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Herzkrankheiten

Herzentzündung, Carditis (Endocarditis, Pericarditis)

Aus praktischen Gründen haben wir unter obiger Aufschrift zwei häufig vergesellschaftete Herzkrankheiten, die Endocarditis und Pericarditis, beisammen abgehandelt und bei ihrer Beschreibung absichtlich die möglichste Kürze gewahrt. – Oft sind die Symptome beider Krankheiten ganz versteckt, doch in außerordentlich akuten Fällen beobachtet man lebhaftes Fieber, einen heftigen Herzstoß im Gegensatze zu dem schwachen, kleinen, auch wohl aussetzenden Pulse. – Die Entzündung betrifft die Häute des Herzens, als innere (Endocarditis) oder äußere Herzentzündung (Pericarditis, Herzbeutelentzündung); selten ist die Entzündung der Muskelsubstanz (Myocarditis). Diese Formen sind einander sehr ähnlich, kommen entweder nebeneinander vor oder die eine ist Folge der andern. Die Endocarditis entsteht am häufigsten als reine Entzündung im Gefolge fieberhafter Entzündungskrankheiten, besonders bei jugendlichen, kräftigen Personen und vor allem bei akuten Gelenkrheumatismen; außerdem bei linksseitiger Lungenentzündung, Brustfell- und Herzbeutelentzündung, ferner bei Masern, Typhus und akutem Morbus Brighti.

Die Diagnose der Endocarditis kann nur durch die örtliche Untersuchung festgestellt werden; die subjektiven Erscheinungen sind unzuverlässig. Am häufigsten sind bedeutendes Herzklopfen und besonders nächtliche Atemnot. Beide Symptome nehmen an Heftigkeit zu, wenn die Produkte der Endocarditis eine Hyperämie in den Respirationsorganen zur Folge haben, wobei beschleunigtes Atmen, Angst und Ohnmacht sich entwickeln; in anderen Fällen treten Blutandrang nach dem Kopfe, Schlaflosigkeit, Sinnestäuschungen und Betäubung ein. In hochgradigen Fällen erscheint Ikterus. Der häufigste Ausgang der Krankheit sind Klappenfehler. Tödliche Ausgänge treten meist nur infolge der primären Krankheit (Typhus, Morbus Brighti usw.) ein.

Die Pericarditis ist eine nicht selten vorkommende Erkrankung, die am häufigsten als sekundäres Leiden auftritt, und zwar als fortgeleitete Entzündung benachbarter Organe: bei Lungen- und Brustfellentzündung, Endo- und Myocarditis, Klappenfehlern usf., bei Pyämie und als Komplikation bei fieberhaften Gelenkrheumatismen, Morbus Brighti und einigen dyskrasischen Prozessen.

Beim Gelenkrheumatismus pflegt eine Steigerung des Fiebers die Krankheit anzukündigen. Oft lenken lästiges Herzklopfen, beschleunigtes Atmen mit trockenem Hüsteln, Schwere in der Herzgegend die Aufmerksamkeit auf eine Erkrankung des Herzens. Sicherheit gewährt nur die physikalische Untersuchung: Reibegeräusche in der Herzgegend, die den Herztönen nachschleppen. Größere Ausdehnung des gedämpften Perkussionsschalles in der Herzgegend. Anfangs ist der Herzton deutlich, ja verstärkt zu beobachten, mit zunehmendem Exsudate schwindet der Herzton mehr und mehr bis zur Unvernehmbarkeit. In gutartigen Fällen geht die Krankheit nach etwa 14 Tagen in Genesung über, wobei Fieber und Brustbeklemmung nachlassen und selbst massenhafte Exsudate zur Aufsaugung gelangen.

