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Weimar, den 26. April (1784).
Da mein Mann als Bräutigam zu mir kam,
um mich heimzuholen.
Herzensfreund und Bruder, darf ich auf Ihre brüderliche Anfrage: Wollen wir? mit Herz und Mund antworten, ja! Bester, thun Sie, was ein Bruder für den andern thun kann – und wann es die Vorsehung beschlossen hat, so gebe Sie Ihren Worten Kraft und Nachdruck, die Herzen zu lenken wie Wasserbäche! Mit schüchterner Freude stelle ich mir im Geist die glückliche Lage in Klosterbergen vor, wo wir unsere Kinder im Schooß der Natur still und rein auferziehen können, und in Ihrer Nähe, treuer Mann, wie wohl würde es uns da sein! Nur wie Eine Familie würden wir uns ansehen und lieben und uns nie verlassen – und wir würden Städte und Welt vergessen und nur in Erfüllung der süßen Pflichten und Bestimmungen glücklich sein – und ich würde zehn Jahre länger leben und Ihren fünfundachzigsten Geburtstag noch mitfeiern. Auch verspreche ich Ihnen, mich sittsam und gebührlich als Frau Aebtin aufzuführen, nichts Ungeschicktes zu begehen, auch die Ministers in goldene Zimmer und Betten zu legen, und demüthig zu sein in meinem grünen Zimmer, das ich nur für Sie, liebster treuer Freund, mit Rosen und Lilien und Veilchen und Vergißmeinnicht ausschmücken werde! Doch es sei alles unserer treuen Mutter der Vorsehung überlassen, und mögen Sie das selige Werkzeug unseres Glückes allein sein!
So viel wir wissen, ist Leuchsenring noch unser Freund, ist es vor zehn Jahren sehr gewesen; nur wir sind bisher in keinem Verhältniß mit ihm gewesen. So viel ist aber gewiß, er wird eher für meinen Mann als gegen ihn sein. Leben Sie tausendmal wohl! Thue bald, was Du zu thun hast! Tausendmal umarmen wir die treue Schwester. Wie gerne wollte ich noch viel schreiben, aber mein Herz ist zu beklommen.
Gott mit Ihnen!
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