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Der Katarrh ist ein Entzündungszustand der Schleimhäute mit fehlerhafter, meist vermehrter Absonderung. Der Nasenkatarrh oder Schnupfen (Coryza) im engeren Sinne ist eine meistenteils nicht gefährliche Entzündung der Nasenschleimhaut, des Schlundes, der Luftröhre und in höheren Graden auch der Luftröhren-Verzweigungen in den Lungen, bald mit mehr, bald mit weniger Fieber verbunden. Die Krankheit fängt an mit Trockenheit, Verstopfung und Kitzeln in der Nase, zum Niesen nötigend, mit dumpfen Kopfschmerzen in der Stirn, mit Benommenheit und Schwere des Kopfes, Tränen der Augen, später erhöhte Schleimabsonderung, die oft scharf und wundmachend ist. Die Sprache ist rauh und näselnd, Geruch und Geschmack sind abgestumpft. Wenn der Schnupfen, wie nicht selten der Fall, von Erkältung herrührt, so ist gewöhnlich auch Husten mit Schleimauswurf damit verbunden.
Grippe oder Influenza nennen wir einen epidemisch auftretenden akuten Bronchialkatarrh, der die Schleimhaut der Nase, des Rachens, des Larynx und des Darmkanales ergreift und mit Stirnkopfweh, Heiserkeit, Appetitmangel, Zungenbelag, Diarrhöe und Fieber mit verschiedenem, auch nervösem Charakter vergesellschaftet ist. Die Krankheit kann bei Vernachlässigung einen höchst gefährlichen Grad erreichen.
Die Influenza ist sehr charakterisiert durch ihr epidemisches Auftreten, durch die Veränderung des Gemeingefühles, durch die katarrhalischen Erscheinungen und das begleitende Fieber, das abwechselnd einen Tag um den andern sich verschlimmert, bei großer Empfindlichkeit der Haut gegen Entblößung. Ebenso sichern die Erkennung die bedeutende Affektion des ganzen Organismus und die große Mattigkeit. Vom Cerebraltyphus unterscheidet sich Influenza durch das Fehlen der Sinnesstörungen im Ohr, Auge und die Dauer der Krankheit. Es fehlen ferner die Milzanschwellung und die Roseola; auch verläuft die Grippe nicht typisch, und der Harn bildet meistens Bodensatz. Den typhoiden Charakter zeigen jedoch manche Fälle in einzelnen Epidemien in einem solchen Grade, daß nur bei großer Aufmerksamkeit die Unterscheidung vom Unterleibstyphus möglich ist.
Diese heimtückische Krankheit kann in jeder Form ihres Auftretens äußerst gefährlich werden. Sie geht bei den verschiedenen Epidemien auch die verschiedensten Komplikationen ein, hat große Neigung, sich mit schon vorhandenen Krankheitsanlagen zu verbinden und diese zu einem schnellen und meist tödlichen Ausgang zu führen. Die Dauer der Krankheit ist nicht bestimmbar, kann sich aber bis über die 8. Woche hinaus erstrecken. Solange die Schweiße währen, muß der Patient fest im Bett verweilen. Je stärker die katarrhalischen Erscheinungen (Husten, Schnupfen) hervortreten, desto günstiger ist meistens die Prognose.
Der Charakter des Fiebers bestimmt die Behandlung. Bei einfachem Nasenkatarrh kommen wir meist mit diätetischem Verfahren zurecht. – Aufenthalt in gleichmäßig warmer Luft, schleimige, lauwarme Getränke. – Aconitum, 1- bis 2stündlich wiederholt, ist Hauptmittel bei heftigem Fieber mit Unruhe und Angst, steter Trockenheit des Mundes und der Lippen und Durst. Nächst Bryonia ein Hauptmittel bei Influenza zur Beförderung des unumgänglich erforderlichen Schweißes. – Bryonia: Starker Fließschnupfen mit Fieber; Frostigkeitsgefühl und Scheu vor Entblößung der Haut. Heiserkeit, Husten mit schwierigem Auswurfe; auch mit Atembeengung und Stichen in der Brust. – Kalium bichromicum: Starker Fließschnupfen, wie blankes Wasser. Trägheit und Lähmigkeit in den Gliedern. Große Abgestumpftheit des Geruchsinnes. Nach starken Erkältungen, besonders der Füße. – Nux vomica: Katarrh von Erkältung mit und ohne Fieber, Kratzen und Rauhigkeit im Halse; ein ganz vorzügliches Mittel auch bei Grippe. – Pulsatilla: Besonders bei vermehrter Absonderung der Schleimhäute. Husten mit reichlichem Auswurfe salzigen, bitteren, gelblichen oder weißlichen Schleimes und nächtlicher Verschlimmerung des Hustens; Schleimrasseln. Bei entzündlichen Kehlkopfaffektionen, Appetitlosigkeit, Frösteln, besonders abends; weinerliche Stimmung. – Arsenicum: Bei scharfem, wundmachendem Nasenausflusse mit Engbrüstigkeit und Pfeifen in der Luftröhre. Verschlimmerung abends und nachts, beim Liegen oder in feuchter Luft. – Wenn durch Einatmen kalter, feuchter Luft der Schnupfen entstand, dann hilft mitunter Dulcamara.
