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Fünfunddreißigstes Kapitel

Wie Hieronimus nach seiner Heimat gen Schildburg gereiset ist, und wie er da allerlei Veränderungen fand

Es befande sich nun auf diese Weise
Hieronimus abermals auf der Reise,
Doch war er gereist kein einziges Mal
So mißvergnügt als im gegenwärtigen Fall.

Amaliens nie vermutete Untreue
Ware seinen Gedanken stündlich neue,
Und er hätte aus Verzweifelung
Fast gewagt einen gefährlichen Sprung.

Zwar wäre in seinem betrübten Zustande
Für ihn beim Herrn Patron im Bayerlande
Die beste Zuflucht gewesen wohl,
Wenn ich mein Gutachten sagen soll.

Aber einer, der mit Betrübnis besessen,
Pflegt oftermal sich zu vergessen
Und ist gemeinlich zu solcher Zeit
Mehrmals ein Tor und nicht gescheit.

Also statt sich andershin zu wenden
In seinen gegenwärtigen Umständen,
Stellte Hieronimus seinen Sinn
Nach seinem Geburtsorte Schildburg hin.

Weil ihm nun eben keine Hindernissen
Auf der Heimreise sonderlich aufstießen,
So ist er, dem Himmel sei gedankt!
Wohlbehalten endlich da angelangt.

Hier hat er bei seiner Ankunft gesehen,
Daß große Veränderungen waren geschehen
In manchen Sachen während der Zeit
Seiner so langen Abwesenheit.

Seine Mutter war zwar noch am Leben,
Aber ihre äußerlichen Umstände standen eben
Nicht allzu wohl, sondern jämmerlich,
Und sie ernährte sich kümmerlich.

Einer seiner Brüder war gegangen
Den Weg alles Fleisches, einer hat angefangen
Einen kleinen Nürnberger Kram,
Wovon er seinen Unterhalt nahm.

Der älteste Bruder lebte im Ehestande
Mit dem häßlichsten Weibe im ganzen Lande,
Doch machte das Geld, welches sie besaß,
Daß er ihre Häßlichkeit vergaß.

Seine älteste Schwester hatte
Den Küster Loci zum Ehegatte,
Und dieselbige lebte ziem-
lich vergnügt und wohl mit ihm.

Die Schwester Gertrud hatte ein Kind vom Prokrater
Geier, welcher, als er worden war Vater,
Sich davon hatte gemacht geschwind
Und die Braut verlassen samt dem Kind.

Sie suchte sich so gut als möglich zu ernähren,
Hatte vielen Umgang und Verkehren
Mit jungen Leuten von reichem Stand,
Bei welchen sie ihren Unterhalt fand.

Eine andere Schwester war bei einem alten
Witwer, ihn zu wärmen und hauszuhalten;
Und auch diese lebte mit ihm insoweit
In Friede und guter Einigkeit.

Und seine allerjüngste Schwester,
Ein blühendes Mädchen, genannt Esther,
War noch bisher der Mutter Trost
Und bekame von ihr die Kost.

Ob nun gleich des Hieronimi Ankunft zware
Mutter und Geschwistern angenehm ware,
Weil es sehr lange hatte gewährt,
Eh sie von ihm gesehn oder gehört,

So wollte es sich doch für ihn nicht fügen,
Als ein Faulenzer müßig dazuliegen,
Man ware also darauf bedacht,
Daß er irgend würde untergebracht.


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