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207. Alexander von Humboldt an Wilhelm Gabriel Wegener

Berlin den 8ten Mai 1788.

Lieber Bruder! Ich fange diesen Brief mit einer kleinen Schmeichelei für Dich an, die Du, so wenig Du auch sonst ein Freund davon bist, aus meinem Munde wohl wirst ertragen können. Denn wem soll das Loben erlaubt sein, wenn es nicht dem Freunde erlaubt ist? Also zur Sache! Daß der Mund am beredtesten ist, wenn das Herz empfindet, davon hat mich der Eingang Deines letzten Briefes, den Du mit einer so edlen Wärme geschrieben hattest, auf eine eben so lebhafte als angenehme Weise überzeugt. Wahr und vorzüglich schön ist Deine Bemerkung über die Weißheit des Schöpfers, der uns im physischen und moralischen mehr vor, als um und neben uns sehen läßt. Ich theilte dieselbe vor wenigen Tagen einer Freundinn mit, deren Urtheil für mich eine große Gültigkeit hat; die Edle sagte daß sie den Mann wünsche kennen zu lernen, »der so wahr und schön empfände«. Da nannte ich ihr Deinen Namen und erzählte von Dir, was mir die Liebe in den Mund legte. Es ist ein süßes Gefühl, seine Freunde loben zu können und gegen eine Seele, die für die Freundschaft empfänglich ist. Ich will Dir auch die Frau nennen, welche aus Deinen Worten so richtig in Deinem Herzen las. Es ist die schönste und auch die klügste, nein! ich muß sagen, die weiseste unter den Frauen, Henriette Herz. Sollte dieser kleine Zug Dich nicht freuen und sollte ich ihn verschweigen, aus Furcht, Du möchtest mich für einen Schmeichler halten? Honny soit qui mal y pense!

Doch lieber Bruder! ich fühle daß ich heute Abend zu warm bin und in solcher Gemüthsverfassung muß man nicht schreiben. Was im Affekt gesagt wird, läßt sich nur im Affekt angenehm hören. Und in diesen kann ich Dich mit der ersten Zeile meines Briefes doch unmöglich versezen. Morgen, wenn ich nicht gestöhrt werde, ein mehreres und von Dingen, die Dir vielleicht nicht gleichgültig sind.

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