Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebenzehntes Kapitel

Wie der junge Herr das Eisen schmieden will, weil es noch warm ist, und wie es ihm damit nicht nach Wunsch erging

Nach und nach verloren sich vom Balle
Gäste und Gästinnen, meist paarweise; alle
Stammelten ihren schuldigen Dank;
Die meisten waren berauschet und krank.

Frau Hochzeiterin und Herr Hochzeiter
Waren heute außerordentlich heiter;
Doch zweifle ich sehr, ob's ganz so war,
Wie heute vor fünfundzwanzig Jahr.

Diese Stimmung schien in puncto und von wegen
Seiner Liebe dem jungen Baron sehr gelegen;
Denn er dachte, nach dem Sprichwort sei's gut,
Das Eisen zu schmieden, wenn's ist in Glut.

Er schritt also, obgleich ängstlich und blöde,
Bei seinen Eltern zur nötigen Vorrede
Und bate sie außerordentlich sehr
Um ein geneigtes geheimes Gehör.

Man ist drauf ins Appartement gegangen,
Und da hat der junge Herr den Text angefangen,
Und machte ihnen den schrecklichen Brand
Seines Herzens zu Mamsell Esther bekannt.

Der alte Herr wurde höchst sehr frappieret,
Fast hätte ihn die Apoplexie gerühret,
Und die gnädige Frau von Ohnewitz
Fuhr zusammen, als träf' sie der Blitz.

Allgemach hat man sich ein wenig gesammelt,
Ihm etwas Zweideutiges als Trost zugestammelt;
Denn man merkte aus seiner Sprache wohl,
Die Sache sei zu ernsthaft und toll.

Er ist bald nach dem Schlafgemach geschieden;
Die Sache war zwar noch nicht nach Wunsch entschieden,
Aber sein Herz war doch ein Zentner und mehr
Leichter, als es gewesen vorher.

Aber seiner Eltern zärtlichen Herzen
Erregte diese neue Mär heftige Schmerzen;
Denn eine solche bürgerliche Heirat
War ihnen eine unverantwortliche Tat.

Ihr Sohn hatte sich seit seinen Kindestagen
Immer gehorsam und vernünftig betragen,
Nun aber wollte er was fangen an,
Was kein Herr von Ohnwitz noch je getan.

Versalzen ware nunmehro bei beiden
Die Suppe ihrer heutigen großen Freuden,
Und der froh angefangne Hochzeitstag
Nahm ein End' mit Schrecken und Ungemach.

Aber so geht's: Auf einen hellen und frohen Morgen
Folgt oft ein Abend nebligt und voll Sorgen,
Und wo ein Heil'genhaus ist, hat auf der Stell'
Nahe dabei der Schwarze eine Kapell'.

Was weiter hinter der Gardine passieret
Und wie man über die Sache deliberieret,
Nämlich wie solche anzugreifen sei,
Weiß ich nicht, denn ich war nicht dabei.


 << zurück weiter >>