Cicero
Vom Redner
Cicero

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XXXIII. 142. Die Untersuchung über das unveränderliche Recht und das allgemein Gültige fragt nicht nach dem Namen der Menschen, sondern hat es nur mit der Lehrweise und den Beweisquellen zu thun. Hierbei legen uns auch die Rechtsgelehrten Schwierigkeiten in den Weg und schrecken uns vom Lernen ab. Denn ich sehe, daß in den Schriften des Cato und BrutusCato Censorius hatte über das bürgerliche Recht geschrieben. Vergl. über ihn zu I. 37, 171. Marcus Brutus, ein berühmter Jurist, hatte drei Bücher über das bürgerliche Recht geschrieben. gemeiniglich bei den Rechtsbescheiden die Namen des Mannes oder Weibes, dem sie ertheilt sind, angeführt sind, vermutlich, um uns glauben zu machen, der Grund der Beratschlagung oder des Zweifels habe auf den Menschen und nicht auf der Sache beruht. So folgt denn, daß wir, weil es unzählig viel Menschen gibt, durch die große Menge des Stoffes entmuthigt, von der Erlernung des Rechtes abgeschreckt werden und den Wunsch es zu lernen zugleich mit der Hoffnung es gründlich zu erlernen aufgeben. Doch dieses wird uns Crassus einmal entwickeln und nach Klassen angeordnet auseinandersetzen. Er hat uns nämlich – das mußt du wissen, Catulus, – gestern versprochen, er wolle das bürgerliche Recht, das jetzt zerstreut und untergeordnet daliegt, nach gewissen Klassen vereinigen und in ein übersichtliches Lehrgebäude bringen. 143. Und dieses, erwiderte Catulus, ist für den Crassus durchaus keine schwierige Aufgabe; denn er hat nicht bloß Alles erlernt, was sich von dem Rechte erlernen ließ, sondern er wird auch, was seinen Lehrern fehlte, hinzufügen; so wird er Alles, was zum Rechte gehört, scharfsinnig ordnen und in einem geschmackvollen Vortrage aufklären können. Nun so werden wir denn, fuhr Antonius fort, hierüber von dem Crassus später belehrt werden, wenn er sich aus dem Gewühle der Gerichte in die Muße, wie er die Absicht hat, und auf seinen SesselEs ist der Ruhesessel zu verstehen, auf dem die alten Rechtsgelehrten, die sich von dem Forum zurückgezogen hatten, sitzend ihren Schutzgenossen Rechtsgutachten ertheilten. wird zurückgezogen haben. 144. Ja oft schon, sagte Catulus, habe ich ihn dieß äußern hören, es sei sein fester Entschluß die Gerichte und Rechtshändel aufzugeben; doch, wie ich ihm zu bemerken pflege, es wird ihm nicht vergönnt sein. Denn theils wird er es selbst nicht geschehen lassen, daß wackere Männer seine Hülfe oft vergebens anflehen, theils wird es auch der Staat nicht mit Gleichmuth ertragen, der, wenn er der Stimme des Lucius Crassus entbehren sollte, sich einer seiner Zierden beraubt glauben wird. Ja wahrlich, sagte Antonius, wenn diese Aeußerung des Catulus richtig ist, so mußt du, Crassus, mit mir in derselben Stampfmühle fortlebenEr vergleicht die vielen und lästigen Geschäfte des Redners auf dem Forum und in den Gerichten mit der mühsamen Arbeit der Sklaven in der Stampfmühle., und jene gähnende und schläfrige Weisheit müssen wir der Muße der ScävolasD. h. der Rechtsgelehrten. Die Familie der Scävolas war berühmt durch die vielen Rechtsgelehrten, die derselben angehörten. Vergl. oben I. 10, 39. und anderer glückseliger Leute überlassen. 145. Da lächelte Crassus sanft und sagte: Webe nur das einmal angezettelt Werk fertig, lieber Antonius; mir jedoch soll jene gähnende Weisheit, sobald ich meine Zuflucht zu ihr genommen habe, noch zur Freiheit verhelfen.


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