Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Bergwerksballade

Drei stehn      im Berg drunten,
Schweißschimmernd      die schwarze Haut,
Hacke in den Händen      und Hammer schwingend,
Keil einklopfend,      bis die Kohle stürzt.
Durch schwarzen Staubs      Schwaden sich mühend
Weiß leuchten      matte Lampen,
Weiß lechzten      den Augen ihr Licht.

Da in der Firste      dumpf hallts.
Aus Rissen, wie sie bricht,      Wolken entrieseln.
Donnernder Prall,      prasselts nieder.
In schwarzem Hagel      schwinden die drei.

Staub setzt sich,      sie sehn wieder.
Auskeucht die Kehle      hartes Gekörn.
Zwei heben      sich heil vom Grund.
Einem klemmt      die gestaute Kohle
Bis zur Hüfte das Bein      an den Holz-Stempel.
Festgeheftet      hockt er im Schmerz.

Zwei spähn      zwischen Trümmer:
Der Rückweg aufwärts      verschüttet – einzig
Zur Tiefstrecke      noch Weg im Streb.
Einer stöhnt,      an den Stempel gefesselt.
Über ihm knackt      und knistert die Firste.
Drohend neuen      Bruch dröhnts.

Zweien zur Flucht      zucken die Glieder.
Da trifft ihr Blick sich      und schwört: Bleiben!
Mit Schultern fahren      sie gegen die Firste,
Ans Rissige, Rieselnde      mit nackten Rücken.
Lebende Stempel,      stemmen sie sich ein.

Donnernder Prall,      prasselts herab.
In schwarzem Hagel      schwindet der Raum.
Unverrückt      ragen die beiden.
Fest im Finster      über dem Gefangnen,
Daß kein Brocken ihn schlage,      halten sie den Bruch.

Wolke verweht.      Sie sehn wieder.
Auskeucht die Kehle      hartes Gekörn.
Verlegt vom Schwarzen      ist der letzte Fluchtweg.
Dicht umbaut      hat die drei der Berg.

Zwei stehn,      selten stöhnend.
Lastender immer      legt sich auf die Rücken
Mit schneidenden Kanten      das Dach von Kohle.
Es kracht und bricht,      ausbersten Brocken.
Es wölkt und rieselt      und rauscht von Staub.
Dichter immer      umengt sie der Berg.
Schwer bis zu den Hüften      umhäuft sie das Geröll.
Unverrückt      ragen die Träger.
Stunden stehn sie.      Stickiger immer,
Schmerzender zum Hauch      wird die Luft im Hohl.
Durch hartes Gekörn      röhrt die Kehle.
Selten stöhnend      halten sie stand.

Der Gepreßte fühlt      sein Bein wie aus Feuer.
Stöhnen zwingt er –      er sieht die starren
Antlitze der Retter      über sich gebeugt.
Stummer Trost      sinkt aus ihrem Tragen.
Schwaches Lächeln      schickt er zu ihnen auf.
Geborgen ruht er      in lebendiger Zimmrung.
Standhalten die drei      im Stundenschleichen.

Schmerz wird stumpf,      Verschmachten quallos.
Steinern wie die Wände,      drin sie einwachsen,
Verdämmern die drei,      stierend in Dunst.
Da durch die Verzehrten      fährt ein Zucken,
Den Blinden wie ein Blitz      weckt es Blicke:
Unten rührt sichs und      rollt und poltert,
Im Streb kollern      Kohlen ab.
Hacken klingen      und Hämmer aus dem Schwarzen.
Einstemmen Erstickende      letzte Stärke,
Und letzte Stunde      halten sie stand.

Stimmen tönen      nah aus der Tiefe.
Weißer Schimmer      bricht aus der Schwärze.
Die Wand weicht,      Eingang wird.
Ein Mensch aus dem Loche      müht sich und steht.
Staunend sehn      die Versteinerten ihn
Rasche Glieder      frei regen.
Ihre Munde röcheln      grüßenden Ruf.

Licht nach Licht      strahlt im Loch auf.
Neuer Hauch      weht in das Hohl.
Stempel und Bohlen      vorstoßend
Durch enge Öffnung      einzeln zwängt sichs,
Und schon fügt sich      helfende Schar:
Die freischaufelnd      den Angeschlagnen,
Die richtend      sichres Gerüst,
Ablösend      die Lastmüden,
Holz stemmend      an Leibes Statt.

Dreien schmelzen      die schmerzenden Glieder
Leis aus langer      Erstarrung los.
Drei wie im Traum      fühlen sich getragen.
Drei fahren      befreit empor.

Aus dunklen Dienstes      dumpfen Schächten,
Ihr Leidstarken,      steigt auf ins Lied!
Ragend tragt ihr      auf treuen Schultern
Der Menschenwelt      geborstene Wölbung.
Haltet, Helden,      mit Herzmächten
Stürzende Firste      über uns fest!


 << zurück weiter >>