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Die Ähnlichkeit moderner Tendenzen mit alten religiösen Impulsen ist höchst merkwürdig; deshalb weise ich besonders darauf hin. Doch ist es durchaus nicht nötig, daß ich mich der religiösen Phraseologie bediene, um meine persönliche Auffassung vom Drama des Daseins zum Ausdruck zu bringen. Daß irgend jemand vor mir dieselben Gedanken in anderen Worten und von einem anderen Gesichtspunkte ausgehend gedacht hat, interessiert mich, wenn überhaupt, so doch nur in zweiter Linie. Ich möchte in dieser Frage weder religiös noch mystisch sein, und es besteht auch keinerlei Notwendigkeit dazu. Die Naturwissenschaft ist mir paradox genug, und wenn es sich um das gewöhnliche Leben handelt, ziehe ich eine nüchterne Betrachtungsweise vor. Um meine Ansicht über die Wirklichkeit des Alltags darzulegen, wähle ich weit lieber neue, ungebräuchliche Wendungen, wie etwa ›das Abenteuer des Lebens‹ oder, was in den meisten Fällen dasselbe bedeutet, ›das Abenteuer der Menschheit‹ als veraltete religiöse Ausdrücke. Zwar mögen diese zum Gefühle sprechen und Ehrfurcht erwecken, doch werden sie allzu leicht mißverstanden.

›Abenteuer‹ – das liegt meiner Wesensart weit besser als irgend ein Gebot, in dieser und jener bestimmten Weise zu leben; und überdies bringt das Wort etwas zum Ausdruck, was die theologische Terminologie uns nicht vermittelt, die Möglichkeit nämlich, daß der unbegrenzte Wunsch des Menschen nach Wissen und Macht am Ende von der Natur der Dinge doch nicht gutgeheißen werden wird. Vielleicht wird der Mensch schließlich doch zugrunde gehen; vielleicht wird Frost ihn töten, vielleicht wird er bei einem Zusammenstoß von Gestirnen zerschmettert werden. Doch diese Unsicherheit seiner Existenz zugegeben, scheint mir das Abenteuer immer noch groß und wunderbar genug, um meine Einbildungskraft völlig gefangen zu nehmen.

Diese Weltanschauung unterscheidet sich durch die Freiwilligkeit, die in ihr liegt, von jedweder religiösen Auffassung des Daseins. Da wird uns nicht dogmatisch gesagt, daß wir so und so seien und das und jenes tun müßten; es wird uns nur etwas nahegelegt – laßt uns so und so sein und das und jenes tun. Laßt uns Wissen und Macht sammeln, laßt uns in Verbindung miteinander treten und zusammen arbeiten, laßt uns Hand anlegen an das Leben und das Schicksal. Laßt uns es zumindest versuchen.

Sich bewußt dem Abenteuer des Lebens hinzugeben, hat jedenfalls eines für sich: es bedeutet, mit dem Strome der Zeit schwimmen. Was immer wir über ›universellen Fortschritt‹ denken mögen, darüber, daß die gegenwärtige Phase des Daseins, nach menschlichen Maßen, fortschrittlich ist, kann kaum ein Zweifel bestehen. Wir werden vorwärts gerissen, ob wir es wollen oder nicht. Und da wir nun einmal gezwungen sind, im Heere der Titanen gegen den alten Jupiter des Zufalls und der Materie mitzukämpfen, da wir an der Mehrung des Wissens und seiner schöpferischen Anwendung zum Nutzen der Menschheit nolens volens mitwirken müssen, tun wir wohl besser, wenn wir unser Leben freudig einsetzen und bewußt an den Geschehnissen Anteil nehmen. Wir werden dann glücklicher sein. Man wird nämlich glücklicher, wenn man sich jenseits der tragischen Unsicherheit eines rein egoistischen Lebens seine Ziele steckt. Unser Wesen wird sich weiten und festigen durch solche Anteilnahme; die schlimmsten Qualen persönlicher Begierde und Leidenschaft, die bittere Furcht vor der Vergänglichkeit und deren noch bitterere Erkenntnis, die alle auf sich selbst gestellten Gemüter verfolgen, werden von uns weichen.


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