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Ufer des Schweigens


Rauschend lockte das Nichts mich fort,
Da geschah mir tönendes Halt:
Wuchs am Ufer des Schweigens das Wort,
Stand am Ufer der Nacht die Gestalt.

 

Einschaltung des W'adar

Wir maßen die Länge der vier Gezeiten
Mit ausgespanntem Winkel,
Und in das zwölffach geteilte Maß
Ordneten wir das Jahr.

In zwölf Gefäßen fingen wir Regen und Winde,
Häuften wir die Blüten und die Fluten.
Und eines quoll uns Obst, und eines
Ließ rinnen Korn durch die schöpfende Hand.

Wir ernteten ein unser Frieren
Und unsern Mangel. Und das Seufzen
Der Verlassenen und das Sterben der Felder
Verwahrten wir in Namen.

Nur um ein Winziges zu kurz
War die Spanne des Winkels,
Um ein Geringes zu klein
Der zwölfmal zur Höhe offene Raum.

Und ein Tropfe Zeit blieb schwer
Mond für Mond in den Himmeln,
Der nicht mehr einging in unsre Fässer,
Jahr für Jahr eine junge Wolke.

Nun ward die Höhe voll Schwärze
Vom Gewölke des Fluthauchs,
Der über unser Maß ist,
Und schwanger mit dem Übrigen der Jahre.

Die Stunden, die nicht gezählt sind,
Sind Wochen geworden,
Wie Kinder aufwachsen,
Und gehen groß um unser Jahr.

Die Flut hängt vom Himmel.
Sie wird unsre mühsamen Saaten
Sprengen im Prall aus den Äckern
Und verschwemmen in Strömen.

Die wachsenden Geister,
Die auf unsre Namen nicht hören,
Verstellen uns die Gefäße,
Rücken an unsern Grenzmarken.

Die Schande unsers Jahrs wird bloß.
Die Monde gehn irre.
Überm Kahlen hungert der Name des Frühlings,
Eine verfrühte Schwalbe.

Verschweigt den Namen des Frühlings,
Solange die Felder noch hart sind,
Verhaltet die Namen der Monde,
Bis der Grund eben ist für ihren Reigen!

Stellt auf, stellt auf ein Gefäß
Für das Übrige der Jahre!
Das aus den Himmeln lastet,
Es komme in Frieden herab!

Zu den Namen fügt einen Namen,
Der nicht sich eigen ist
Und mehr nicht weiß
Als ein »Und« zum Kommenden!

Soviel unsrer Jahre Weite zu eng
Und zu knapp ist die Spanne des Winkels,
Messe das neue Faß,
Gesetzt in das Leere zwischen den Fässern.

O einen Mond lang Schweigen,
Denn überviel ward das Unnennbare!
Kein Maß noch Gewicht,
Bis der Hohn genommen ist von den Gewichten!

Gelobt habe ich und gehadert,
Namen verteilt und gerichtet.
Nun schattet auf mich, was überblieb
Außer dem Gerichte.

Nun ficht mit Schatten mein Hader,
Mein Lob trifft auf Träume,
Meine Namen wirft ab die Welt. –
Einen Mond lang Schweigen!

Stellt auf das reine Schweigen,
Öffnet das Gefäß der Demut,
Macht die Seele leer,
Daß in sie regne das Übrige der Jahre!

Eh ihr die Geräte bereitet
Und die Namen verstreut in die Gezeiten,
Stellt auf das Faß des namenlosen Monds,
Daß in Frieden komme das Übermaß!


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