Die alte Schule besitzt keine Mittel gegen Herzkrankheiten, und wo sie mit ihren Gewaltmitteln, wie Eis und Digitalis, eingreift, schadet sie nur dem Kranken. Prof.  Felix von Niemeyer sagt in seinem bekannten Lehrbuche: »Die meisten Kranken, welche während der Endocarditis sterben, gehen nicht an der Krankheit, sondern an der Behandlung derselben zugrunde. – Wenn jetzt viele Fälle von Endocarditis, welche früher der Diagnose entgingen, durch Plessimeter und Stethoskop erkannt werden, so werden sie deshalb leider nicht erfolgreicher behandelt, ja wenn man in dem Nachweise der Endocarditis eine Veranlassung zu eingreifendem Handeln findet, so wäre es besser für den Kranken, wenn der behandelnde Arzt nicht zu auskultieren verstände!« Das ist deutlich genug gesprochen und ein Beweis dafür, daß die viel gerühmte Ausbildung der Hilfswissenschaften, wenn man keine rationelle Krankheitsbehandlung besitzt, eher schädlich als nützlich wirkt.

Wir bedienen uns in der Homöopathie bei der Entzündung des Herzens und seiner Häute nach den obwaltenden Umständen und Symptomen folgender Arzneien:

Aconitum: Besonders zu Anfang, im entzündlichen Stadium, wenn der Puls hart, voll und geschwind ist; auch bei Gelenkrheumatismus in ¼stündlichem Wechsel mit Spigelia oder Kalmia, diese vor allem bei bereits deutlich hörbaren Geräuschen während der Systole, wo sie oft bei der Pericarditis die Ausschwitzung verhindern. Ist Delirium oder Stupor zugegen, so reichen wir Aconitum mit Belladonna im Wechsel. Ferner paßt Aconitum bei Herzklopfen mit Angst, Brustbeklemmung, stechenden Schmerzen in der Herzgegend, Schwäche in den Gliedern, Schmerzen in der linken Brustseite, langsamem Herzschlage und Disharmonie zwischen den Herz- und Pulsschlägen, indem der Puls 3mal schlägt, während man nur einen Herzschlag hört (Asynchronie). Kommt es zu reichlichen Exsudaten, dann lassen gewöhnlich sowohl Schmerzen als Fiebersturm nach. In diesem Falle greifen wir zu Bryonia, Spigelia, Digitalis oder Jodum. Die beiden ersteren passen besonders bei starkem Reibungsgeräusche, fortdauerndem Schmerze, geringer Vergrößerung der Herzdämpfung und bei beschleunigtem, nicht geschwächtem Pulse. Jodum paßt, wenn sich nach dem Gebrauche von Spigelia oder Kalmia innerhalb 24 Stunden keine bedeutende Besserung zeigt oder sich wohl gar der Zustand verschlimmert haben sollte; ist auch von entschiedenem Nutzen gegen das plastische Exsudat. Cactus grandifloras bei Andrang des Blutes nach der Lunge und Bluthusten. Digitalis bei rasch sich vergrößernder Herzdämpfung, langsamem, schwachem, aussetzendem Pulse, raschem Schwinden des Reibungsgeräusches, Kollaps. – Das passende Mittel wird in einem Trinkglas mit 6 Eßlöffeln voll Wasser verrührt und davon in heftigen Fällen alle 15 Minuten ein kleiner Schluck verabfolgt; bei eintretender Besserung wird die Arznei seltener gereicht.

Auch im Verlaufe der Endocarditis werden wir von den obenerwähnten Arzneien Gebrauch machen. Indem wir die Wirkung einiger von ihnen im nachfolgenden näher präzisieren, wollen wir auch noch auf einige andere Mittel bei dem oft sehr komplizierten Krankheitsprozesse und seinen Ausgängen aufmerksam machen. Diese sind zumeist Stenosen und Klappenfehler.

Besonders häufig sind die Stenosen, d. h. Verengerungen der Ostien, und die Klappeninsuffizienz oder die Unfähigkeit der Klappe, einen vollständigen Verschluß des betreffenden Ostiums zu bilden. Da wir jedoch Veränderungen an den Klappen und Ostien selten zu verbessern vermögen, so muß unser Verfahren hauptsächlich darauf gerichtet sein, die hervorragendsten Erscheinungen zu mäßigen. Dasselbe gilt von der Hypertrophie des Herzens und Dilatation oder Erweiterung der Herzhöhlen.

