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Zweiunddreißigstes Kapitel

Fortsetzung des funfzehnten Kapitels, und wie Umstände die Sachen verändern, und wie die Liebe des jungen Barons und seiner Stehre einen guten Fortgang zu gewinnen scheinet

.

Wir wollen jetzt einmal wieder zurückkehren
Zum jungen Herrn von Ohnwitz und seiner Stehren,
Damit der geneigte Leser seh',
Ob die Liebe noch beim alten besteh'.

Seit Stehrens Rudelsburger Aufenthalte
Entstund in dem Romane zwar etwas Halte,
Weil auf jeden Brief, den der Baron schrieb,
Von Ohnewitz die Antwort ausblieb.

Er kam also auf den fatalen Gedanken,
Stehrens Liebe möchte vielleicht etwas wanken,
Oder, welches gar noch schlimmer sei,
Sie möchte ihm völlig sein ungetreu.

Nachdem er nun seine Reise hatte geendet
Und sich nach Rudelsburg aus Not gewendet,
Welch Glück, als er unvermutet da
Seine geliebte Stehre hier wiedersah!

Ware gleich ihre Liebe einige Zeit gehindert,
So war sie doch um kein Quentchen schwer gemindert,
Und so fing der abgebrochne Roman
Zu Schönhain wieder de novo an.

Manches Spiel mit zärtlich gegnenden Blicken,
Heimliches Seufzen, verstohlnes Händedrücken,
Einsames Spazieren, abendlicher Konvent
Bei den Linden und Amaliens Monument,

Wandeln Hand in Hand durch blumigte Tale,
Sich erquicken am keuschen silbern' Mondstrahle,
Girren und Tändeln und verliebte Sprach'
Hatte alles seinen Fortgang vor wie nach.

Der alte Herr hat dies nun zwar gesehen,
Ließ es aber diesmal tacite geschehen;
Auch die vernünftige gnädige Frau
Nahm dies Ding nicht mehr so genau.

Denn Umstände pflegen in menschlichen Sachen
Mancherlei wichtige Veränderungen zu machen,
Und nach dem latein'schen Sprichwort heißt es:
Circumstantiae variant res.

Auch Herr Jobs hat dazu stillgeschwiegen,
Mochte die Liebenden nicht kränken oder rügen
Und dachte vielleicht in seinem Herzen dabei,
Daß es alles so der Wille des Himmels sei.

Als der junge Herr noch einmal bei den Alten
Um die Einwilligung in seine Liebe angehalten,
Nahm man ihm solches so übel nicht mehr,
Als man es hatte genommen vorher.

Es entstanden doch noch zuweilen abseiten
Der gnädigen Eltern einige Schwierigkeiten;
Denn ein bürgerliches Mädchen zu traun,
War ihrem Magen noch schwer zu verdaun.

Herr Jobs ward dieses mehrmalen inne,
Und nun kam ihm von ohngefähr im Sinne,
Daß er von seinem Vater es mehrmals vernahm,
Die Jöbse wären vom altadligen Stamm;

Auch daß die Vorfahren mütterlicher Seite
Wären gewesen gar ansehnliche Leute
Und davon ein schriftliches Dokument
In Schildburg bei seinem Bruder sich fänd'.

Er hat darum sofort an ihn geschrieben,
Auf Übersendung der gedachten Schrift getrieben,
Und der sandte dann auch des Dokuments
Original ihm nach Schönhain eilends.

Es enthielt die Jobsschen Familiennachrichten
Und manche drin vorgekommene Geschichten;
Ich liefere davon kürzlich und exakt
Im folgenden Kapitel einen Extrakt.


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