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Gesang der Langsamen

Unter den Schnellen, Allesbewegenden,
Was zwingt uns zu zögern?
Wo Hände der Sichern langen
Fliehendes Gut,
Was bindet unsern Griff?
Und was denn macht uns noch segnen,
Die uns in Haft hat, die Schwere?

Jede Nacht in die Erde greifen
Große Wurzeln aus unserm Schlaf.
Was blind in uns träumte am Tag,
Senkt den Blick ins Antlitz der Heimat.
Wohl, wir ruhn im verläßlichen Schoß,
Gestillt über allen Durst,
Über alle Liebe umfangen.

Im Erwachen o Abschied! Wie
Ziehts uns mühsam aus solchem Arm,
Der wund läßt, wo er sich löst!
Nimmer wollen wir tilgen
Aus den Augen mit heilem Licht
Der Mutter dunkle Spur
Und den beugenden Dank.

Lobe, mein Fuß,
Den Grund, den du berührst!
Schritt um Schritt begegnest du ihm –
Wie solltest du eilen?
Gönne doch, Herr, uns Liebebeladenen
Langsamen Gang
Auf deiner Erde!

Unsrer harten Geschwister
Blankes Gesicht,
Sausende Stimme,
Entbundenen Lauf,
Ihrer raschen Taten schneidenden Zauber
Sehen wir wechseln
Über dem schweigsamen Boden.

Daß auch in ihr Reich
Durch unsre Glieder aufsteige
Der Tiefe nährender Hauch,
Daß Wurzel nicht schwinde,
Daß Sühne nicht fehle,
Wolle doch, Herr, in jagender Zeit
Uns Unbeholfene dulden!


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