Aconitum: Es ist dies eins unserer vorzüglichsten Mittel bei Entzündungszuständen des Herzens und der großen Gefäßstämme, bei Endo- und Pericarditis, mag das Fieber erheblich sein oder nicht. Besonders bei rheumatischer Entzündung und in den nicht komplizierten, von Erkältung herrührenden Fällen. Es tritt nach Anwendung dieses Mittels bald reichlicher Schweiß ein mit Nachlaß der heftigen Herzkontraktionen und vorhandenen Fiebererscheinungen. Man versäume jedoch niemals die Vornahme der physikalischen Untersuchung, damit bei etwa eintretenden Reibungsgeräuschen, Schmerzen in der Herzgegend und Ausbreitung der örtlichen Erscheinungen, rechtzeitig zu einem anderen Mittel gegriffen werden kann. Solange noch kein flüssiges Exsudat im Herzbeutel vorhanden ist, ist der Herzstoß noch deutlich wahrnehmbar; dieser schwindet mit zunehmendem Exsudate mehr und mehr.

Arsenicum: Entzündung des Herzens, besonders auch bei einigen dyskrasischen Prozessen. Insuffizienz der Mitralis und Dilatation des rechten Herzens, mit großem Angstgefühl, tumultuarischem, schmerzhaftem Herzschlage, bedeutender Schweratmigkeit und besonders nächtlichen Erstickungsanfällen. Beim Vorhandensein reichlicher Exsudate.

Baryum carbonicum und Baryum muriaticum: Bei heftigem, anhaltendem Herzklopfen, besonders bei Liegen auf der linken Seite. Bei Baryum muriaticum langsamer, anfangs beschleunigter Herzschlag, ähnlich Digitalis. Bei alten Leuten infolge sklerotischer Entartung der Arterien. Puls schnell, weich, unregelmäßig. Vgl. Baryum carbonicum (Seite 68).

Belladonna: Unregelmäßige Kontraktionen des Herzens mit aussetzendem Pulse. Verstärkte Pulsation der größeren Arterien und Blutüberfüllung des Lungengewebes. Ist bei Insuffizienz der Aortenklappen neben Aurum und Kalium jodatum zu empfehlen.

Cactus grandiflorus: Sowohl bei Endo- wie auch bei Pericarditis mit dem Gefühl, als läge ein Reif um das Herz; auch bei ödematöser Geschwulst der Beine. Ein sehr zuverlässiges Mittel zur Regulierung der Herztätigkeit bei schwachem, unregelmäßigem, intermittierendem Herz- und Pulsschlag, und wenn infolge von Kongestionen zur Lunge Atembeengung und Lungenblutungen eintreten.

Convallaria majalis: Endocarditis und Pericarditis, Herzflattern, das einige Minuten lang anhält, das Gesicht rötet sich, mit einem Gefühl als ob das Herz aufhören würde zu schlagen, voller, aussetzender Puls, ödematöse Anschwellung der Fußknöchel.

Digitalis: Pericarditis mit Herzklopfen, geringem Fieber und kleinem, kaum fühlbarem Puls. Kongestionen nach der Lunge und Bronchialkatarrh mit reichlichem Schleimauswurf. Gefühl von Druck unter dem Brustbeine, bis nach der linken Schulter sich erstreckend. Vergrößerung des linken Herzventrikels infolge von Klappenfehlern. Entspricht, ähnlich wie Veratrum album und Arsenicum, der heftigen Dyspnoe mit cyanotischen Erscheinungen. – Bei schwachen, unregelmäßig verlängert und schmerzhaft erscheinenden Herzschlägen, mit schwachem und weichem Pulse, ist Kalmia latifolia angezeigt.

Ferrum: Bei Insuffizienz der Mitralis anämischer Patienten und bei Bluthusten, auch bei Wassersucht, der steten Begleiterin der Mitralklappeninsuffizienz. Verengerung der Aortenmündung.