Ferner verdienen noch besondere Beachtung:
Belladonna: Bei entzündlichem, fieberhaftem, krampfhaft nervösem Charakter; Zusammenschnüren im Halse, Halsweh, Blutandrang nach dem Kopfe.
Eucalyptus globulus: Bei Influenza mit heftigem Stirnkopfschmerze und Blutwallungen, Fieberhitze mit Durst und vollem Pulse. Beschleunigtes Atmen, Müdigkeit und Lähmigkeitsgefühl der Glieder. Schlaflosigkeit; Schwindel; Sehschwäche; durchfällige Stühle mit großem Drange. Oft sehr wirksam. – Bei sehr bedeutenden Kongestivzuständen des Gehirns und der Lunge, sehr schnellem Atmen und jagendem Pulsschlage, einem Zustande wie bei beginnender Lungenentzündung, gebe man sofort Veratrum viride in ½stündlicher Wiederholung. Man vergleiche noch die bei Lungenentzündung aufgeführten Mittel.
Eupatorium perfoliatum: Ausgesprochene Grippe. Zerschlagenheitsschmerz im ganzen Körper. Übelkeit. Husten verursacht Kopfschmerzen.
Gelsemium: Influenza mit starker Fieberhitze, Kopfkongestionen, Pulsieren der Arterien und Nervenerregtheit. Ausfluß aus der Nase wie Wasser; Husten, Heiserkeit, Rauheits- und Wundheitsschmerz im Halse und in der Brust. Plötzliches Vergehen des Sehvermögens. Ist bei sehr vielen Krankheiten infolge der Influenza, besonders bei Lähmungen (siehe diese), ein unentbehrliches Mittel. Vgl. auch, was bei Diphtherie darüber gesagt worden.
Hepar: Bei Katarrhen im letzten Stadium und bei chronischem Verlaufe, lautem Schleimrasseln, Heiserkeit.
Mercurius: Hauptmittel bei Schnupfen und Influenza; bei Fließschnupfen mit Kopfschmerzen in der Stirn, Rauheit und Wundheitsgefühl im Kehlkopf; angreifender, trockener Husten mit abendlicher Verschlimmerung und nächtlichen, nicht erleichternden Schweißen (vor oder nach Hepar).
Natrium nitricum: Das salpetersaure Natron verdient als epidemisches, entzündungswidriges Influenzamittel die größte Beachtung, ganz ebenso wie Aconitum. Mattigkeit und Zerschlagenheitsgefühl in Muskeln und Gelenken; katarrhalische Entzündung des Schleimhautgebietes.
Bei allen Katarrhen der Atmungsorgane ist gleichmäßige Wärme die Hauptsache. Die Influenza erfordert unumgänglich Bettwärme, damit die Influenzaschweiße reichlich zur Ausscheidung gelangen. Bei Kälte der Füße sind Wärmflaschen notwendig. Die Schweiße müssen fleißig mit warmen Tüchern abgerieben werden. Vor frühzeitigem Verlassen des Bettes ist sehr zu warnen, da zurückbleibende Reste dieser heimtückischen Krankheit zu langwierigen Nachkrankheiten führen, die meist tödlich verlaufen. – Die Kennzeichen noch vorhandener Influenza sind: Trockenheitsgefühl der Unterlippe, Frostigkeit, Verschlimmerung des Befindens einen Tag um den andern, Neigung der Haut, zu transpirieren; große Hinfälligkeit und Abmagerung.
Bei stockendem Schnupfen ziehe man warme Dämpfe von Wasser oder Milch in die Nase. Aconitum, Pulsatilla oder Bryonia haben sich sodann noch sehr bewährt, und bei heftigen Stirnkopfschmerzen: Spigelia; bei Schmerzen in der ganzen Stirn oder mehr rechts, mit Hitze und heftigem Pulsieren in den Schläfearterien: Belladonna. – Bei chronischem Stockschnupfen hat sich, neben Sulfur, Silicea oder Calcium ein sehr schwacher Absud von dem gemeinen Schachtelhalm, täglich in die Nase aufgezogen, vorzüglich bewährt. Man könnte diesen auch bei der sehr lästigen und schwer zu beseitigenden Ozaena (Stinknase) versuchen.
Bei langwierigem, oft wiederkehrendem Schnupfen sind noch Kalium bichromicum, Silicea, Calcium oder Sulfur zu empfehlen.