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VI. 22. Oft habe ich meinen SchwäherQuintus Scävola, dessen Schwäher Lälius der Weise war. erzählen hören, sein Schwäher Lälius habe sich fast immer in Gesellschaft des ScipioDes jüngeren Scipio. auf dem Lande aufgehalten, und sie seien dann ganz und gar wieder Kinder geworden, wenn sie der Stadt, wie einem Kerker, entflogen seien. Kaum wage ich es von solchen Männern zu behaupten, aber doch pflegte es Scävola zu erzählen, Muscheln und Meerschnecken hätten sie bei CajetaCajēta (jetzt Gaeta) an der Gränze von Latium und Campanien und Laurentium in Latium lagen beide am Meere, in deren Nähe Scipio und Lälius Landgüter gehabt zu haben scheinen. und bei Laurentum aufgelesen und sich auf allerlei Gemüthserholungen und Spielen eingelassen. 23. Es geht uns ja, wie den Vögeln: sowie wir diese für ihre Brut und für ihr eigenes Bedürfniß Nester bauen und einrichten, sobald sie aber Etwas zu Stande gebracht haben, zur Erleichterung ihrer Arbeit, ihrer Beschäftigung entbunden, nach allen Seiten hin frei umherfliegen sehen; so frohlocken auch unsere Gemüther, wenn sie sich von den gerichtlichen Geschäften und städtischen Arbeiten ermüdet fühlen und wünschen, frei von Sorge und Mühe, umherzufliegen. 24. Und so habe ich das, was ich bei dem Rechtsstreite des CuriusS. I. 39, 180. dem Scävola sagte, nicht anders gesagt, als ich dachte. »Denn, sagte ich, Scävola, wenn kein Testament richtig gemacht ist, als das du abgefaßt hast, so werden wir Bürger alle zu dir mit unseren Tafeln kommen, und Aller Testamente wirst du allein abfassen. Wie nun? fuhr ich fort. Wann willst du ein Geschäft für den Staat, wann für deine Freunde, wann für dich besorgen? Wann endlich willst du Nichts thun? Denn, fügte ich hinzu, mir scheint der nicht frei zu sein, der nicht zuweilen Nichts thut.« Und bei dieser Ansicht, mein Catulus, verbleibe ich, und nachdem ich hierher gekommen bin, erfreut mich gerade dieses Nichtsthun und das völlige Müssigsein. 25. Was du aber drittens hinzugefügt hast, ihr hättet die Ueberzeugung, ein Leben ohne diese gelehrten Beschäftigungen sei unerquicklich, das muntert mich zu einem Vortrage nicht auf, nein, es schreckt mich davon ab. Denn sowie Gajus LuciliusS. zu I. Kap. 16., ein gelehrter und sehr fein gebildeter Mann, zu sagen pflegte, er wünsche sich für seine Schriften weder ganz ungelehrte noch sehr gelehrte Leser, weil die ersteren Nichts verständen, die letzteren vielleicht mehr, als er selbst – und in diesem Sinne sagte er: »Daß mich Persius lese, daran liegt mir nichts,« dieser war nämlich, wie wir ihn kannten, fast unter allen unsren Landsleuten der gelehrteste; »daß aber Lälius DecimusGajus Persius war Quästor im Jahre 146 v. Chr. Decimus Lälius ist uns nur aus dieser Stelle bekannt., das wünsche ich;« ihn kennen wir als einen braven und wissenschaftlich nicht ungebildeten Mann, der aber mit dem Persius nicht zu vergleichen war: ebenso wünschte auch ich, wenn ich nun einen Vortrag über unsere Studien halten sollte, allerdings nicht vor Ungebildeten, aber noch weit weniger vor euch zu reden. Denn es ist mir lieber, wenn meine Rede nicht verstanden, als wenn sie getadelt wird.