Sagen aus Franken
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Der Turm des Rathauses von Rotenburg

Als das Rathaus zu Rothenburg mit seinem hohen, schlanken Turme fertig gebaut war, fand sich auch bald ein Paar Störche ein, das sich auf der Spitze des Turmes ein Nest errichtete; denn von dieser Höhe aus ließ es sich leicht in die weite Luft hinausschwingen. Sooft nun der eine der beiden Turmwächter auf den Steinkranz des Turmes stieg, um nach Feinden und Gefahren auszuspähen, hatte er seine Freude an den Tieren. Der andere Wächter hatte ein rohes, zänkisches Weib, das mit ihrem Mann zu oberst auf dem Turme wohnte. Die Frau ärgerte sich über die Unreinlichkeit der Tiere, und als sie erst Junge ausgebrütet hatten, die zuweilen eine halbe Schlange oder Kröte auf den Turmkranz fallen ließen, da verlangte sie von ihrem Mann mit keifenden Worten, er möge die jungen Tiere aus dem Nest stoßen, was dieser auch tat.

Aber es dauerte nicht lang, so kam der alte Storch mit einem Feuerbrand im Schnabel geflogen, den er in sein Nest warf. Das Feuer griff vom Nest auf den Turm über, und das dürre Holzwerk geriet schnell in Flammen. Der böse Wächter vermochte nicht zu entrinnen und verbrannte samt seinem Weibe; der gute hingegen stieg auf eines der alten Steinbilder hinaus, die man heute noch sieht, und rettete mit Mühe sein Leben. Das Innere des Turmes brannte gänzlich aus, doch blieben die festgefügten Mauern stehen bis auf den Steinkranz, an dessen Stelle später ein eiserner kam.

 


 


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