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Die Diphtherie oder Rachenbräune ist eine akute Infektionskrankheit. Als Erreger wird der Löfflersche Diphtheriebazillus (1883), ein stäbchenförmiger Spaltpilz, angesehen, was von manchen Autoren bezweifelt wird, da man diesen Bazillus auch bei gutartigen Halsentzündungen, ja bei ganz gesunden Menschen findet. In ihren Anfangserscheinungen hat diese Erkrankung einige Ähnlichkeit mit einer gewöhnlichen Halsentzündung, tritt jedoch bald in ihrer wahren Gestalt auf, die einen Irrtum unmöglich macht. Die Kranken klagen zuerst, wie von einer schweren Erkältung, über Unwohlsein, besonders über Mattigkeit und Abgeschlagenheitsgefühl in den Gliedern, Kopfeingenommenheit, Halsweh und Schlingbeschwerden. Bei Besichtigung der Rachenschleimhaut zeigt sich diese katarrhalisch gerötet, und auf den geschwellten Tonsillen, sowie nicht selten auf dem Zäpfchen, zeigen sich käsige Auflagerungen, die, anfangs punktförmig, schnell an Umfang gewinnen. Diese weißen Massen sind Teile der abgestorbenen Schleimhaut. Im weiteren Verlaufe können sich diese Massen über die ganze Nasenschleimhaut verbreiten. Nicht selten wird der Kehlkopf oder die Nasenhöhle ergriffen. Mitunter erstreckt sich der Prozeß auf die Augen oder kann, bei weiblichen Patienten, auch die Geschlechtsteile ergreifen.
Mit dem Vorwärtsschreiten der Krankheit wird der Patient immer elender und schwächer, die Schlingbeschwerden nehmen zu, besonders wird das Schlucken von Flüssigkeiten und Wasser sehr erschwert und gefürchtet. Arger Mundgestank und Speichelfluß begleiten die Krankheit. Häufig wird der Schlaf des Patienten durch Husten unterbrochen, der durch den Speichel, der in die Luftröhre gelangt ist, verursacht wird. Das Schlucken geschieht vom Kranken höchst vorsichtig, mit erhobenem Kinn, das Getränk läßt er langsam hinabgleiten, während bei einer Halsentzündung der Kranke schnell, mit krampfhafter Anstrengung und mit nach vorn gebeugtem Kopfe schluckt. Vom Krupp ist die Krankheit dadurch zu unterscheiden, daß dieser mit einem eigentümlichen Husten verbunden ist, der bei der Diphtherie fehlt.
Die Dauer der Krankheit ist, je nach der Bösartigkeit der Epidemie, nach Alter, Konstitution usw., sehr verschieden. Gutartige Fälle gehen unter zweckmäßiger Behandlung in 6, 9, 12 Tagen in Genesung über; die schlimmen Fälle können schon in wenigen Tagen den Tod herbeiführen; oft erfolgt er in der 2. und 3. Woche. Oder sie gehen nur langsam in Genesung über und hinterlassen sehr schwere Nachkrankheiten und eine sehr langsame Rekonvaleszenz. – Der Tod kann erfolgen unter Erstickungsanfällen durch das auf der Schleimhaut des Larynx abgelagerte Exsudat, wie beim Krupp, oder durch Anämie und endlich infolge der durch die Toxine veranlaßten großen Schwäche, durch Lähmung des Herzens und des ganzen arteriellen Gefäßsystems. – Bei der Genesung schält sich die falsche Membran in Stücken und Streifen von oft erstaunlicher Menge ab, unten eine rote, leicht blutende Schleimhaut und bedeutende Zusammenschrumpfung der darunter liegenden Teile zurücklassend, als wenn ein erheblicher Substanzverlust stattgefunden hätte.
Die Prognose der Diphtherie ist stets sehr zweifelhaft; denn bei jeglicher Art des Verlaufs kann sie tödlich werden. Wenn die Krankheit schon im Beginn heftig auftritt, ist alles zu befürchten. Bei skrofulösen, schlecht ernährten, bleichsüchtigen Kindern und solchen, die in den ersten Lebensjahren stehen, besonders bei schnellem Kräfteverfall, ist der Tod unvermeidlich. Die Verbreitung auf den Kehlkopf und auf die Lungen ist stets tödlich. – Unter die bösesten Symptome gehört der Eiweißgehalt des Urins, besonders bei trockener, kühler Haut. Doch sah man auch viele Fälle, wo sich dieser fand, in Genesung übergehen.
