Cicero
Vom Redner
Cicero

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LXII. Demnach geziemt sich diese erste Art, die ganz besonders Lachen erregt, für uns nicht, ich meine das Mürrische, Abergläubische, Argwöhnische, Prahlsüchtige, Alberne. Solche Charaktere sind an und für sich lächerlich, und Persönlichkeiten dieser Art pflegen wir durchzuziehen, aber nicht darzustellen. 252. Die zweite Art ist durch die Nachahmung recht sehr geeignet Lachen zu erregen; aber, wenn wir einmal von ihr Gebrauch machen wollen, so dürfen wir sie nur verstohlen und flüchtig anwenden; denn sonst ist sie keineswegs anständig; die dritte aber, die Verzerrung des Gesichtes, ist unser nicht würdig; die vierte, der zotige Scherz, ist nicht allein des ForumsD. h. der Rednerbühne. unwürdig, sondern kaum bei einem Gastmahle freierliberorum, d. h. freigeborener, edler Männer, im Gegensatze zu rohen und gemeinen Sklaven. Andere erklären das Wort von Menschen, die sich frei und ungebunden benehmen. Hätte Cicero diesen Sinn ausdrücken wollen, so würde er sicherlich ein anderes Wort gebraucht haben, auch würde die Bemerkung, daß der zotige Scherz bei dem Gastmahle liederlicher, zügelloser Menschen unzulässig sei, sehr verkehrt sein. Männer zulässig. Nach Entfernung so vieler Gegenstände also von unserer Stellung, die wir als Redner einnehmen, bleiben nur noch die Witze übrig, die nach meiner vorigen Eintheilung entweder in der Sache oder in dem Worte liegen. Denn was, mit welchen Worten man es auch sagen mag, doch witzig bleibt, besteht in der Sache; was aber nach Veränderung der Worte seine Spitze verliert, hat das Anziehende gänzlich in den Worten. 253. Zweideutigkeiten haben eine vorzügliche Schärfe und liegen im Worte; aber sie erregen nicht oft großem Gelächter, mehr als feine und von gelehrterer Bildung zeugende Witzworte werden sie gelobt. So zum Beispiel jene Aeußerung gegen den Titius; dieser spielte nämlich leidenschaftlich Ball, aber zugleich stand er im Verdachte, er zerbreche des Nachts die heiligen Bildsäulen; als er nun einmal auf das Marsfeld kam, und seine Spielgenossen nach ihm fragten, entschuldigte ihn Vespa Terentius, indem er sagte, er habe einen Arm zerbrochenDas konnte heißen, er habe seinen Arm zerbrochen, oder er habe einer heiligen Bildsäule einen Arm abgeschlagen.. Ein anderes Beispiel ist jene Aeußerung des Africanus, die sich bei LuciliusS. I. 16, 72. findet:

»Wie? entgegnete Decius, willst du das Nüßlein zermalmen?«Nuculam an confixum vis facere? Die Zweideutigkeit liegt hier offenbar darin, daß Nucula sowol ein Eigenname war als auch eine kleine Nuß bedeutete. Was aber die eigentliche Pointe dieses Witzes sei, ist nicht klar. Auch kann man nicht wissen, welchen Sinn die Worte confixum facere haben. Ernesti erklärt sie. ein Fricassée machen. Der Sinn scheint zu sein: Nucula wurde von seinem Gegner mit gewaltiger Heftigkeit angegriffen, so daß er gleichsam zermalmt wurde, wie eine Nuß. – Uebrigens habe ich in der Uebersetzung das Wort Decius (˘ ˘ ˘) nach Deutscher Aussprache gemessen: ˘ ˘.

254. Ein drittes die Aeußerung deines Freundes GraniusS. zu II. 60, 244., mein Crassus: »Er ist nicht ein Sechstel werthDer Sinn dieser Worte ist dunkel. Turnebus sagt, die Worte: er ist nicht ein Sechstel (nämlich eines As) werth können nach verschiedener Aussprache den entgegengesetzten Sinn haben, nämlich entweder: er ist kein Sechstel eines As werth, sondern viel mehr. Pearce findet die Zweideutigkeit darin, daß sextantis auch in zwei Worten sex tantis gesprochen werden könne und den Sinn habe: er ist sechsmal so viel werth. Doch diese Erklärung läßt die Latinität nicht zu..« Und in der That der sogenannte Witzbold wird sich in dieser Art besonders hervorthun; doch Anderes erregt größeres Gelächter. Das Zweideutige findet zwar an und für sich, wie ich oben bemerkte, ganz vorzüglichen Beifall; denn in der Fähigkeit die Bedeutung eines Wortes in einer anderen Beziehung, als es Andere thun, zu nehmen scheint sich ein geistreicher Kopf zu offenbaren; aber es erregt mehr Bewunderung als Lachen, wenn es nicht etwa zugleich in eine andere Art des Lächerlichen einschlägt.


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