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Sechsunddreißigstes Kapitel

Die Vermählung des jungen Barons und der Esther geht wirklich hier vor sich, wie im Kupfer artig zu sehen ist

Gleichwie der Seefahrer den Tag hoch feiert,
Wenn sein Schiff nun in den Hafen steuert,
Nachdem er auf der langen nassen Bahn
Erfahren manchen Sturm und Orkan;

Und wie der Wanderer, wenn's regnet oder schneiet
Oder die Sonne brennet, sich hoch erfreuet,
Wenn er abends, hungrig und müd',
Das lockende Schild des Wirtshauses sieht;

Und wie nach dreijährigem Wachen und Fleiße
Und vielem nicht fruchtlos vergossenem Schweiße
Ein auf der hohen Schul' gewesner Student
Sich freuet über seines Studiums End';

.

Und wie der tätige Kaufmann sich baß entzücket,
Wenn er beim Schlusse eines Jahres erblicket,
Daß er nach richtigem Kalkül und Stat
Abermal ein Kapital in salvo hat;

So pflegen auch Verlobte nach langem Schmachten
Ihren Hochzeitstag freudig zu betrachten,
Und der wird nach viel überwundner Hindernis
Nun erst desto mehr schmackhaft und süß.

Grade so beschaffen, wie ich sage, war es
Mit den Gefühlen unsers lieben Brautpaares,
Als jetzt des Priesters segnende Hand
Sie auf ewig zusammenverband.

Von allen merkwürdigen Hochzeitsszenen
Dieses Tages will ich nur einer erwähnen;
Man sagt, des Herrn Jobs alter Philemon
Seie gewesen der Erfinder davon.

Nämlich, die Schönhainer hatten seit ein paar Wochen
Sich zu einem glänzenden Aufzuge abgesprochen,
Und dieser ging dann auch feierlich
Am besagten Hochzeitstage vor sich.

Drei Tage vor der Hochzeit kündete die Trommel
Im Dorfe durch ihr schnarrendes Gerommel
Allen Einwohnern, alt und jung,
Die Losung an zur Vergaderung.

Längst war sie vergessen im Hintergehäuse,
War eine ruhige Wohnung der Ratten und Mäuse,
Denn im Dorf herrschte seit undenklicher Zeit
Stolze Ruhe und Friedlichkeit.

Jedoch bei ihrem ungewöhnlichen Alarme
Ward alles reg gleich einem Bienenschwarme,
Und mit allerlei Unter- und Obergewehr
Zog man zum gewählten Waffenplatz her.

Jedem Komparenten ward da unverweilet
Seine Charge nach Verdienst und Fähigkeit erteilet,
Und der alte Philemon übernahm die Müh'
Und übte im Marschieren und Feuern sie.

Er verstund gar herrlich das Manövrieren,
Hatte die Schlacht bei Roßbach helfen verlieren,
Denn er war ein ganzes Jahr lang damal
Beim Kreiskontingente Korporal.

Man sah frühmorgens in zwei Kompanien
Die Schönhainer Mannschaft in Parade ziehen
Mit Trommel und Pfeife und wehender Fahn',
Und den alten Philemon als Oberster voran.

Zwei auf dem Schloßplatz aufgepflanzte kleine Kanonen,
Geladen mit ein halb Lot schweren Patronen,
Gingen zur Losung fürchterlich los,
Daß schier erbebt hätten die Fenster am Schloß.

Die sämtliche Mannschaft gab eine Salve,
Es war aber eigentlich doch nur eine halbe;
Denn manches Gewehr versagte den Schuß
Und ging aufs Kommando: »Gebt Feuer!« nicht lus.

Doch gab's beim Aufmarschieren und Kriegsgewimmel
Ein allgewaltiges Lärmen und Getümmel;
Man schrie Vivat, als wäre man toll,
Und jeder Jagdhund des Schlosses boll.

Es schien, als ob sich alle Elementen
Bewegten und in einem Krieg befänden
Und als ob in dem Dorfe Schönhain
Wirklich der Jüngste Tag bräch' ein.

Nach dreimal wiederholten Vivat und Chargieren
Ließ man's ganze Heer auf 'm Schloßplatz kampieren,
Und vom Obersten bis zum Musketier
Bekam jeder zu essen und Branntwein und Bier.

Als endlich die Nacht hatte angefangen,
Ist jeder seines Weges nach Hause gegangen;
Auch das Brautpaar entschliche schon früh,
Ich weiß nicht, wohin? warum? und wie?

Dieses Wohin, Warum, Wie und Weswegen
Zu wissen, dran ist uns nichts gelegen;
Genug, Esther war von diesem Abend an genau
Eine leibhaftige gnädige Frau.


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