Als Folgen der Krankheit machen sich besonders die Lähmungen bemerkbar, die sowohl die Extremitäten, als auch die Halsmuskeln und selbst den Pharynx betreffen können. Auch Taubheit und Amaurose sind beobachtet worden.
Da die Krankheit nicht als ein bloß örtliches Leiden betrachtet werden darf, so ist ein örtliches Verfahren, z. B. das Ätzen mit Höllenstein, Chlorkalium, Alkohol, ganz unnütz, ja sogar schädlich, nicht nur weil dadurch die Kräfte kleinerer Kinder, die bei dieser Prozedur schreien und sich sehr ängstigen, leiden, sondern wird auch die Krankheit tiefer hinab auf den Kehlkopf getrieben. Das Ätzen ist mindestens eine nutzlose Quälerei, da man die Diphtherie ebensowenig wegätzen kann, wie die Pusteln auf dem Körper eines Pockenkranken. Wie kann wohl ein Kranker genesen, der in steter Aufregung und unter dem lähmenden Einflusse von Angst und Furcht erhalten wird! Muß da nicht die Lebenskraft, der beste Verbündete der Genesung, unterliegen? – Höchstens bei älteren Kindern würden wir das Gurgeln mit verdünntem Alkohol (1 Teelöffel auf 2 Eßlöffel voll Wasser), ein von Dr. v. Grauvogl vorgeschlagenes Mittel, gestatten, v. Grauvogl ist nämlich der Ansicht, daß dadurch die parasitären Gebilde auf der Schleimhaut vernichtet werden. Der Diphtherische ist jedoch nicht nur im Halse diphtherisch, sondern sein ganzes Blut ist es.
Es ist durchaus noch nicht bewiesen, ob sich das Diphtheriegift an der Rachenschleimhaut lokalisiert und von da ins Blut übergeht; kein Bakterium nämlich geht durch gesundes Epithel hindurch. Alle unsere bakterischen Infektionskrankheiten sind entweder Inhalationskrankheiten oder Fütterungs- und Impferkrankungen. Keine Erkrankung ist bisher bekannt, bei der ein Bakterienstäbchen das unversehrte Epithel durchbrochen hätte. Dem sei nun wie ihm wolle, fest steht, daß wir bei homöopathischer Behandlung der Diphtherie verhältnismäßig vorzügliche Resultate erzielt haben, während die Allopathie mit ihren antiparasitären Gurgelwässern und Beizmitteln jahraus, jahrein viele Tausende ihrer Patienten verliert.
Bei der Behandlung der Diphtherie ist ganz besonders auf reine Stubenluft zu achten; doch ist jede Erkältung sorgfältig zu vermeiden, weil dadurch der für den günstigen Ausgang der Krankheit notwendige Schweiß leicht unterdrückt wird. – Keine Behandlung kann bei der Diphtherie nützen, wenn die hygienischen Verhältnisse nicht günstig sind. Die schlimmsten Fälle sind immer diejenigen, bei denen Drüsenanschwellungen stark hervortreten. Auf keinen Fall ist der diphtherische Belag die Krankheit. Er ist nur ein Produkt, ein fibrinöses Gebilde auf einer Schleimhaut, die infiziert ist.
Die wichtigsten, der Krankheit entsprechenden homöopathischen Heilmittel sind:
Belladonna: Im Anfange der sich entwickelnden Krankheit, bei bedeutendem, synochalem Fieber, starker Röte und Schwellungen der Mandeln, des weichen Gaumens und der Schleimhaut des Rachens, mit mehr oder weniger heftigen und schmerzhaften Schlingbeschwerden. So nützlich dieses Mittel auch bei Halsentzündungen ist, hat es doch nur wenig Beziehungen zu diphtherischen Fällen.
Apis mellifica: Dieses Mittel verdient in manchen Epidemien, auch bei Scharlachdiphtherie, die größte Beachtung, besonders wenn der mäßige diphtherische Belag mit ausgebreiteter Entzündung und Rötung des Pharynx (der oberen Speiseröhre) und des Gaumens verbunden auftritt. Lilienthal empfiehlt Apis bei drohender Herzschwäche und wenn bei diphtherischem Krupp die Membrane der Luftwege sehr schnell anschwellen oder ein ununterbrochenes Hüsteln den Kranken quält.
Echinacea: Ein äußerst wirksames Mittel bei tief einfressenden Geschwüren, sowohl am Zäpfchen als auch an den Gaumensegeln, mit aashaftem Mundgestank. Kann auch als Gurgelwasser, von der 1. Decimalverdünnung 10 Tropfen auf 2 Eßlöffel voll Wasser, angewandt werden. Näheres siehe bei Echinacea, Seite 90.