Kalium carbonicum: Herzklopfen mit Beängstigung und Schweratmigkeit, ohne Kongestivzustände der Lungen. Verengerung der Aortenmündungen bei Kreislaufstörungen im rechten Ventrikel. Aussetzende Herzschläge und langsamer Puls.

Phosphorus: Besonders bei Endocarditis (nie bei Pericarditis) und bei Komplikationen dieser mit Krankheiten, die direkt auf eine Blutveränderung schließen lassen, z. B. die bösartigen exanthematischen Krankheiten, Skorbut, Typhus. Nach Kafka bei Insuffizienz der Mitralklappe im Falle bedeutender Fluctionserscheinungen zur Lunge. Reguliert die Herztätigkeit und wirkt sowohl den Blutstauungen, als auch dem drohenden Lungenödem entgegen.

Spigelia: Sehr stürmischer Herzschlag; äußerlich fühlbare und auch sichtbare Herzpulsation mit Zusammenschnürungs- oder ängstlichem Beengungsgefühl in der Brust, Stiche in der Herzgegend; auch zitternde oder wellenartige Herzbewegungen und schnurrende Geräusche, mit ungeregeltem, nicht mit dem Herzschlage korrespondierendem Pulse. Sehr wichtig bei beginnender Endo- und Pericarditis.

Strophantus: Hat einen bedeutenden Einfluß auf die Herztätigkeit. Große Herzschwäche, blasende Geräusche an der Herzspitze, unregelmäßiger Pulsschlag, bedeutende Atemnot, geringer Harnabgang, Ödem der Füße. Das Mittel beseitigt den Zustand meist schnell, indem es die Herztätigkeit kräftigt, den Pulsschlag regelt und den arteriellen Blutdruck erhöht. – Tiefe Potenzen werden vorgezogen.

Veratrum viride (grüne Nieswurz): Hauptmittel, wenn sich mit einem akuten Gelenkrheumatismus Herzaffektionen (Peri- oder Myocarditis) vergesellschaften. Steter dumpfer, brennender oder stechender Schmerz in der Herzgegend, unter dem Brustbein. Herzklopfen, auch Flattern des Herzens bei der geringsten Anstrengung mit Luftmangel; ängstliche Brustbeklemmung, mitunter Blutauswurf. – Wir verabfolgen diese Arznei in mittleren Potenzen in ½stündlicher Wiederholung.

Die chronische Pericarditis kommt hauptsächlich bei dyskrasischen Prozessen vor und hat meist dieselben Symptome, wie die akute, nur daß der Verlauf langsam und nicht so heftig ist und durch Erkältung oder andere Ursachen leicht ein neuer Anfall hervorgerufen wird. Man gebe den Umständen nach: Aurum, Calcium carbonicum, Lycopodium, Phosphorus, Silicea, Sulfur.

Schließlich wollen wir noch die von Klappenfehlern des Herzens bedingten pathologischen Erscheinungen erörtern. Verhältnismäßig selten kommen die Insuffizienz oder der mangelhafte Verschluß der Valvula tricuspidalis, die Stenosen usw. vor. Weit häufiger ist die Insuffizienz der Valvula mitralis (zweispitzige Vorhofs-Herzkammerklappe). Diese ist entweder angeboren oder erscheint infolge der Endocarditis, des akuten Gelenkrheumatismus, des Scharlachs u. a. Da infolge des mangelhaften Verschlusses der Mitralis bei jeder Zusammenziehung (Systole) der linken Herzkammer ein Teil des Blutinhaltes statt in die Aorta in die linke Vorkammer zurücktritt, so kann sich diese niemals ihres Inhaltes vollständig entleeren, und da diese Abteilung des Herzens ihr Blut aus den Lungenkapillaren erhält, so werden auch diese infolge der Stauung im Vorhofe mit Blut überfüllt. Um nun diesen vermehrten Blutgehalt innerhalb des Lungengefäßbezirkes in Zirkulation zu erhalten, eine vollständige Stockung (Stase) zu verhindern, tritt das rechte Herz in gesteigerte Aktion, was eine Vergrößerung des Querdurchmessers des Herzens (Herzhypertrophie) bedingt.

