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245. Müller an Gentz

Die charakteristische Größe und Einzigkeit unseres Verhältnisses, wie Sie es nannten, scheint mir auch in der gegenwärtigen Krise fest zu bestehen. Ich habe mich seit gestern Abend, die ganze schlaflose Nacht hindurch und bis auf den Augenblick allein mit Ihnen beschäftigt; die große und freie Manier Ihres Lebens und die beständige Verjüngung, die immer steigende Regsamkeit Ihres Herzens ist mir gewiß bis in den kleinsten Zügen nirgends entgangen; Sie haben Ursach auf die große Deutlichkeit Ihrer Natur stolz zu sein, weil mir bei meinem gewiß ungewöhnlichen Eifer für meine Angelegenheit auch nicht das kleinste Vorurtheil, nicht der leichteste Groll gegen Sie möglich ist. Und dann wissen Sie meinen Glauben, daß es Ihnen unmöglich ist, sich von mir abzuwenden, so durch kleine Aufmerksamkeiten, wie die heutige, zu bestätigen, daß es mir eine wehmütige Empfindung erregt, wenn ich an die kleine, spröde Entfernung denke, in der wir jetzt leben. Dazu muß dann noch durch gewisse Worte, die Sie Ludwig XVIII. geschrieben haben, gerade heut die ganze Fülle meiner Dankbarkeit gegen Sie sich zeigen, indem ich fühle, daß Sie zuerst mich die Empfindung gelehrt haben, die mir heut Sigmunds Erzählung von jenem Briefe giebt. Sie sind mir so nahe, mein liebster Gentz, wenn ich Ihnen nur nicht so entfernt wäre! Aber es ist eine schlimme Sache um das Verstehen der Menschen unter einander.

A. H. Müller.

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