Kalium bichromicum: Ist in manchen Fällen, die oft sehr bösartiger Natur sind, namentlich bei Nasendiphtherie, ein Spezifikum. Die diphtherische Auflagerung, die Membran, ist in diesen Fällen resistenter und dicker. Verglichen mit derjenigen bei Mercurius bijodatus, ist sie mehr fibroidartig gebildet. Kalium bichromicum hat einen so auffälligen derben Belag, daß man es da, wo es hinpaßt, nicht vergessen kann. –
Mercurius solubilis Hahnemanni: In oft zu wiederholenden Gaben; erweist sich bei remittierendem Fieber, bei beginnender Exsudatbildung auf den Mandeln, dem weichen Gaumen und der Rachenschleimhaut, wo noch kein Mundgestank und kein kopiöser Speichelfluß vorhanden war, hilfreich. (Dr. Trinks.)
Mercurius sublimatus corrosivus: Ist oft mit sehr gutem Erfolge verabreicht worden, wie dies auch seinen physiologischen Wirkungen nach erwartet werden kann. Die Lösung dieses Mittels ist auch imstande, sowohl eine allgemeine als auch eine lokale Einwirkung auszuüben, zumal in jenen außerordentlich schnell verlaufenden Fällen, wo ein Verjauchungsprozeß der Weichteile zu befürchten steht.
Mercurius bijodatus: In sehr vielen Fällen, besonders bei dicken, rahmartigen Auflagerungen auf Gaumensegel und Zäpfchen, ist dieses Mittel ein wahres Spezifikum. Auch wenn die Unterkieferdrüsen in Mitleidenschaft gezogen und erheblich geschwollen sind. Wir verabfolgen es, wenn bei dem Vorhergebrauch von Acidum nitricum keine Besserung eingetreten ist.
Mercurius cyanatus: Hat sich als ein Hauptmittel in dieser »kindermordenden Krankheit« bewährt und ist von Dr. Beck in St. Petersburg mit sehr gutem Erfolge gegeben worden, was auch Dr. v. Villers dort bestätigt, wo ein massenhaftes Exsudat mit Mundgestank sich entwickelt hatte. Wir verrühren 8 Tropfen in einem Weinglase mit 6 Eßlöffeln voll Wasser und verabfolgen davon ½- bis 1stündlich jedesmal 2 Teelöffel voll, bei eintretender Besserung seltener, solange nur die Rachenhöhle allein an der Krankheit beteiligt ist. Dieses Mittel verbessert auch die Konstitution solcher Diphtheriekranker, die nach überstandener allopathischer Behandlung sich nicht mehr zu erholen vermögen. Ähnlich
Acidum nitricum: Die Salpetersäure steht jedenfalls dem Sublimat sehr nahe, ist jedoch von größerer intensiver Wirkung auf die Weichgebilde des Mundes, der Mandeln und des Rachens. Sie hat sich in verschiedenen schweren Fällen bewährt, auch dann, wenn sich jauchiger Ausfluß aus der Nase einstellt. Wir verabfolgen dieses Mittel ebenso wie das vorige.
Arsenum jodatum: In jenen bösartigen Fällen, wo trotz Apis und Mercurius cyanatus die Membranen brandig werden und die Zeichen der Sepsis deutlich auftreten. Bringt sofortigen Umschwung herbei. Die ergriffene Schleimhautpartie stößt sich in 24 bis 48 Stunden ab, ohne daß es zu Rückfällen kommt. Wir verrühren 2 dg der Verreibung in 6 Eßlöffel voll Wasser und reichen ¾stündlich 1 Eßlöffel voll.
Steigt der diphtherische Prozeß von der Rachenschleimhaut auf die des Kehlkopfs hinab und setzt dort ein zähes, massiges Exsudat ab, so entstehen alle Zufälle der Laryngostenose, wie im torpiden Krupp, nur mit dem Unterschiede, daß die durch den diphtherischen Prozeß abgesetzten Exsudate wesentlich von denen des gemeinen Krupp verschieden sind. In diesem spezifischen Charakter beider krankhafter Prozesse liegt auch die Ursache, warum sich die sicheren Heilmittel des gemeinen Krupp in der diphtherischen Laryngostenose ganz nutzlos erwiesen. Weder Spongia noch Jodum halfen etwas. Es ist hier eine noch auszufüllende Lücke in der Therapie. Wir schlagen in solchen Fällen Brom-Präparate vor. Nach Hirschel hat sich mitunter auch Hepar sulfuris in der 3. Decimalverdünnung bewährt. In einigen Fällen derartiger Laryngostenose wurde die Tracheotomie mit Erfolg angewandt.
