Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Hierunter fassen wir alle jene Magenkrankheiten zusammen, die von meist chronisch verlaufenden Gewebskrankheiten des Magens abhängen. Sie lassen unter sich sowie von einer chronischen Magenentzündung, mit der sie häufig zusammenfallen, oder von der sie vorausverkündet werden, oft sehr schwer eine Unterscheidung zu.
Die Magenverhärtung und der Magenkrebs (Scirrhus et Carcinoma ventriculi) sind nicht selten die Folge einer chronisch verlaufenden Magenentzündung und entstehen meistenteils in den höheren Lebensjahren, besonders bei Personen, die häufigen Nahrungssorgen, Gram, Kummer und Elend ausgesetzt waren, bei Liebhabern spirituöser Getränke und bei solchen Leuten, die sich durch vieles Medizinieren ihren Magen verdorben und ihren Körper geschwächt haben. Das Magencarcinom ist vorwiegend der Scirrhus, das fibröse Carcinom, seltener der Markschwamm und noch seltener eine anderweite Form. Die Krankheit hat gewöhnlich ihren Sitz am Magenmunde (Cardia) oder in dessen Nähe. Beim Carcinom der Cardia Verengerung und Schrumpfung, beim Pyloruskrebse Erweiterung des Magens. Bei ersterem finden sich leicht Affektionen der Speiseröhre, bei letzterem des Zwölffingerdarmes.
Die ersten Symptome dieses Übels dauern oft monatelang und bestehen in Verdauungsbeschwerden, Spannen in der Herzgrube und großer Empfindlichkeit der Magengegend gegen äußeren Druck; oft empfinden auch die Patienten einen dumpfen Druckschmerz oder Spannen im Kreuze. Im höheren Grade der Ausbildung der Krankheit, sobald Verengung des Pförtners eingetreten ist, erregen alle nur einigermaßen vom Magen ungelöst bleibenden Speisen hartnäckige Verdauungsbeschwerden, Aufgetriebenheit der Herzgrube, schmerzhaftes Drücken und Raffen im Magen; früh nüchtern zeigen sich oft das schon abgehandelte Sodbrennen und Magensäure, die aber durch ihre Hartnäckigkeit auffallend werden. Leichtes Erbrechen schon halb verdauter Speisen, das sich gewöhnlich 2 bis 3 Stunden nach der Mahlzeit, selten unmittelbar danach einfindet und die Schmerzen nach und nach etwas mildert, wiederholt sich bei dem Fortschreiten der Krankheit immer häufiger. Dabei sind heftiger Durst und hartnäckige Stuhlverstopfung vorhanden.
Hat sich die Krankheit am Pylorus (Pförtner) entwickelt, so findet sich meistens in dieser Gegend, also über und neben dem Nabel rechterseits, in der Tiefe des Bauches eine, auch wohl dem bloßen Auge bemerkbare, verschiebliche Geschwulst, und der Magen sinkt durch seine Schwere abwärts bis unter den Nabel herab. Die sich kundgebenden Schmerzen sind am häufigsten denen einer gewöhnlichen Kardialgie ähnlich, oft brennend oder elektrisch durchschießend. Die nur durch Erbrechen entleerten Stoffe sind eigentümlich schokoladen- oder kaffeesatzähnlich, oft unverkennbar blutig. Von jetzt an steigern sich die Schmerzen unaufhörlich, erreichen den höchsten Grad, und der Kranke fürchtet sich, irgend etwas zu genießen, weil auch die geringste Kost ihm Beschwerden und Erbrechen verursacht. Die Kranken haben das den Kachektischen eigentümliche Aussehen, die früher gelbliche Hautfarbe wird grünlich, die Haut faltig, dürr und schilferig, der Ausdruck des Gesichtes ist ängstlich, leidensvoll. Es kommt schließlich bis zur größten Abmagerung; mit der fortschreitenden Verengerung und Zerstörung des Magens wird der Speisegenuß immer beschwerlicher, Blutleere, Kachexie, Wassersucht oder Magendurchlöcherung treten ein und beenden das qualvolle Leiden.
