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Lungenblutsturz. Pneumorrhagia

Wir unterscheiden drei Arten von Blutungen der Luftwege:

Blutergüsse aus der Bronchialschleimhaut, die entweder, gering an Menge, unter der bekannten, häufigen Form des Bluthustens auftreten, oder solche, die sehr reichlich sind und in diesem Falle Blutsturz (Pneumorrhagia) genannt werden.

Blutaustritt in die Lungenzellen, in das interstitielle Lungengewebe und die feineren Bronchien, ohne Zertrümmerung des Lungengewebes, d. i. der hämoptoische Infarkt.

Bluterguß aus dem Risse einer größeren Arterie, nicht aus Kapillaren, mit Zertrümmerung des Lungengewebes. Das Blut ergießt sich bisweilen in den Pleurasack. Es erfolgt entweder Auswurf großer Blutmassen, oder es kommt nicht dazu. Der Tod tritt ein durch Erstickung infolge Überfüllung der Bronchien mit Blut.

Am häufigsten erscheinen Blutergüsse aus den Kapillargefäßen, deren Wände eine Ernährungsstörung erlitten haben. Sie sind oft Vorläufer der floriden Lungenschwindsucht und treten, besonders häufig bei jüngeren Personen, ganz unerwartet ein. Meist geschieht die Entleerung des Blutes stoßweise und dauert einige Tage. Eine augenblickliche Gefahr ist trotz großer Schwäche und Gesichtsblässe in den Anfällen selten vorhanden. Wo ein phthisischer Prozeß zugrunde liegt, bezeichnet ein jeder neue Anfall eine fortschreitende Entwicklung der Lungenschwindsucht. Lungenblutungen infolge von mechanischen oder traumatischen Ursachen, Anstrengungen, Verletzungen usw. lassen in der Mehrzahl der Fälle eine günstige Prognose zu.

Von Magenblutungen unterscheidet sich die Lungenblutung dadurch, daß bei dieser Brusterscheinungen und Husten vorhanden sind. Der Bluterguß erfolgt leicht und ohne Ohnmächten. Das entleerte Blut ist schaumig und hellrot. – Beim Magenblutsturz wird das Blut unter ohnmachtähnlichem Zustande des Kranken durch Erbrechen entleert, ist dunkelrot, nicht schaumig, mit Speiseresten vermischt; es gehen den Blutungen Magenbeschwerden voraus. Die Stuhlgänge nach Magenblutungen sind fast ausnahmslos teerartig, was nach Lungenblutungen nicht der Fall ist. – Von homöopathischen Mitteln, die wir, nach der Heftigkeit des Anfalles, in ¼- bis ½stündlicher Wiederholung oder seltener verabfolgen, haben sich besonders bewährt:

Aconitum: Ein sehr schätzbares Mittel bei heftigen Fieberregungen, vermehrter Herztätigkeit, Unruhe und beschleunigtem, vollem Pulse; Blutüberfüllung des Lungengewebes, drückende Schmerzen beim Atmen, Seitenstechen. – China: Bei sehr schwächlichen, erschöpften und blutarmen Personen. – Millefolium: Oft sehr hilfreich im Wechsel mit China, bei Auswurf warmen, hellroten Blutes. – Arnica: Hauptmittel, wenn Verletzungen Ursache der Blutungen sind oder jede Körperanstrengung diese hervorruft; bei Blutandrang nach der Lunge und heftigem Herzklopfen. – Acidum sulfuricum: Besonders bei jungen, schwächlichen, leicht erregbaren Personen mit feiner, abgegrenzter Wangenröte und hektischer Anlage, bei denen die Brüchigkeit der Kapillaren so groß ist, daß jede Gemüts- oder Körperregung Bluthusten hervorruft. – Phosphorus: Bei chronischem Kehlkopf- und Luftröhrenkatarrh; bei jeder Erkältung Gefühl von Hitze, Schwere und Spannung in der Brust; Kurzatmigkeit und häufiger Blutauswurf, bis zum Blutsturze sich steigernd, mit Herzklopfen und außerordentlicher Schwäche. – Ipecacuanha: Bluthusten mit Schleimrasseln auf der Brust und Krampfhusten bei jeder Anstrengung. – Arsenicum: Große Hinfälligkeit mit trockener, brennender Hitze, Unruhe und Herzklopfen. – Pulsatilla: Bei Auswurf schwarzen, geronnenen Blutes; ähnlich Cocculus. – Nux vomica: Hauptmittel bei Hämorrhoidariern und Liebhabern geistiger Getränke. – Cactus grandiflorus: Ein vorzügliches Mittel bei Lungenblutungen mit nächtlichem Krampfhusten, Seitenstechen und nervösem Herzklopfen; Gefühl von Zusammenschnüren im oberen Teile der Brust. – Außerdem verdienen noch Berücksichtigung: Acidum nitricum, Belladonna, Carbo vegetabilis, Crocus, Dulcamara, Hyoscyamus, und in verzweifelten Fällen: Secale cornutum (Ergotin), Trillium pendulum. Nicht selten hat sich in derartigen Fällen auch Echinacea gut bewährt.

Ist der Anfall beseitigt, so muß sich der Patient noch lange Zeit schonen und vor jeder Anstrengung oder Ausschweifung hüten. Man sorge für reine Stubenluft und kräftige, leicht verdauliche Kost und entferne alle das Leiden hervorrufenden oder begünstigenden Schädlichkeiten.


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