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Wohlstand in Ohnewitz
Gleichwie während Hieronimi Nachtwächterstande
In Schildburg sich alles ruhig und wohl befande,
Und, soviel ich sicher weiß, allda
Weder Einbruch noch Räuberei geschah;
So und dermaßen als nun geistlicher Hüter
Stimmte er die Ohnwitzer Seelen und Gemüter,
Obgleich unter manchem Seufzer und Schweiß,
Zur Rechtschaffenheit, Ordnung und Fleiß.
Sie hatten zwar, wie wir schon wissen, harte Häute
Und wurden doch in kurzer Zeit die besten Leute,
Und jeder wunderte sich schier sehr, zu sehn
Der Ohnewitzer vernünftigs Begehn.
Sie heirateten und urbarten wüste Räume,
Zeugten fleißig Kinder und pflanzten Bäume,
Gingen oft in die Kirch' und aufs Feld,
Hatten Verstand und Courage und Geld,
Arbeiteten auch sonst wacker im Berufe,
Baueten manche neue Scheune und Hufe,
Und im ganzen Ohnwitzer Dorfe blieb
Kein einziger müßiger Bettler noch Dieb.
Sie zahlten die Martinspächte ohne Fehle,
Taten auf Zinse manche neue Kaptäle,
Und so stieg in kurzem im schönsten Flor
Das kleine Dorf ansehnlich empor.
Zwar wuchsen auch mittlerweil' Luxus und Moden
Auf dem bisher altfränkisch ländlichen Boden,
Und statt gesundem Bier und Milchbrei
Trank man Kaffee und Zucker dabei.
Die reichsten Männer spazierten in Pantoffeln,
Aßen Braten und Blumenkohl statt Speck und Kartoffeln
Und trunken statt Kofent alten Pontak
Und rauchten vom allerbesten Tabak.
Auch die jetzigen Ohnwitzerinnen,
Statt Käse zu machen und Flachs zu spinnen,
Lasen Romanen und strickten Filet,
Hielten Visiten und trugen sich nett.
Sogar die stolzierenden Dorfmädchen
Zierten sich wie Jungfern in kleinen Städtchen,
Trugen Kattun mit Zitz statt Leinwand
Und aufgesteckte Mützen mit fein Band.
Die jungen Kerls verließen oft Pflug und Flegel,
Gingen des Nachmittags und schoben Kegel
Und trunken in der Schenke firnen Wein
Und luden zum Tanzen die Dirnen ein.
Doch ward darin eben nichts übertrieben,
Sondern alles ist in Fuhrmannswegen geblieben,
Denn Herr Pfarrer Jobs hielte Tag und Nacht
Überall getreu seine geistliche Wacht
Und steuerte überhaupt an seinem Teile
Aller bösen Neuerung und jedem Unheile;
Er hielt also wenigstens
in essentialibus
Alles auf dem alten deutschen Fuß.
Auch der gnädige Herre auf dem Schlosse
Geruhten zu haben eine sehr große
Freude und Wohlbehagen dran,
Wenn Hochdieselben diesen Wohlstand sahn.
Sie entschlossen sich von nun an, zu verschonen
Die Bauern mit den bisher beschwerlichen Fronen
Und haben auch die uralte Leibeigenschaft
Bei denselben allergnädigst abgeschafft.
Das mehrte nun natürlich der Untertanen Liebe
Und minderte die Zahl der Bettler und Diebe,
Denn jeder konnte gemächlicher nun
Für sich selbst arbeiten und gehörig ausruhn.
Zuweilen gab der Herr ländliche Feste,
Und da waren die Bauern sämtlich seine Gäste,
Und immer ginge lustig die Gei-
ge und der ernste Brummbaß dabei.
Die gnädige Frau hielt es nicht zu geringe,
Mit dem Dorfschulzen zu machen einige Sprünge,
Und der gnädige Herr öffnete jedesmal
Mit der artigsten Bäurin den Ball.
Besonders gern tanzte der junge Herre
Mit den hübschesten Mädchen ins Kreuz und die Quere
Manches Menuett und englisches Stück,
Nach allen Regeln der Tanztik.
Kam er mit Mamsell Esther an den Reihen,
So tat sich sein Herz vorzüglich erfreuen,
Und es geschah alsdann
hinc inde da
Mancher Ausglitscher und
faux pas.
Da es nun zuging in allen Ehren,
So mochte Herr Pfarrer Jobs es auch nicht wehren,
Ja vielmehr billigte er ganz
Einen unschuldigen ländlichen Tanz.
Hätt' auch wohl selbst eins mögen mitmachen,
Aber er enthielt sich gerne, um den Schwachen
Nicht zu geben ein Ärgernus;
Welch's man denn auch von ihm rühmen muß.
Auch ich meinerseits kann keine Sünden
In dergleichen Leibesübungen finden,
Wenn nur das Exerzitium der Tanzkunst
Geschieht ohne Anstrengung und Brunst.
Wir werden übrigens in der Folge sehen,
Was für gute Früchte daraus entstehen,
Wenn regierender Herr und Untertan
Sich sein freundlich zusammen begahn.