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315. Hoffmann von Fallersleben an Ernst Resch in Breslau

Eichberg am Bober, 19. Februar 1844.

Lieber Resch!

Wohnung, Essen und Trinken ist viel, sehr viel, ja für die meisten Menschen alles, aber für mich nur sehr wenig. Der Freund hat etwas Edleres, Besseres dem Freunde zu geben, seine Liebe. Alle Gaben der Welt können diese nicht ersetzen. Nur über den Mangel dieser Liebe kann ich klagen, aber ich sollte es eigentlich nicht, denn ich wußte, daß ein Verhältnis, das meiner Seits über zwanzig Jahre lang die innigste Teilnahme und Anhänglichkeit bewahrte und bewies, anderer Seits längst zu einer bloßen Ruine geworden, dran nichts Lebendiges, als das Immergrün der Erinnerung. Ja, ich wußte es, ich hätte den ersten Eingebungen meines Herzens folgen und ganz für mich leben sollen. Ich tat es nicht und habe nun reichlich dafür gebüßt. Ist es nicht bejammernswert, daß mich der bloße Gedanke: »nicht mehr in Breslau zu sein« trösten und erquicken konnte! Ist es nicht schrecklich, daß ich heute vor Freude aufjauchzen kann, wenn ich ausrufe: »ich bin nicht mehr in Breslau!« Jean Paul hat von dem Immergrün unserer Gefühle geschrieben; ich weiß vom Verschießen menschlicher Gefühle zu schreiben. Was einst für mich grünte, ist jetzt verschossen, bleich und aschgrau geworden. Es ist, als ob ich alles, was ein Menschenleben Süßes und Bitteres, Böses und Gutes hat, selbst durchleben soll. Gut, ich werde es, und es wird mir auch hinfort der Mut nicht fehlen, den Kampf mit dem Widerwärtigen siegreich durchzukämpfen. Und gehen die Freunde meiner Jugend mir alle verloren, der Freunde des Vaterlandes und der Freiheit werden immer mehr, und sie sind meine Freunde. Sie werden mich verteidigen und schützen, wenn es etwas der Art bedarf, und mit mir lachen über den kläglichen Vorwurf, daß ich nur aus Eitelkeit und um der Genußsucht willen mein Amt aufs Spiel setzte.

Leb wohl!

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