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Die Nürnberger wollten einen schönen grossen Brunnen haben, wie er in Italien auf den Platzen stand. Mit Wasserspeiern, mit Nixen, Pferden und Götterbildern!
Das Geld wurde zusammengebracht und der Brunnen bei einem grossen Künstler in Auftrag gegeben. Es dauerte auch gar nicht lange, da war das Kunstwerk fertig. Der Meer- und Wassergott Neptun stand mit seinem Dreizack mitten unter seinen dienstbaren Geistern. Da sah man riesige Rosse mit breiten Flossen statt Hufen und dazwischen wunderschöne nackte Wassernixen. Als die Ratsherrn den Brunnen in der Werkstatt des Künstlers besichtigten, gefiel er ihnen über die Massen. Das ganze Kunstwerk sollte von Springbrunnen übersprüht sein, und besonders sollten aus den Mäulern der Rosse breite Wasserstrahlen herausschießen.
Als aber der Brunnen auf dem Marktplatz gestellt war, an die Stelle eines kleinen Brünnleins das früher dort gewesen war, da zeigte sich, dass das Wasser des Brünnleins für solche Wasserkünste nicht reichte. Die Springbrunnen wollten nicht springen, und statt der breiten Wasserstrahlen aus den Mäulern der Rosse sah man dort nur ständig Tropfen stehen und herabfallen, so dass es aussah, als hätten die armen Tiere einen jämmerlichen Schnupfen. Ganz Nürnberg hat darüber gelacht. Und das Gelächter wurde so laut, dass der Rat nach einigen Tagen den Brunnen wieder wegbringen ließ.
So erzählt uns die Sage. Die Wirklichkeit war anders. Das Morden, Brennen, Sengen, verwüsten und plündern des 30 jährigen Krieges war zu Ende. Die Glocken läuteten Frieden. In den Jahren 1649 und 50 kam man endlich zusammen, um die Friedensverhandlungen, die man in Münster und Osnabrück begonnen, in unserer Heimatstadt abzuschließen. Deutschland atmete auf, endlich war man so weit. Wahrhaftig ein Grund, das Friedensfest auch gebührend zu feiern. Der schwedische Gesandte gab ein prächtiges Festmahl im Rathaussaal, während der kaiserliche Beauftragte General Ottavio Piccolomini, den uns Schiller in seinem »Wallenstein« so lebensnah gestaltet hat, ein Fest mit Tanz und Feuerwerk auf dem Schießplatz von St. Johannas veranstaltete. Piccolomini war es, welcher dem Rat der Stadt den Vorschlag machte, die Erinnerung an den Friedensschluß durch ein prächtiges Denkmal für alle Zeiten festzuhalten. Nürnberger Künstler, der Bildhauer Georg Schweigger, der Goldschmied Christoph Ritter und drei andere schlugen dem Rat vor, einen mächtigen Brunnen im Stil der damaligen Zeit auf dem Marktplatz zu errichten. Dem Schönen Brunnen drohte Gefahr. Die schlanken Pfeiler, die Spitzbogen mit den Verzierungen waren dermaßen verwittert, dass der Rat der Stadt sich mit den' Gedanken trug, ihn abzubrechen. Auch fürchtete man, ob für 2 Brunnen genügend Wasser zugeleitet werden könnte. Die Künstler gingen frisch ans Werk, bald waren die Brunnenfiguren und die Steine für den neuen Brunnen fertig im Städtischen Bauhof der Peunt.
In Deutschland lagen aber damals Handel und Wandel darnieder. Nicht mehr wie früher brachten die hochbepackten Kaufmannswagen der Patrizier Nürnberger Tand in ferne Länder. Nürnberg verarmte zusehends Es fehlte sogar an Geld, den alten Schönen Brunnen auszubessern und den neuen »Peuntbrunnen«, wie er im Volksmund bald hieß, aufzustellen. Fremde Höfe wollten gar zu gern die Not der arm gewordenen Stadt ausnützen und wirklich, die Not war so groß geworden, dass der russische Zar Paul I.1797 das Kunstwerk gegen die damals bedeutende Summe von 66000 Gulden erhielt. Wohlverpackt wanderten die Bronzefiguren Neptuns und seines ganzen Hofstaates nach Rußland, wo sie im Park des kaiserlichen Schlosses Peterhof aufgestellt wurden.
Um die Wende des letzten Jahrhunderts aber schenkte ein Bürger unserer Stadt, der Geheime Kommerzienrat Ludwig Gerngross, Nürnberg, eine Nachbildung des verkauften Brunnens. 1902 sprangen zum ersten Mal die Fontänen, ein schönes Bild inmitten der buntfarbigen Blumenstände und keineswegs den Schönen Brunnen beeinträchtigend. Und dennoch trugen in sinnloser Verblendung die Nazi später den Brunnen ab und stellten ihn auf dem Marienplatz und dann im Stadtpark auf.