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Ein Dieb stieg einst in die Neumünsterkirche zu Würzburg ein. Er hatte bemerkt, daß ein Christusbildnis in der Kirche mit einer kostbaren goldenen Kette geziert war, die ein frommer Gläubiger zur Erfüllung eines Gelübdes gestiftet hatte. In ernster Ruhe verharrte der Gekreuzigte, die Arme fest an den Kreuzesstamm geheftet.
Strafend schienen die Augen der heiligen Gestalt den Kirchenräuber anzuschauen; aber der Dieb ließ sich nicht schrecken. Er nahte dem hölzernen Bild und streckte gierig die Hand nach der Goldkette aus. Da ließ das Bild seine Arme vom Kreuzesstamm los und umklammerte den Dieb. Dieser war aufs höchste erschrocken. Er ächzte und winselte wie ein Fuchs im Eisen; aber niemand hörte ihn; denn das Kruzifix stand in der unterirdischen Krypta der Neumünsterkirche. Doch als dem Dieb die Umklammerung schier unerträglich wurde, stieß er gellende Hilferufe aus. Endlich hörten die Leute sein Geschrei. Man nahm den Verbrecher fest, band ihn und brachte ihn in sicheren Gewahrsam.
Noch ein zweites Wunder geschah: die Arme des Gekreuzigten blieben in der gleichen Lage, auch als sie den Dieb losgelassen hatten, wie bei der Umfassung ausgestreckt, und so wird das Bild bis in unsere Zeit gezeigt und angestaunt.