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«Der fliegende Holländer»

Ermüdend, aber zugleich auch erhebend ist diese Oper. Man muß den Genuß verdienen, dafür ist derselbe nachhaltig. Die wilde Leidenschaft der Ouvertüre und des ganzen ersten Aktes erscheint uns als ein Muster der aufgeregten Energie; nur «Fidelio» bietet etwas Ähnliches. Beim «Fliegenden Holländer» kommt aber der günstige Umstand hinzu, daß diese Orchesterstürme motiviert, ja doppelt motiviert sind, einmal nämlich durch den Gewittersturm auf der Szene und dann durch das dämonische Wesen des Kapitäns. Ich wüßte der infernalen Glut in den Gesängen des Holländers nichts an die Seite zu stellen, was den Willen und die Nachhaltigkeit der Kraft betrifft, und in Beziehung auf Instrumentation sind da wahre Offenbarungen enthalten. Der zweite Akt zeigt Wagner unter der Maske Meyerbeers; in dem Duett zwischen Senta und dem Holländer kommen schauderhafte Gemeinplätze vor und Effektmittel, deren sich jeder Italiener schämen würde. Hätte Wagner die Melodien gefunden, die er im «Fliegenden Holländer» noch suchte, so würde er im Finale des zweiten Aktes Verdi erreicht haben. Recht belehrend ist auch der Umstand, daß, wenn Wagner im «Fliegenden Holländer» ein Arienmotiv hat, er dasselbe unbarmherzig wiederholen läßt, nicht anders, besser gesagt anders, nämlich öfters, als ein Italiener. Das gibt uns einen Wink, wie die Theorie von den ‹Leitmotiven› entstanden ist; dieselbe ist die Apologie der Wiederholung, welche ihrerseits durch Erfindungsarmut bedingt wird. Im Libretto erblicken wir ungeahnte, durch ihre Einfachheit staunenerregende Effektmittel. Der «Fliegende Holländer» könnte nach meiner Meinung für sich allein genügen, um die dramaturgische Behauptung, als ob das Übersinnliche in unserer Zeit nicht mehr bühnenwirksam sei, umzustoßen. Ich kenne keine Szene von größerer Wirksamkeit als den Eintritt des fliegenden Holländers mit dem Schrei der Senta und die darauffolgende Stille, da die beiden einander wie versteinert minutenlang anblicken.


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