Zeigt sich in den Erscheinungen der lokalen Affektion die Neigung zu nekrotischem Zerfall unter den Exsudatmassen, dann kann von den Mercur-Präparaten keine Rede mehr sein. Bei dieser sog. brandigen Diphtherie, wenn die diphtherischen Häute schmutziggrau aussehen, einen sehr üblen Geruch erzeugen und Zerstörung der Gewebe droht, bleibt unser Hauptmittel Arsenicum in 4. bis 6. Decimalverdünnung.
Das in Aufnahme gekommene » Heilserum« ist ein isopathisches Mittel, da es aus den Krankheitsprodukten gewonnen wird; eines jener Mittel, die früher von den Ärzten verächtlich zurückgewiesen wurden. Seine Heilwirkungen, nach dem Ähnlichkeitsprinzip, beruhen auf dem Gesetze der Polarität und des Rhythmus, wie alle Heilungen, die je eingetreten sind und eintreten werden. – Das Heilserum ist jedoch weder ein sicher wirkendes, noch ein völlig unschädliches Mittel, zumal wir in der Homöopathie weit sicherere und unschädliche Mittel besitzen, die man jedem einzelnen Falle genau anpassen kann. Nur ärztliche Ratlosigkeit konnte auf jenes Mittel verfallen, das sowohl seinem Ursprünge als auch seiner Anwendungsweise nach widernatürlich ist. Auch hier verdient die uralte Warnung, daß man den Teufel nicht mit dem Beelzebub vertreiben soll, volle Beachtung. Sanitätsrat Dr. F. W. Lorinser, Krankenhausdirektor in Wien, sagt schon im Wiener Ärztlichen Zentralanzeiger 1894, Nr. 1, mit vollem Recht: »Wie sehr infolgedessen das Vertrauen der Bevölkerung zur ärztlichen Wissenschaft abnehmen müsse, liegt auf der Hand. Wir haben in letzter Zeit auf die Einimpfung verschiedener Krankheitsstoffe ohnehin sehr traurige Erfahrungen gemacht. Die Erfolge des Kochschen Tuberkulins sind bekannt, und von Pasteurs Einimpfung seines sog. Wutgiftes sind bis zum Jahre 1892 allein schon 227 Todesfälle nachgewiesen worden (Zoophilist: M. Pasteurs double hecatombe) an Personen, die wahrscheinlich alle ohne die gefährliche Einimpfung gesund geblieben wären.«
Dem umsichtigen Praktiker muß die Wahl des Mittels überlassen bleiben. Jedenfalls wird ein rationelles Verfahren bei der Wahl der Mittel den Konstitutionsverhältnissen Rechnung tragen, und verdient wohl auch die etwa bestehende skrofulöse Dyskrasie Beachtung. So erklärt sich die Wirkung von Hepar sulfuris, Mercurius usw. Bei Anämie: Ferrum muriaticum.
Die oft plötzlich hereinbrechende Herzlähmung ist eine sehr gefährliche Komplikation der Diphtherie und beruht auf einer fettigen Entartung der Herzmuskulatur mit reichlicher Zellenwucherung. In solchen Fällen pflegen Symptome von Atemnot und Herzschwäche aufzutreten, die in dem Ergriffensein der Atmungsorgane allein keine genügende Erklärung finden, zumal selbst Tracheotomierte (denen der Hals durch Einschnitt geöffnet worden ist) unter Erscheinungen von Atemnot gestorben sind. Ein derartiger unglücklicher Ausgang ist auf eine Schwäche der Herztätigkeit zurückzuführen, deren Ursache in der obenerwähnten anatomischen Veränderung des Herzens infolge der Giftwirkung der Bakterien (Toxine) zu suchen ist. – Für die Praxis ist zu bemerken, daß die Fälle, in denen die Herzschwäche unmittelbar während des Verlaufes der Diphtherie eintritt, jeder Behandlung spotten und meistens tödlich endigen. Weit günstiger für eine erfolgreiche Behandlung ist die im späteren Stadium der Rekonvaleszenz, bzw. der Lähmung, auftretende Herzschwäche, die sich durch Atemnot, Herzklopfen, Unregelmäßigkeit des Pulses kennzeichnet. Wenn deutliche Anzeichen von Herzschwäche eintreten, dann verabfolge man stündlich 1 Teelöffel voll Tokaierwein oder Vials tonischen Wein. Dieser kräftigt durch seinen Alkoholgehalt den Herzmuskel, der Puls wird auch bald wieder kräftiger, und die Pulsationen zeigen außer ihrer Beschleunigung keine Abnormitäten. Wenn man dabei noch die passenden homöopathischen Mittel verabreicht, dann ist Aussicht vorhanden, den Kranken durchzubringen. Wir empfehlen bei dieser sehr bedrohlichen Erscheinung, abgesehen von eingehender fachmännischer Untersuchung, das Mittel Phosphorus. Ebenso scheint auch Digitalis sehr passend zu sein, um die gesunkene Tätigkeit des Herzens zu heben. Das homöopathische Herzmittel » Angioton« der Firma Dr. Willmar Schwabe, Leipzig O 29, leistet auch bei der Diphtherie, wie bei allen anderen bedrohlichen Erkrankungen, wo die Herzkraft nachzulassen scheint, Hervorragendes.