Die Folgeerscheinungen dieses Zustandes sind bedeutende Kurzatmigkeit (Dyspnoe), die sich bei jeder Veranlassung, aber auch oft ohne eine solche, bis zur Atemnot steigert, da die mit Blut überfüllten Lungenkapillargefäße Kompression der Lungenalveolen bewirken, wodurch diese einen Teil ihres Luftgehaltes einbüßen. Herzklopfen und Kurzatmigkeit sind die hervorragendsten Erscheinungen über die sich derartige Patienten beklagen. Später gesellen sich, besonders bei älteren Patienten, noch hinzu wassersüchtige Anschwellung der Beine und Eiweißharnen, Symptome von sehr übler Bedeutung. Allgemeine Wassersucht, Herz- und Lungenlähmung machen dem qualvollen Leiden, wenn auch gewöhnlich erst nach vielen Jahren, ein Ende.

Wie schon oben erwähnt, werden zur Milderung der Erscheinungen hauptsächlich erforderlich sein: Arsenicum, Lachesis, Phosphorus, auch Kalium carbonicum; in einem Falle bewährte sich Rhus Toxicodendron ganz vorzüglich und beseitigte den von verschiedenen Ärzten für unheilbar gehaltenen Herzklappenfehler bei einem Kranken, der sich das Leiden durch heftige Erkältung in der Nässe zugezogen hatte.

Alle an Herzkrankheiten Leidende müssen Aufregungen jeder Art vermeiden, auf alle erhitzenden und anstrengenden Beschäftigungen und auf solche Lebensgenüsse, die das Gefäßsystem erregen, verzichten. Die Kost der Kranken sei nahrhaft, aber mild und verdaulich; die Wohnung trocken und sonnig, das Klima gemäßigt, die Luft rein. Nur bei gutem Wetter sind Spaziergänge zu gestatten. Je gleichförmiger und strenger ein solches Verhalten beobachtet wird, desto mehr werden neue Anfälle in Schranken gehalten.

Das nervöse Herzklopfen ist eine nicht seltene Erscheinung bei zart konstituierten, blutarmen Individuen mit leicht erregbarem Nervensystem. Es tritt infolge jeder körperlichen oder geistigen Erregung auf und ist von keinem organischen Fehler des Herzens abhängig. Bei Blutarmut kommt oft ein hauchendes oder blasendes Geräusch im Herzen und in den Arterien vor, was aber nicht als ein Symptom einer Herzkrankheit betrachtet werden darf.

Als die häufigsten Ursachen gelten: Chlorose, Hysterie, Gebrauch aufregender Getränke; anderseits Plethora und Blutwallungen zum Herzen, besonders in der Entwicklungsperiode und im höheren Alter.

Bei Herzklopfen von Gemütsbewegungen: Aconitum. – Von Ärger: Chamomilla. – Von Furcht: Veratrum album. – Von Freude: Coffea. – Herzklopfen von Vollblütigkeit und Blutwallungen: Aconitum, Belladonna oder auch Nux vomica. – Bei nervöser Schwäche: Ignatia. – Bei Bleichsüchtigen, besonders bei nächtlichem oder beim Liegen auf der linken Seite sich verschlimmerndem Herzklopfen: Pulsatilla. – Bei hochgradiger Bleichsucht mit Kongestivzuständen und leichter Erregtheit: Ferrum. – Bei Herzklopfen von großer Schwäche und Hinfälligkeit, auch nach Säfteverlust: China. – Bei Herzklopfen mit Blutandrang nach den Lungen, Druck auf der Brust und Erstickungsgefühl: Phosphorus. – Bei nächtlichem Herzklopfen blutarmer Personen, mit Todesangst, Kälte der Gliedmaßen, kaltem Schweiße, Erstickungsgefühl und hochgradigem Luftmangel, großer Schwäche und Ohnmacht: Arsenicum. In ähnlichen Fällen Veratrum album, nur daß hier Besserung im Liegen und in der Ruhe eintritt, bei Arsenicum aber Besserung im Aufsitzen oder Umhergehen. – Bei Herzklopfen mit Ohnmachtsanwandlung und Schlaf, besonders nach vorhergegangener Anstrengung: Nux moschata. – Ferner sind noch zu berücksichtigen:

Aurum: Ein vorzügliches Mittel bei langwierigen Herzleiden; Herzklopfen in verschiedenen Anfällen infolge von Kongestionen, oft bei Arteriosklerose, mit Angst und Brustbeklemmung.

Cactus grandiflorus: Vorzügliches Mittel bei Herzklopfen, auch bei der geringsten Erregung oder Anstrengung, lebhafte Schmerzen in der Praecordialgegend, »als ob das Herz mit einem Reif umspannt wäre«. Bei leichtem Reibegeräusch, andeutend, daß das Pericardium mit ergriffen ist. Sehr heftige Pulsation in der Magengegend. Bei allen nervösen Herzaffektionen, wie z. B. Reflex-Herzklopfen, und bei dem aus geringstem Anlaß erfolgenden Rasen des Herzens. Tabaksherz. Auch bei abnorm langsamem Herzschlag.

Natrium muriaticum: Bei Herzklopfen, besonders abends nach dem Zubettgehen; bei Magenleiden mit gleichzeitigem Vorhandensein von Herzleiden (Flattern und Aussetzen des Herzschlages). Bei regelmäßigem, doch heftigem Herzschlagen: Calcium carbonicum.

Spigetia: Ein Hauptmittel bei Leuten, die viel an Herzklopfen leiden; bei Herzneurosen von Erkältung oder einer psychischen Einwirkung auf die Rückenmarksnerven; doppelter Herzimpuls während des Anfalles mit unbeschreiblicher Todesangst. Auch Lachesis besitzt die Eigenschaft, jene Rückenmarksnerven, die die Herztätigkeit unterhalten, zu regulieren.

Sulfur: Herzklopfen mit Dröhnen bis in den Kopf und Vollheitsgefühl in der Brust, wenn Belladonna nicht ausreichen sollte.

Veratrum album: Bei Atemversetzungen und Angst, besser im Liegen, schlimmer bei Aufstehen und bei Bewegung.

Phosphorus: Herzklopfen, besonders im Sitzen mit Kurzatmigkeit. Es ist oft das einzige Mittel, das einer drohenden Lähmung der Herztätigkeit kräftig vorbeugen kann.

Bei Schwierigkeiten in der Mittelwahl empfiehlt es sich, das auf homöopathischer Grundlage aufgebaute Herzmittel » Angioton« von Dr. Willmar Schwabe, Leipzig O 29, anzuwenden, das sich bei organischen und funktionellen Herzbeschwerden gleich gut bewährt hat.

Die Herzbeutelwassersucht (Hydropericardium) beruht auf einer krankhaften Ansammlung von Flüssigkeit innerhalb der Herzbeutelhöhle. Die Anfangserscheinungen dieser Krankheit werden meist übersehen; erst wenn eine bedeutende Ansammlung von Flüssigkeit im Herzbeutel vorhanden ist, treten die qualvollen Erscheinungen hochgradiger Dyspnöe ein, die den Kranken nicht schlafen lassen und ihn zwingen, mit vorwärtsgebeugtem Oberkörper Tag und Nacht aufrecht sitzend zuzubringen. – Wenn die Grundursachen, venöse Blutstauung, Nieren- oder Infektionskrankheiten unheilbar sind, ist an Genesung nicht zu denken. Die Kranken verfallen unter den Erscheinungen allgemeiner Wassersucht in Sopor und sterben. – Im Beginne der Krankheit vermögen wir nicht selten durch Apis, Apocynum, Arsenicum, Phosphorus oder Veratrum album Besserung zu erzielen. Auch werden wir mitunter einzelne exzessive Erscheinungen bei schon vorgeschrittener Krankheit mit Ipecacuanha, Lobella, Scilla, Tartarus emeticus oder auch mit Chininum arsenicosum abzuschwächen vermögen. In einem Falle von Herzbeutelwassersucht mit schmerzhaftem Herzklopfen, Stechen im Herzen und Beängstigung in der Brust hat sich Agaricus muscarius vortrefflich bewährt. In einem anderen Falle klagte der jugendliche Patient über heftiges Hautjucken, so daß er auch während der Nacht frottiert werden wollte. Derartige Nebensymptome geben uns oft einen sehr beachtenswerten Fingerzeig. Wir verabfolgten 6 Tropfen Schwefelspiritus auf 6 Eßlöffel voll Wasser und ließen davon stündlich 1 Teelöffel voll nehmen, und siehe da, es schwanden bald die lästigen Beschwerden, und der Patient besserte sich unter reichlichen Schweißen und Harnentleerungen.