Im ersten Stadium der Krankheit werden sich die bei » Magenschmerzen« bereits angegebenen Mittel hilfreich erweisen. Bei ausgebildetem Magenkrebs wird man, wenn auch nicht Heilung, immer aber wenigstens Linderung erzielen. Doch sind auch in der Homöopathie Heilungen von Magenkrankheiten bekannt, die dem Krebs keineswegs unähnlich waren. – Als den obwaltenden Symptomen besonders entsprechend haben sich bewährt:
Arsenicum: Bei brennenden, nagenden Schmerzen und Zusammenschnürungsgefühl in der Herzgrube und im Rücken; Herzgrube gespannt, beim Drucke schmerzhaft. Stetiges Erbrechen des Genossenen, sogleich oder nach einigen Stunden, unter Vermehrung und späterer Milderung der Schmerzen. Große Schwäche, Angst, Abmagerung, Schlaflosigkeit, Trockenheit des Mundes, Durst, Stuhlverhaltung. Erhöhung der Schmerzen nach jeder Mahlzeit und nach Mitternacht.
Lycopodium: Neben Arsenicum ein Hauptmittel zur Linderung verschiedener den Magenkrebs begleitenden Symptome: Säurebildung, Sodbrennen, brennende Schmerzen in der Magengrube; auch mitunter bei schleimigem Erbrechen, besonders morgens, und Stuhlverstopfung.
Mezereum: Dieses Mittel erleichtert mitunter bei Magenkrebs die Beschwerden wesentlich, denn das Brechwürgen läßt nach, es stellt sich Appetit ein, und der Magen vermag sogar einige leichte Speisen zu behalten.
Nux vomica: Verengerung des Magenmundes, mit schwierigem Hinabschlucken der Speisen, Aufstoßen, sehr stinkende Winde, Stuhlverstopfung, Kreuzweh, Eingezogenheit der Bauchdecke mit starkem Brennen in der Herzgrube; oft sehr hilfreich im Wechsel mit Arsenicum.
Plumbum: Ein Hauptmittel in dieser Krankheit unter folgenden Symptomen: Öfteres, nicht erleichterndes Erbrechen mit sehr hartnäckiger Verstopfung; periodenweise erscheinende, heftig brennende Schmerzen mit höchster Angst, ängstlichen und kalten Schweißen. Die durch das Erbrechen entleerten Stoffe sind grünspanartig, schwärzlich, gallig und bitter.
Phosphorus: Ein sehr beachtenswertes Mittel, wenn nach dem geringsten Speisengenusse furchtbare Magenschmerzen mit Erbrechen und saurem Aufstoßen eintreten und bei den sehr herabgekommenen Patienten Durchfälle mit arger Stuhlverstopfung abwechseln.
Tartarus emeticus: Mit diesem Mittel heilte Dr. H. Schmid in Wien den Magenkrebs einer Frau (Intern. hom. Pr., Bd. V, S. 396). Große Empfindlichkeit des Magens auf Druck. Linksseitige, sehr empfindliche Geschwulst. Erbrechen des Genossenen. Viel fauliges Aufstoßen. Später Erbrechen schwarzer, geronnener Massen. Ebenso gefärbter Stuhlgang. Gabe: In Verreibung 2 dg in ½ Glas Trinkwasser, stündlich 2 Eßlöffel.
Außerdem sind gegen Magenkrebs noch empfohlen: Calcium fluoratum, Condurango und von Dr. Mackenzie: Hydrastis canadensis.
Ferner auch Conium, wenn die Krankheit durch Druck oder Stoß entstanden ist. Baryum oft nach Nux vomica bei Desorganisation des Magenmundes oder Verdickung der Magenwände bei alten Leuten. Dr. C. v. Bönninghausen rühmt bei Magenmund-Verengerung Nux vomica oder Ranunculus bulbosus. (S. 254 der »Aphorismen des Hippokrates«. Leipzig 1863, Verlag Dr. Willmar Schwabe). In neuerer Zeit ist bei Magenmund-Verengerung Baptisia mit günstigem Erfolge angewendet worden, was wir aus eigener Erfahrung jedoch nicht bestätigen können.
