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Hier werden die seltenen Verdienste eines Herren Dorfpfarrers beschrieben
Es war ein Pläsier, sonntags anzuhören
Seine vortrefflichen Predigten und Lehren;
Auch seine übrigen Amtsgeschäfte all'
Hatten höchstwohlverdienten Beifall.
Auch in allen übrigen Stücken wußt' er
Zu geben allen seinen Amtsbrüdern ein Muster
Der Tugend und der Rechtschaffenheit,
Der Weisheit und der Gelehrsamkeit.
Er suchte auch in andern Nebensachen
Sich seiner Gemeinde hochnützlich zu machen
Und war als allgemeiner Geheimerat
Ihnen ersprießlich mit Rat und Tat.
Waren etwa irgend Streitigkeiten,
So suchte er gleich Frieden zu verbreiten,
Schlichtete Prozesse bald, und so entriß
Er den Advokaten manchen fetten Biß.
Auch in manchen ökonomischen Affären
Suchte er sie zu leiten und zu belehren,
Und wer seinen Vorschlägen Gehör gab,
Mit dem lief es immer erwünscht ab.
Die Kranken suchte er bestmöglichst allenthalben
Abzuhalten von Pfuschern und Quacksalben,
Gab oft selbst Hilfe durch Diät an
Oder wiese sie zu 'nem studierten Mann.
Noch in mehr andern Sachen und Dingen
Wußte er ihnen aufgeklärte Begriffe beizubringen,
Über Kalendersachen, Jahrswechsel, Witterung,
Und was man lase in der Zeitung.
Vom Aberglauben und Alfanzereien
Suchte er die Ohnwitzer besonders zu befreien,
Und es währte daselbst keine volle zwei Jahr,
Daß weder Hexe noch Gespenst mehr da war.
Saßen sie zur Erholung in der Schenke beim Biere,
So verschaffte er ihnen daselbst nützliche Lektüre,
Führte
Faustens Katechismus ein
Und
Beckers Not- und Hilfsbüchlein.
Auch Kortums Gesundheitsbüchlein für Bergleute
Teilte er aus in der Nähe und in der Weite;
Weil in Ohnwitz und benachbartem Land
Sich manches gefährliche Bergwerk befand.
Aber nicht nur um Alte, sondern auch nicht minder
Um die ehmals verwahrlosete Jugend und Kinder
Gab er sich unbeschreibliche Müh'
Und bildete zur Tugend und Weisheit sie.
Unterdessen in einem einzigen Stücke
Hatte er bei der Gemeine anfangs kein Glücke;
Ich meine das neue Gesangbuch,
Welches er einzuführen vorschlug.
Länger als andre Gemeinden hatten beim alten
Gesangbuche die Ohnwitzer festgehalten;
Denn sie sagten öffentlich, 's sei
Das neue Gesangbuch voll Ketzerei;
Ihren Eltern und Großeltern wär' es gelungen,
Daß sie sich selig aus 'm alten Gesangbuch gesungen,
Und darum hielten sie auch beim Spruche sich:
Altes Gesangbuch, dir leb' ich, dir sterb' ich!
Diesen Starrsinn ihnen aus den Köpfen zu bringen
Und sie einmal vernünftig zu lehren singen,
War freilich Arbeit eines Herkules,
Es gelang dem Herrn Pfarrer Jobs indes.
Denn er zeigte ihnen sonnenklar und deutlich,
Aber doch geziemendlich und bescheidlich,
Daß in dem alten Gesangbuch weit mehr
Von Ketzerei anzutreffen wär'.
Ein gar frommer Arzt im benachbarten Lande,
Der sich etwas auf derlei Sachen verstande,
Half ihm darin getreulich und klug
Und schrieb darüber ein kleines Buch.
(Denn die eigentlichen geistlichen Amtsbrüder
In der Nähe kümmerten sich nicht um die Lieder,
Sondern ihnen war es vielmehr lieb,
Wenn's fein beim alten Gesange blieb;
Denn da brauchten sie nicht sich zu inkommodieren,
Das neue Gesangbuch durchzustudieren,
Und sie stießen so auch beim gemeinen Mann
Nicht wegen vermeinter Ketzerei an;
Weil man schon in einigen Gemeinden gesehen,
Daß dadurch viele Unruhen geschehen
Und man sich manches Geschenk entzog,
Was sonst für den Pfarrer in die Küche flog.)
Da hat sich endlich die Gemeinde geresolvieret
Und zu Ohnwitz das neue Gesangbuch eingeführet,
Und die ganze Sache nahm behend
Ein vergnügtes und vernünftiges End'.