Herzverfettung ( Fettherz). Das Herz ist entweder in eine Fettmasse eingehüllt oder mit Fett durchwachsen. Hierdurch entsteht eine immer mehr zunehmende Schwäche der Herztätigkeit. Die Krankheit kommt gewöhnlich im vorgerückten Alter vor, hat chronischen Verlauf und endet im höheren Grade tödlich, oft plötzlich durch Ruptur oder Herzparalyse. Geringere Grade der Verfettung sind rückbildungsfähig. Die Kranken, die oft blühend und wohlgenährt aussehen, klagen über große Ermüdung bei geringer Bewegung, über Kurzatmigkeit, Herzklopfen, oft auch über Ziehen und Taubheit in der linken Schulter, so daß sie am liebsten sitzen oder liegen, weshalb man sie oft der Trägheit beschuldigt. Bei der Untersuchung findet man eine größere oder geringere Dämpfung in der Herzgegend; stets ist der Herzstoß schwach, der Puls weich, oft auch klein. Nach Altschul empfiehlt sich hier zunächst Arnica in tiefen Verdünnungen 1. Bis 2., 10 Tropfen auf ½ Glas Wasser. Von dieser Mischung alle 2 bis 3 Stunden 1 Eßlöffel voll, mehrere Wochen hindurch. Dabei leicht verdauliche, magere, rein vegetabilische Kost; etwas stark mit Wasser vermischter Wein ist auch zu gestatten, nie aber Kaffee oder gar Bier. Viel Morgenspaziergänge in frischer Luft. Später besonders Crataegus Θ, von diesem bei den verschiedenen Herzleiden vorzüglichen Mittel 3mal täglich 5 Tropfen; Phosphorus, Calcium carbonicum, Capsicum. Doch ist Phosphorus, der auch mit China im Wechsel verabfolgt werden kann, das Hauptmittel. Aus vielfachen Vergiftungen und sorgsamen mikroskopischen Untersuchungen ist bekannt, daß Phosphorus eine fettige Entartung des Herzmuskels schnell erzeugt; deshalb ist Phosphorus für uns ein großes Heilmittel bei der nicht selten vorkommenden fettigen Entartung und Zerstörung der Muskelfasern des Herzens; in der einfachen Verfettung des Herzens dagegen, in der um das Herz herum und zwischen den Fasern des Herzmuskels übermäßig viel Fett eingelagert liegt, ohne Zerstörung der Muskelfibrillen, paßt nach Kafka vielmehr Aurum muriaticum, besonders wenn das Gemüt unter dem Einfluß der Herzanomalie sehr leidet. Bähr empfiehlt auch Cuprum und Plumbum in Fällen, wo fettige Entartung des Herzens für sich vorhanden ist, ersteres bei großer Muskelschwäche; Puls oft ganz unfühlbar, Atembeengung, Neigung zu Ohnmächten, letzteres bei Herzklopfen mit größter Atemnot, Herzlähmung, Ohnmachten bei jeder Anstrengung.


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