicero
Vom Redner
Cicero

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XLII. 178. Diese Gegenstände aber durchlaufe ich eilig, da ich, als Halbgelehrter, vor so gelehrten Männern rede, um endlich einmal auf Wichtigeres zu kommen. Nichts nämlich, mein Catulus, ist in der Beredsamkeit wichtiger, als daß der Zuhörer dem Redner geneigt sei und selbst so erschüttert werde, daß er sich mehr durch einen Drang des Gemüthes und durch Leidenschaft als durch Urtheil und Ueberlegung leiten lasse. Denn weit häufiger urtheilen die Menschen nach Haß oder Liebe, nach Begierde, nach Zorn, nach Schmerz oder Freude, nach Hoffnung oder Furcht, nach irrigen Ansichtenaut errore, das ist die Lesart der meisten und besten Handschriften; einige wenige Handschriften bieten terrore; errore gibt aber einen richtigen Sinn und bildet einen Gegensatz zu dem folgenden veritate. oder nach einer Aufwallung des Gemüses als nach Wahrheit oder Vorschrift oder nach einer Regel des Rechtes oder nach einer gerichtlichen Formel oder nach Gesetzen. 179. Darum laßt uns, wenn euch nicht etwas Anderes beliebt, zu diesen Gegenständen fortgehen. – Eine Kleinigkeit, entgegnete Catulus, scheint mir auch jetzt noch an deinem Vortrage, Antonius, zu fehlen; die mußt du zuvor entwickeln, ehe du dahin gehst, wohin du, wie du sagst, deinen Weg zu nehmen gedenkst. – Und die wäre? fragte er. – Welche Ordnung und Stellung der Beweise, sagte Catulus, nach deiner Ansicht anzuwenden sei; denn hierin pflegst du mir immer als der erste Meister zu erscheinen. – 180. Ei sieh doch, Catulus, entgegnete er, was ich hierin für ein Meister bin. Wahrlich, hättest du mich nicht daran erinnert, es wäre mir nicht eingefallen. Hieraus kannst du beurtheilen, daß ich auf diese Dinge, in denen ich zuweilen Etwas zu leisten scheine, durch die Uebung im Reden oder vielmehr durch den Zufall geleitet zu werden pflege. Allerdings ist der Gegenstand, bei dem ich, weil ich ihn nicht kannte, wie bei einem unbekannten Menschen, vorüberging, von so großer Wichtigkeit in der Beredsamkeit, daß kein anderer dem Redner mehr zum Siege verhelfen kann; aber gleichwol hast du, wie ich glaube, vor der Zeit von mir die Lehre von der Anordnung und Stellung der Beweisgründe verlangt. 181. Hätte ich nämlich die ganze Bedeutung des Redners in die Beweisgründe und in die Bestätigung der Sache an und für sich gesetzt, so wäre es jetzt Zeit über die Anordnung und Stellung der Beweisgründe Etwas zu sagen; aber da ich drei ForderungenKap. 29, §. 128. an den Redner gestellt und von diesen nur eine besprochen habe, so muß ich erst über die beiden anderen reden, und erst dann wird es zweckmäßig sein die Untersuchung über die Anordnung der ganzen Rede vorzunehmen.


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