Um die Kräfte des Patienten zu erhalten, was bei Diphtherie Hauptsache ist, gebe man ihm möglichst oft Abkochungen von Reis oder Hafergrütze mit gequirltem Eiweiß; Zuckerwasser, mit Eiweiß und etwas Rotwein vermischt; etwas fein geschabtes rohes Rindfleisch. Speisen und Getränke dürfen nicht in dem Krankenzimmer aufbewahrt, sondern müssen nach dem Gebrauch sofort entfernt werden, da daran sehr leicht Krankheitsstoffe haften bleiben. Den Genesenden lasse man ja nicht zu frühzeitig aus dem Bett, da durch die geringste Erkältung leicht die schlimmsten Nachkrankheiten entstehen können.
Gegen die nach Beseitigung der Krankheit nicht selten auftretenden Kollapse empfehlen wir Camphora bei Eiskälte der Glieder, Moschus und Wein bei raschem Sinken der Kräfte, des Pulses, der Temperatur usw. Arsenicum verdient die größte Berücksichtigung bei beginnendem asthenischen Fieber, Mundgestank, Speichelfluß, Schwellen der Unterkieferdrüsen, großem Durst, Sinken der Kräfte und bei Neigung zu nekrotischem Zerfall der auf der Schleimhaut gebildeten Geschwüre.
Die konsekutiven Lähmungen der Sinnesnerven, des Rückenmarks usw. tragen keinen spezifischen Charakter – vielleicht entspringen nicht wenige von ihnen der Cauterisation, wodurch das Gift nach innen und auf die Nerven geworfen wird. Sie gestatten, anders als bei Typhus, eine günstige Prognose. Besonders haben wir in Gelsemium ein ganz vorzügliches Mittel bei Lähmungen nach Diphtherie. Die richtig gewählte homöopathische Potenz wird jede Hoffnung erfüllen, die man darauf gesetzt hat. Denn das Mittel übt eine bedeutende Wirkung aus, sowohl auf das Gehirn und Rückenmark, als auch auf die vasomotorischen Nerven: Lähmungen der verschiedensten Art; besonders des Larynx und Pharynx, daher Sprech- und Schluckunfähigkeit; Erschlaffung der Sphinkteren; unwillkürlicher Stuhl- und Harnabgang. Lähmungsgefühl in Händen und Beinen, zitterige Schwäche daselbst. Herabsinken des oberen Augenlides (Ptosis). Temporäre Lähmung des Sehvermögens. Schwindel, Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Teilnahmlosigkeit. Alle diese Symptome weisen darauf hin, daß wir in Gelsemium das Mittel haben, nervösen Erscheinungen verschiedener Art, Schwäche und Lähmungen (Paresen) erfolgreich zu begegnen. – Cocculus geben wir bei Lähmungen des ganzen Rückenmarks, Nux vomica in ähnlichen Fällen. Argentum nitricum bei Lähmungen des Schlundes und der unteren Extremitäten, Anacardium bei Lähmung der Sinnesorgane und der Gliedmaßen. Außerdem sind noch in einzelnen Fällen zu berücksichtigen: Arnica, Phosphorus, Plumbum aceticum, Rhus Toxicodendron, Secale, Stannum, Sulfur, Zincum. – Die Medikamente dürfen bei Diphtherie nicht in zu kleinen und seltenen Gaben verabreicht werden; 3. und 6. Verdünnung sind die zweckmäßigsten, um den Krankheitsprozeß zu kupieren. Der Kranke muß freilich sehr geschont und gepflegt werden, um Rückfälle zu verhüten. – Da gewöhnlich in Häusern, wo die Krankheit zum Ausbruch gekommen ist, mehrere Kinder davon befallen werden, so ist es gut, die gesunden Kinder, der Luftveränderung halber, aufs Land zu schicken.