Gegen das unstillbare Erbrechen wird von Gisevius Cadmium sulfuricum D6 empfohlen.
Um den Kranken einigermaßen bei Kräften zu erhalten, ist eine nahrhafte und leicht verdauliche Kost unumgänglich notwendig. Nichts wäre in dieser Krankheit, sobald die Diagnose gesichert ist, törichter als eine schwächende Entziehungsdiät.
Magenerweichung (Gastromalacie). Diese Abnormität des Magens wird nach Ansicht einiger Ärzte für eine bloße Erscheinung des Leichenprozesses gehalten, die durch die freie Säure im Magen nach dem Tode erzeugt wird. Doch scheint dieser Ansicht die zuweilen beobachtete Magenerweichung schon im Leben, besonders bei Kindern, zu widersprechen. Die Krankheit tritt anfangs in scheinbar sehr leichter Gestalt unter der Form des Erbrechens und Durchfalles auf. Die später erscheinenden Zeichen sind für das Bestehen der Krankheit sicherer und charakteristischer: Heftiger Durst, Auftreibung und Schmerzhaftigkeit der Magengegend, Erbrechen saurer, schleimiger oder gelbbrauner Flüssigkeiten sofort nach dem Trinken, Durchfälle von schleimigen und grünlichen Stoffen, schneller Verfall der Kräfte, kaum fühlbarer Puls und beschleunigte Respiration. Ursachen sind die Skrofeln, schlechte Nahrung, Überfüttern, hitzige Krankheiten usf.
Im Anfang und beim Nachlassen der Krankheit, bei überwiegenden Durchfällen ist Acidum phosphoricum oft ein sehr hilfreiches Mittel. Bei ausgebrochener Krankheit leistet nicht selten Kreosotum und Arsenicum einiges. Außerdem verdient noch Argentum nitricum Beachtung.
Das Magengeschwür (Ulcus ventriculi, Gastritis ulcerosa) ist sehr oft die Ursache verschiedener Magenleiden und kommt entweder in kleinen Bläschen oder Pusteln, einzeln oder zahlreich, auf der Magenschleimhaut vor, erregt hämorrhagische Erosionen, daher Bluterbrechen, oder veranlaßt Verdauungsstörungen, Magenschmerzen u. dgl. Diese Geschwüre heilen gewöhnlich von selbst und sind daher ungefährlich. Bedenklich aber und in seinem Verlaufe oft tödlich ist das die Magenwände durchbohrende (perforierende), sog. runde oder kallöse Magengeschwür mit scharf begrenzten, wulstigen Rändern und kreisrunder Form. Die Ursachen seines Entstehens sind noch nicht genügend geklärt. Das mittlere Lebensalter bietet die meisten Erkrankungen. Das Magengeschwür zerstört allmählich die Magenhäute, veranlaßt oft lebensgefährliche Blutungen und Durchlöcherung der Magenwandung, worauf das Austreten des Mageninhaltes in die Bauchhöhle mit tödlichem Ausgange erfolgt. Oft ist, auch wenn schon auf der Höhe angelangt, das Leiden zur Heilung zu bringen und hinterläßt alsdann Narben in der Schleimhaut oder verschrumpfte, sanduhrförmig verengerte Magenwände. Nicht selten erscheinen jedoch noch Rückfälle, oder es bleiben lebenslängliche Magenleiden zurück. Die vorzüglichsten Mittel bei dieser Krankheit sind: Argentum nitricum, Arsenicum, Belladonna, Bismutum nitricum, Kalium bichromicum, Natrium muriaticum, Nux vomica, Ipecacuanha, Phosphorus oder auch Lycopodium, Calcium, Silicea. Im übrigen vergleiche man, was bei Bluterbrechen, Magenschmerzen und Magenkrebs gesagt worden ist.